König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
Moment wurde der Körper des Jungen von Krämpfen und Zuckungen geschüttelt. Er wand sich wild auf der Bahre hin und her, stieß unartikulierte Laute aus und bekam Schaum vor dem Mund. Sein Blick verschleierte sich. Die Menschen traten ängstlich zurück und blickten unsicher zwischen dem Jungen und Jeshua hin und her. Einzig eine Frau, die Mutter des Jungen, kniete an der Bahre nieder und versuchte unter Tränen ihren Sohn zu halten.
„Wie lange hat er das schon?“, fragte Jeshua.
„Von klein auf“, erwiderte der Vater des Jungen. Er biss sich beim Anblick seines leidenden Kindes auf die Unterlippe, Tränen rollten ihm über die Wangen. „Oft wäre er fast ums Leben gekommen, weil der böse Geist ihn ins Wasser oder ins Feuer warf. Hab Erbarmen mit uns und hilf uns, wenn du kannst.“
„Was heißt hier ‚Wenn du kannst“?“, erwiderte Jeshua. „Wer auf Gott vertraut, dem ist alles möglich!“
„Aber ich vertraue ihm ja!“, schluchzte der Vater des Jungen gequält auf. „Ich vertraue ihm und kann dennoch nichts tun!“
Jeshua seufzte tief. Dieser Mann litt an derselben Krankheit, wie seine Jünger – Zweifel. Wenn fehlender Glaube für alle Krankheiten und Übel dieser Welt verantwortlich war, dann ließe sich Gottes Schöpfung vielleicht nicht retten, dachte Jeshua. Er begann sich umzusehen. Noch immer umringten ihn die Dörfler mit neugierigen Mienen. Es war ganz offensichtlich, dass sie alle nun einen Beweis von ihm erwarteten. Simeon und Thomas starrten frustriert zu ihm hinüber, alle Augen waren allein auf ihn gerichtet. Den zuckenden und leise wimmernden Jungen nahm niemand mehr wahr.
Noch einmal seufzte Jeshua. Dann trat er auf den Jungen zu.
„Verschwinde von hier!“, sagte er leise.
Der Junge hielt plötzlich inne. Das Zucken fiel von ihm ab, er wandte sein Gesicht Jeshua zu und sein Blick wurde starr. Dann begann er ein fauchendes Geräusch auszustoßen. Die Menge wich entsetzt zurück, einige Frauen schrien verängstigt auf.
„Lass ihn los!“, forderte Jeshua erneut mit Nachdruck.
Einen Augenblick lang erstarrte der Junge. Dann verzog er das Gesicht zu einer Fratze, die keinerlei Ähnlichkeit mit dem Antlitz eines Kindes hatte und schrie: „Niemals!“
Wieder setzten die abscheulichen Zuckungen ein, die den Körper des Kindes unkontrolliert hierhin und dorthin warfen. Die Mutter des Kindes schrie bei diesem Anblick gequält auf und klammerte sich an ihren Mann, der völlig entsetzt auf die schreckliche Szene zu seinen Füßen starrte.
„Geh!“, rief Jeshua nun zornig und zeigte aus dem Dorf hinaus.
„Nein!“, schrie der Dämon im Innern des Kindes zurück und beutelte den Jungen noch ärger. Schaum begann sich vor dem Mund des Kindes zu bilden. Blutiger Schaum, der dem Jungen den Hals hinab lief und den Boden tränkte. Seine Augen verdrehten sich in widernatürlicher Weise und er stieß kurze hechelnde Laute aus, immer wieder von einem diabolischen Kichern unterbrochen, welches aus seinem Innern kam und dennoch nicht von ihm selbst stammte.
Furchtsam wichen die Menschen weiter von dem Jungen ab, starrten fassungslos zwischen ihm und Jeshua hin und her.
„Lass den Jungen los!“, schrie Jeshua nun und trat entschlossen einen letzten Schritt auf den gequälten Körper des Jungen auf der Bahre zu. „Du stummer und tauber Geist, ich befehle dir: Verlass dieses Kind und komm nie wieder zu ihm zurück!“
In diesem Augenblick zerriss ein schriller Schrei die Luft, die Menschen duckten sich instinktiv und blickten einen Augenblick lang verwirrt über ihre Köpfe. Noch ein letztes Mal bäumte sich der Junge wild auf. Dann fiel er zurück wie eine Puppe, die achtlos zu Boden geworfen wurde. Sein Kopf sackte zur Seite und sein Blick wurde leer. Die Atmung setzte aus, er war tot.
Es schien eine Ewigkeit der Stille über dem kleinen Dorfplatz zu lasten. Dann schrie die Mutter des Jungen auf und stürzte sich auf den Leichnam ihres Kindes. Die Menge begann erregt zu reden, zeigte mit dem Finger auf Jeshua und den kleinen toten Körper, der nun völlig ausgemergelt und dennoch friedlich auf dem Boden lag.
Der Vater des Jungen sackte in sich zusammen und fiel zu Boden. „Er ist tot“, schluchzte er. „Er ist tot.“
Erschöpft wandte Jeshua sich zu ihm um. Er drückte sanft seine Schulter und als der Mann endlich seinen tränenüberströmten Blick hob, sprach Jeshua sehr leise und nur zu ihm: „Hab keine Angst!“
Daraufhin ging er zu dem Jungen, kniete sich an seiner
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