König der Seelen (Höllenfeuer) (German Edition)
muss jemand sein, der ein Interesse daran hat, dass ich nicht zu Schaden komme. Da du es nicht warst, können wir Folgendes annehmen: Um mich zu schützen muss er entweder ein Auge auf mich haben, oder aber auf Lilith, wenn ihm bewusst ist, dass sie eine Gefahr für mich darstellt. Hätte er ein Auge auf mich, würdest du ihn wohl mittlerweile entdeckt haben. Wachsam genug bist du ja, dass du einen Engel in unserem Umfeld erkannt haben dürftest. Folgerichtig muss er Lilith beobachten.“
Raphael nickte langsam. „Ihr Menschen habt eine eigenartige Affinität zur Logik. Aber ich stimme dir zu. Was du sagst, klingt einleuchtend.“
„Gut“, nickte Eleanor. „Ich denke daher, dass du meine Überwachung vernachlässigen kannst, um dich stattdessen auf die Suche nach dem Urheber der Stimme zu machen.“
Raphael runzelte die Stirn. „Dieser Teil deiner Logik missfällt mir.“
„Mag sein“, grinste Eleanor ihn an.
Raphael stutzte. Manchmal war er wirklich weit davon entfernt, die Menschen zu verstehen. Wie sollte er auf eine solche Antwort reagieren?
„Ich…“, begann er lahm, doch Eleanor fiel ihm ins Wort.
„Es ist wichtig! Wir müssen wissen, wer da offenbar auf den Tag des Jüngsten Gerichts zuarbeitet. Wer immer es ist, ist zweifellos weit gefährlicher als Lilith.“
„Das sehe ich nicht so“, warf Raphael störrisch ein.
Ein ungemütliches Schweigen folgte diesen Worten.
„Bitte“, beschwor Eleanor ihn schließlich. „Es ist wichtig. Ich weiß nicht, wer mich da draußen auf der Landstraße beschützt hat. Aber ich denke, du solltest ihm vertrauen. Deine Aufgabe ist es, so viel wie möglich über diese Stimme und den Untergang der Welt in Erfahrung zu bringen. Ich kann das nicht tun, du wirst dich in der Welt der Engel umsehen müssen.“
Raphael sah sie zweifelnd an. Endlich nickte er zögernd.
„Es fällt mir schwer, deine Sicherheit jemandem anzuvertrauen, den ich nicht kenne, den ich noch nicht einmal gesehen habe.“
Er erhob sich. Dann zögerte er, beugte sich zu Eleanor hinab und küsste sie. Wie immer durchfuhr es sie wie ein Blitz, angenehm und doch erschreckend. Als sie ihre Augen wieder öffnete, blickte Raphael sie gequält an. Dann wandte er sich ab und ging auf die Tür des Aufenthaltsraumes zu. Ein paar Patienten sahen ihm scheu nach. Niemand wäre auf die Idee gekommen, ihn in diesem Augenblick anzusprechen.
Nur wenige Minuten später flog Raphael schon hoch über den Wolken. Er hätte schreien können vor Zorn. Jetzt und hier weit weg von Eleanor zu sein, erschien ihm vollkommen falsch. Er hätte an ihrer Seite sein sollen um sie vor Lilith in Schutz zu nehmen. Stattdessen machte er sich auf die Suche nach Informationen über jenen gefallenen Engel, der das Ende der Welt herbeiführen wollte.
Er hatte nachgedacht. Wo wäre es wohl sinnvoll, anzufangen? Jene Engel, mit denen er bislang am besten zu recht gekommen war, befanden sich nicht länger auf der Erde. Sie waren durch Eleanors Hilfe in den Himmel zurückgelangt. Aus den anderen Informationen herauszubekommen dürfte sich als schwierig erweisen. Aber halt, vielleicht könnte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Warum seine Suche nicht direkt bei Lilith beginnen? Abgesehen davon, dass er sie nach der Stimme fragen könnte, würde ihm das vielleicht die Möglichkeit verschaffen, einen Eindruck von ihren Plänen in Bezug auf Eleanor zu bekommen. Darüber hinaus hatte Eleanor in einem wichtigen Punkt sicher recht gehabt – der unbekannte Engel, der sie vor Stratton Hall gegen Lilith verteidigt hatte, dürfte wohl wirklich in Liliths Umfeld zu finden sein. Wenn Lilith sich dessen nicht bewusst war, so würde sie ihn wohl noch nicht entdeckt haben. Raphael hingegen konnte sich der Existenz dieses Engels sicher sein. Er würde vielleicht entdecken, was vor Lilith bislang verborgen war.
Ein wesentliches Problem hingegen war, dass er keineswegs wusste, wo sie sich verborgen hielt. Es hätte überall auf der Welt sein können und so würde es schwer werden, sie zu finden. Die einzige Idee, die ihm schließlich gekommen war, verband sich mit einem gefallenen Engel namens Siriel. Raphael wusste nicht viel über ihn, eigentlich nur, dass er vor zweitausend Jahren einer jener Engel gewesen war, die auf Geheiß Liliths einen Mann namens Joël in Gerasa überfallen hatten. Jesus von Nazareth hatte diesen Engeln schließlich befohlen, Joël zu verlassen. Eine ganze Schweineherde hatten sie damals in ihrem Zorn in den
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