König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
das Gefühl des Regens auf ihrer Haut, als sie zurück nach Stratton Hall gelaufen war. Dort hatte sie zunächst Eleanors Zimmer besucht und sich eine Hose und ein T-Shirt besorgt. Bis dahin war sie nackt gewesen. Dann war sie in Raphaels Zimmer gegangen, um auf die beiden zu warten. Ohne ihre guten Kenntnisse über das Gebäude wäre es ihr nie gelungen, unbemerkt bis hierher zu gelangen und es war ein Glücksfall gewesen, dass die Hausordnung von Stratton Hall den Patienten das Abschließen ihrer Zimmer aus Sicherheitsgründen untersagte. Andernfalls hätte sie vor verschlossenen Türen gestanden.
„Wie fühlst du dich mit deinem neuen Körper?“, fragte Raphael etwas versöhnlicher.
Elizabeth zögerte. Noch wagte sie nicht wieder zu ihm aufzublicken. „Er ist etwas anders“, antwortete sie schließlich leise. „Ich habe es bemerkt, als ich nach Hause lief. Er leuchtet… ebenso wie ihr Engel… und ich fühle mich ungewöhnlich stark.“
Raphael nickte. Dann jedoch legte er den Kopf schief und sah sie einen Augenblick lang aufmerksam an.
„Konzentriere dich auf mich und folge mir“, sagte er mit fester Stimme. Elizabeth blickte zu ihm auf und sah ihm unsicher in die Augen. Zunächst geschah nichts. Dann jedoch verblasste das Leuchten ihres Körpers. Es erlosch langsam und zurück blieb allein die gewöhnliche Gestalt eines jungen Mädchens. Raphael, der schon zuvor bei Betreten des Sanatoriums den Körper eines Menschen angenommen hatte, veränderte sich nicht.
Eleanor schluckte beim Anblick ihrer Freundin. Jetzt unterschied sie sich in nichts mehr von einem normalen Menschen, während sie weiterhin Raphael anstarrte, als befände sie sich in einer anderen Welt. Dann begann ihr Körper langsam zu verblassen. Es war, als würde er durchsichtig, als würde er aus der Realität ausgeblendet.
„Was geht hier vor?“, fragte Eleanor unruhig.
Unter Eleanors Stimme lief ein Ruck durch Elizabeths Körper. Ihr Blick kehrte erneut in die Wirklichkeit zurück und zugleich wurde ihr Körper wieder von diesem inneren Leuchten durchdrungen, bis es sie ganz und gar erfüllte. Er gewann an Volumen, wurde fest und undurchsichtig.
„Wo warst du gerade?“, fragte Eleanor und berührte ihre Freundin sanft an der Schulter. Doch es war Raphael, der an ihrer statt antwortete.
„Sie war mit mir in meinem Toten Palast.“
Eleanor hielt erschrocken die Luft an. „Wie kann das sein?“
„Bestimmte Fähigkeiten eines Lebewesens hängen von der Menge an göttlichem Feuer ab, die es in sich trägt“, begann Raphael. „Normale Menschen tragen nur einen winzigen Funken davon in ihrer Seele aber dieser Funke reicht nicht aus, um ihrem Körper besondere Befähigungen zu verleihen. Du und Michael habt eine größere Konzentration in euch. Sie ermöglicht es euch, Wesen der Geisterwelt, Engel und Tote, wahrzunehmen. Lilith hat so viel abbekommen, dass sie über sämtliche Möglichkeiten eines Engels verfügt. Sie kann zwischen der realen und der Geisterwelt beliebig hin- und herspringen. Sie kann fliegen, ihren Körper verändern und ist ungemein stark. Elizabeth liegt genau dazwischen. Sie ist nicht ungewöhnlich stark, sie kann nicht fliegen, aber sie kann die Geisterwelt nicht nur wahrnehmen, sondern auch betreten. Um das zu testen, habe ich sie eben aufgefordert, mir in meinen Toten Palast zu folgen. Es ist ihr gelungen, ohne dass ich sie anfassen musste. Ihr Wille allein hat gereicht.“
„Was war mit ihrem Körper los, während sie dort war?“
„Elizabeth hat keinen wirklichen Körper aus Fleisch und Blut mehr, so wie du. Ihr Körper besteht allein aus dem göttlichen Feuer. Aber anders als in meinem Fall hat sie nicht genug davon, um sich gleichzeitig an zwei Orten manifestieren zu können. Wenn sie in die Geisterwelt geht, so muss sie es komplett tun. Ich hingegen habe genug Kraft, um einen Teil von mir unbeseelt zurückzulassen.“
„Ich will nicht in die Welt der Toten zurück. Niemals wieder“, wimmerte Elizabeth. Der Schrecken um das, was eben geschehen war, war ihr deutlich anzumerken. „Ich habe lange genug in der Hölle verbracht.“
„In gewisser Weise bist du noch immer in der Hölle“, warf Raphael mit einem freudlosen Lachen ein. „Du magst einen Körper haben, aber es ist kein menschlicher Körper mehr. Das bedeutet, dass du in diesem Körper auch nicht sterben kannst. In diesem Punkt geht es dir wie mir. Der Weg zu Gott ist dir nach wie vor versperrt.“
Elizabeth blickte an sich herab und
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