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König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)

Titel: König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Conrad
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dann die ganze Welt retten?“
    So in Gedanken versunken flog Asasel über Meere und Länder hinweg. Da er nicht in Eile war, dauerte es geraume Zeit, bis er sein Ziel erreichte und das Heilige Land wieder aus der Luft erblickte. Dort unten lag Ägypten, leicht am grünen Band des Nil zu erkennen. Direkt daneben sah er das Dreieck des Sinai. Im Norden davon lag das Land, in dem die Hebräer lebten und das man das Heilige Land nannte. Langsam ließ er sich nun tiefer fallen. Hier gab es keine Wolkendecke, in die er abtauchen konnte – dabei war genau das stets ein Gefühl, welches er genoss. Nicht zuletzt deshalb war er oft auf der nördlichen Halbkugel der Welt unterwegs. Über den finsteren, dunkelgrünen Wäldern Europas bildeten sich beinahe täglich riesige Nebelbänke und gewaltige Wolkentürme. Dort zu fliegen war wesentlich aufregender, als hier um das Mittelmeer herum.
    Endlich sah er den See Genezareth unter sich liegen. Wie wohl Jeshuas Heilung des kleinen Jungen und seine Wiedererweckung aufgenommen worden war?
     
    Auch an diesem Abend konnte Jeshua auf die Gastfreundschaft und die Dankbarkeit der Menschen zählen, denen er Gutes getan hatte. Die Familie des besessenen Jungen hatte ihn und seine Begleiter eingeladen und nun saß er unter vielen anderen Menschen auf einem kleinen Platz hinter dem Haus seiner Gastgeber. Außer der eigentlichen Familie waren jedoch auch zahlreiche andere Personen hier – der örtliche Synagogenvorsteher, die bedeutendsten Einwohner des Dorfes, einige Verwandte und nicht zuletzt all jene, die einfach neugierig waren und den fremden Rabbi und Wunderheiler mit eigenen Augen sehen wollte. Insgesamt wohl an die fünfzig Menschen.
    Und dennoch war die Stimmung an diesem Abend anders als im Hause des Jaïr, dessen Tochter er zurück ins Leben geholt hatte. Dort hatte eine ausgelassene Fröhlichkeit geherrscht. Man hatte gelacht, getanzt, musiziert und war rundum glücklich gewesen. Hier jedoch herrschte trotz der vielen Menschen eine völlig gedrückte Stimmung. Es war keine Musik zu hören, die Menschen sprachen mit gedämpften Stimmen und immer wieder huschten verstohlene Blicke zu Jeshua hinüber.
    „Woran es wohl liegen mag?“, fragte er sich. Vielleicht lag es ja daran, dass sie die Teufelsaustreibung mit angesehen hatten. Der Kampf des Dämons um den Körper des Jungen musste für viele von ihnen sehr verstörend gewesen sein. Jaïrs Tochter hingegen war schon tot gewesen. Sie ins Leben zurückzuholen hatte sicher nicht so schockierend und furchteinflößend auf die Menschen gewirkt.
    Jeshua seufzte. Wie man es machte, machte man es verkehrt. Er hätte das Königreich des Himmels hierher auf die Erde bringen können und immer noch hätte es Menschen gegeben, die damit ein Problem gehabt hätten. Jeshua fühlte sich unwohl. Ein Schauer lief über seinen Rücken. Schließlich erhob er sich, nickte den Menschen in seiner Umgebung noch einmal freundlich zu und ging dann durch die Dunkelheit davon. Er spürte die fragenden Blicke der Menschen in seinem Rücken. Seine Jünger sahen ihm verwirrt nach, zuckten dann die Schultern und widmeten sich wieder ihrem Essen und ihren Gesprächen. Sie waren es gewohnt, ihren Meister hin und wieder die Einsamkeit suchen zu sehen. Die Dörfler hingegen blickten ihm misstrauisch, einige gar ängstlich nach. Für sie war dieser Jeshua eine unbekannte Größe. Jemand, den man besser im Auge behielt.
    Jeshua ging durch die menschenleeren Gassen des Dorfes, bis er schließlich auf freiem Feld stehenblieb. Hier atmete er endlich tief durch. Noch einmal blickte er sich um, doch das Dorf wirkte von hier wie ausgestorben – die bedrückende Feier war weder zu sehen noch zu hören. Langsam trottete er weiter, ging den kleinen steinigen Pfad entlang, der an den Feldern der Siedlung entlang führte und hinunter zum See verlief.
    „Das war ein harter Tag, was?“, erklang Asasels Stimme an seiner Seite. Jeshua sah sich um und erblickte den Engel einige Meter entfernt inmitten eines abgeernteten Feldes. Er leuchtete sanft und warm, ausgeglichen und über die Maßen schön. Langsam schwebte er auf Jeshua zu, ohne die Flügel zu bewegen und allen Naturgesetzen zum Trotz. Jeshua blickte ihm freundlich entgegen, bis er bei ihm angekommen war. Dann gingen die beiden Seite an Seite hinunter zum See.
    „Ich verstehe die Menschen oft nicht“, brach es endlich aus Jeshua heraus. „Wie kann die Austreibung dieses Dämons die Rettung des Jungen so

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