König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
vertreiben können. Dann hättest du die Dorfbewohner nicht gegen dich gehabt.“
„Das stimmt“, erwiderte Jeshua nach einer kurzen Weile. „Aber es waren viele Dämonen in dir. Mindestens vierzig oder fünfzig. Indem ich ihnen die Schweineherde gab, konnten sie ihren Zorn über deinen Verlust an ihnen abreagieren. Hätte ich sie ohne einen Ersatz aus dir vertrieben, hätten sie ihre Wut an dir ausgelassen. Vermutlich hättest du das nicht überlebt.“
Joël blieb einen Augenblick stehen und nickte furchtsam. „Dann doch lieber die Schweine…“, stammelte er und sein Entsetzen war deutlich zu hören.
Ein kurzes Rauschen wie von schweren Flügelschlägen erfüllte kurz die Luft, dann trat wieder Stille ein. Joël schrie auf und rannte hinter Jeshua her.
„Da sind sie wieder“, wimmerte er. „So hat es das letzte Mal auch geklungen, bevor sie über mich herfielen. Lass uns jetzt gehen, Herr. Lass uns jetzt gehen!“
„Hab keine Furcht“, lächelte Jeshua. „Der, den du gehört hast, wird dir nichts tun.“
„Woher weißt du das?“ Joëls Stimme war zu einem angsterfüllten Winseln herabgesunken. „Ich will nicht wieder zurück in diese Finsternis. Ich will nicht zurück… nie mehr…“
„Hab Vertrauen.“
Der schmale Pfad machte an dieser Stelle an einem niedrigen Hügel vorbei eine Kurve, der sie nun folgten. Dahinter tauchten die Silhouetten verfallener Säulen und Mauerresten im Mondlicht auf.
„Hier. Hier ist es gewesen…“, greinte Joël.
Wieder erfüllte ein Rauschen die Luft und Joël schrie vor Angst laut auf. Seine Beine gaben nach und er fiel in den Staub wie eine Marionette, der man die Fäden durchtrennt hatte. Zugleich löste sich ein riesiger, schwarzer Schatten aus der Dunkelheit des Nachthimmels über ihnen. Er verdeckte die Sterne, schluckte ihr Licht und hinterließ nur Leere im Mantel der Nacht. Es erschien Joël, als reichten seine gewaltigen Schwingen von einem Horizont zum anderen und als stoße sein finsteres Haupt bis an den Zenit der Himmelskuppel.
Langsam sank der Engel zu Boden. Das Rauschen seiner Flügel verklang, die Sterne erschienen wieder am Himmel und die Finsternis wich erneut zurück. Zögernd und am ganzen Leib schlotternd vor Angst hob Joël den Blick und nun sah er einen riesigen Engel warm leuchtend im blassen Mondlicht vor sich stehen. Er war wunderschön.
„Das ist Asasel“, hörte er Jeshuas Stimme an seiner Seite. „Fürchte dich nicht.“
Panisch zitternd nickte Joël, weit davon entfernt, seine Angst unter Kontrolle zu bekommen.
„Was ist an diesem Ort geschehen?“, fragte Jeshua den Engel vor sich. „Warum sind all diese Engel in diesen Mann gefahren und haben ihn dann sieben Jahre lang gequält?“
„Weil es ihnen befohlen wurde!“
„Befohlen? Von wem?“
„Von einem Wesen, das sich Lilith nennt.“
„Ich habe von Lilith gehört. Wie kann es sein, dass sie über so viele Engel eine solche Macht haben kann, dass diese sich in den Körper eines Menschen einsperren lassen?“
Asasel schwieg einen Moment. „Wenn du von Lilith gehört hast, dann weißt du auch, dass sie zur einen Hälfte Mensch und zur anderen Hälfte ein Engel ist“, setzte er schließlich an. „Das verleiht ihr Möglichkeiten, von denen reine Engel oder reine Menschen nicht einmal träumen können. Anders als wir Engel kann sie Entscheidungen treffen, die in keinster Weise von Gott beeinflusst werden. Wir gefallenen Engel sind nur daran interessiert, Gottes Befehle auszuführen. Und obwohl er uns hierher auf die Erde verbannt hat, wird unser Leben nur von der Frage bestimmt, wie wir wieder zu ihm zurückgelangen können. Das ist wie ein Trieb, der uns völlig beherrscht und alles andere unbedeutend erscheinen lässt. Wir sind wie Sklaven in unserer Liebe zu Gott. Lilith hingegen ist zwar wie wir, aber sie kann tun und lassen, was sie will. Auf viele von uns wirkt diese Macht sehr anziehend, denn sie ist frei. Vollkommen frei. So kommt es, dass hunderte von gefallenen Engeln sich ihr angeschlossen haben. Sie erhoffen sich von ihr die Befreiung aus dieser Hölle.“
„Dieser Hölle?“, wimmerte Joël verständnislos.
Jeshua brachte ihn mit einer Handbewegung zum Schweigen, ohne Asasel aus den Augen zu lassen.
„Das erklärt, warum sie diesen Engeln befehlen konnte“, sagte er nachdenklich. „Aber es erklärt nicht, was sie damit bezweckt hat. Warum hat sie den Engeln befohlen, in Joëls Körper zu fahren?“
Asasel gab ein fauchendes Geräusch
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