König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
gewissen Distanz zu beobachten.
Nur wenig später trafen die Männer nach und nach ein. Sie alle wirkten niedergeschlagen und beschämt. Jeshua begrüßte sie herzlich und ließ sie seine Enttäuschung nicht merken. Als Juda und Mattai kamen, begrüßte er Juda mit einer innigen Umarmung und klopfte ihm anerkennend auf die Schulter. Juda grinste ihn glücklich an. Mattai hingegen sah erschöpft und desillusioniert aus. Zumindest lächelte auch er einen kurzen Augenblick lang stolz zu Juda hinüber, als dieser von Jeshua begrüßt wurde.
Schließlich waren fünf der sechs ausgesandten Gruppen wieder zurückgekehrt. Nur Simeon und Thomas fehlten noch, genau wie Asasel es gesagt hatte.
„Kommt mit, Brüder“, sagte Jeshua. „Wir werden den beiden entgegengehen.“ Mit diesen Worten setzte er sich zielstrebig in Bewegung. Die anderen folgten ihm, verwunderte Blicke tauschend.
Es dauerte nicht sehr lange, bis sie die ersten Häuser vor sich auftauchen sahen. Das Dorf unterschied sich in nichts von den anderen Siedlungen um den See Genezareth. Kleine, ein- bis zweistöckige, sandfarbene Häuser aus Bruchstein. Nur wenige waren groß genug, um einen begrünten Innenhof aufzuweisen, die meisten waren klein und ärmlich. Allein die Synagoge in ihrer Mitte war weiß verputzt und nahm ein deutlich größeres Areal ein, als die umliegenden Wohnhäuser.
Jeshua atmete tief durch und schlitterte unsicher den flachen steinigen Geröllhügel hinab. Durch die zehn Männer hinter ihm entstand hierbei eine gehörige Staubwolke am Hang, die sicher schon von weitem im Dorf gesehen werden konnte. Bestimmt würde ihnen jemand entgegenkommen, um nach ihrem Begehr zu fragen. Stattdessen erreichten sie die Häuser, ohne dass sie auch nur auf einen einzigen Menschen gestoßen wären. So gingen sie die engen Gassen des Dorfes auf das Zentrum zu, an dem sie vom Hügel aus die Synagoge gesehen hatten und von wo aus in diesem Augenblick erregte Stimmen zu ihnen drangen.
Als sie schließlich den kleinen Dorfplatz erreichten, bot sich ihnen ein merkwürdiges Bild. Rund vierzig oder fünfzig Dörfler umringten dort die beiden Jünger Simeon und Thomas. Offenbar war dort ein Streitgespräch im Gange, das für die beiden sehr ungünstig verlief. Jeshua runzelte bei diesem Anblick die Stirn. Wortlos schob er sich durch die Menge, bis er vor Simeon und Thomas stand.
„Kephas, was ist hier los?“, fragte er ungehalten.
Simeon sah betreten zu Boden. Es fiel ihm offensichtlich schwer, seinem Lehrer in die Augen zu blicken.
„Meister, ich…“, stammelte er unbeholfen.
„Sie haben gesagt, sie könnten meinen Sohn heilen“, mischte sich einer der Männer ein, die vor Simeon und Thomas standen. „Sie haben gesagt, die Macht Gottes würde den bösen Geist von ihm nehmen. Den Dämon, der ihn schon so lange quält. Immer wenn dieser böse Geist ihn packt, zerrt er meinen Sohn hin und her. Schaum steht dann vor seinem Mund, er knirscht mit den Zähnen und sein ganzer Körper wird steif. Ich habe deine Jünger gebeten, ihn zu heilen, doch es gelingt ihnen nicht.“
Jeshua blickte seine Männer an. „Warum gelingt es euch nicht?“, fragte er.
„Herr, der Dämon in dem Jungen ist zu stark“, erwiderte Thomas. „Unsere Kraft reicht nicht dafür.“
„Unsinn!“, rief Jeshua aus. „Habt ihr denn noch immer nicht genug gelernt? Habt ihr es noch immer nicht begriffen? Es ist der Glaube, der zählt. Nichts weiter. Ihr habt kein Vertrauen zu Gott. Wie lang muss ich eure Zweifel noch ertragen?“
Simeon und Thomas sahen beschämt zu Boden, während Jeshua zornig zwischen ihnen hin und her blickte. Schließlich wandte er sich an den Vater des Jungen.
„ Wo ist dein Junge?“
Die Menge hinter dem Vater des Kindes teilte sich unter Raunen und Flüstern und bildete eine Gasse. Und dort, vor dem Eingang eines Hauses am Rande der Menge, lag ein kleiner Junge auf einer Bahre, auf welcher man ihn vor kurzem zu Simeon und Thomas nach draußen getragen hatte. Er lag vollkommen reglos und friedlich da, mit geschlossenen Augen, so als schliefe er und nähme seine Umwelt nicht wahr. Er mochte vielleicht sieben oder acht Jahre alt sein, doch er war so mager und ausgezehrt, dass er deutlich älter wirkte.
Jeshua ging an den Menschen vorbei, blieb vor der Bahre stehen und sah auf den Jungen hinab. Einen Augenblick lang geschah nichts. Dann ging ein leichter Ruck durch den Körper des Jungen. Er wandte der Kopf zu Jeshua und öffnete die Augen.
Im selben
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