König der Vampire - Nikolay, S: König der Vampire
Nicht von ihrer Seite aus.“
Vincent zog die Brauen hoch. Sie hatte einen Freund gehabt und das verursachte bei ihm ein Ziehen in der Brust. Mann, was war denn los mit ihm? Warum machte ihm das was aus? Sie war nur sein Zögling, sie gehörte ihm nicht.
„Herr, willst du mir nun sagen, was in deinem Kopf vorgeht? Du weißt, dass ich mit meinen Einschätzungen zumeist richtig liege“, bohrte Etienne.
Vincent sah seinen Mitstreiter, Freund und Untergebenen an. Obwohl – das Letztgenannte war für ihn nicht von Bedeutung.
„Sie hat akzeptiert, was sie ist. Eben hat sie mit vollem Bewusstsein mein Blut getrunken. Ich ließ sie sehen, wie es aus mir heraus in den Becher floss. Und den hat sie in einem Zug geleert. Die Wirkung hat sie nicht versteckt, sie sah mich die ganze Zeit an, während sich die Kraft in ihr verteilte. Sie hatte einen entschlossenen Ausdruck an sich, als ob sie sich selbst als Vampirin akzeptiert hätte.“
„Das ist doch gut. Was besorgt dich denn dann?“, Etienne gab nicht auf.
Vin kniff die Augen zu und betrachtete sein Gegenüber durch die schmalen Schlitze. Der ließ sich leider nie hinters Licht führen, nichts blieb ihm verborgen. Auch wenn er nicht immer den Grund kannte.
Also gab Vincent auf. Sich selbst konnte er ja auch nichts vormachen.
„Etienne, ich begehre sie“, gestand er leise.
„Oh.“
„Viel fällt dir ja dazu nicht ein.“
Etienne schwieg.
„Dafür, dass du sonst so wortgewandt bist, hast du jetzt eindeutig zu wenig zu sagen.“
„Herr, was soll ich dazu sagen? Ich kenne nicht einen einzigen Fall, in dem es so gewesen wäre. Keinen Vampir, ob männlich oder weiblich, der seinen Zögling auf diese Art gesehen hat.“
„Tja, ich auch nicht. Es verbietet sich von selbst, nicht wahr? Ich soll sie lehren und am Leben halten. Es gibt noch etwas, das du wissen solltest. Die kleine Elisabetha Catherina kann mich riechen.“
Jetzt war Etienne erst recht sprachlos. Ihm klappte der Mund auf, doch kein Ton kam heraus. Das hatte es noch nie gegeben. Natürlich konnten männliche Vampire Vincent riechen, seine Duftmarke umgab seinen Besitz.
Das steckte sein Gebiet ab, sein Revier, wenn man so wollte. Ersparte den Konkurrenzkampf. Niemand nahm etwas, das einem anderen gehörte. Das war eine der obersten Regeln ihres Volkes. Jeder männliche Vampir roch anders und diese Düfte konnten Vampirinnen nur in einem Fall wahrnehmen.
„Du weißt, was das heißt“, merkte Etienne an.
„Natürlich weiß ich das. Sie ist mein Schicksal, meine Partnerin. Aber will sie das? Du hast sie als Königin gesehen, Etienne. Sie wird meinen Platz einnehmen. Und ich kann wieder kämpfen, so wie früher.“
„Ähm, ist dir da nicht ein Denkfehler unterlaufen? Du hast etwas übersehen. Wenn sie Königin ist und den Frieden bringt, gegen wen oder was willst du dann noch kämpfen?“
Vincent starrte Etienne an. Er hatte ja recht!
Die gleiche Erkenntnis hatte Eli auch. Sie lag träge in der übergroßen Wanne, die Schaumberge quollen beinahe über. Die Tür hatte sie bewusst unverschlossen gelassen. In der Hoffnung Vincent würde auf die Anspielung reagieren.
Das Gespräch ging ihr nicht aus dem Kopf.
Seine Anmerkung, sie könnte ihm später einmal auch ihr Blut geben. Aber wäre sie die Königin, würde das nicht gehen. Warum, sagte er nicht. Nur, dass er wieder kämpfen wolle. Nur, wenn sie den Frieden brachte, gab es doch keinen Grund mehr die Wölfe zu bekämpfen.
Diese Wölfe in ihrem Traum, oder was auch immer es gewesen war, hatten sie beeindruckt. So schöne und stolze Tiere. Obwohl Tiere vermutlich der falsche Ausdruck war. Das Bild, das sie von Werwölfen hatte, entstammte Filmen und Büchern. Doch diese Darstellung konnte Eli wohl als falsch abstempeln. Also musste sie sich ein neues Bild machen – und lernen. Wie so vieles. Sie wusste beinahe nichts über ihre neue Welt.
Als das Wasser kalt wurde, gab sie die Hoffnung auf. Vincent würde nicht zurückkommen. Also kletterte sie aus der Wanne und wickelte sich in ein unfassbar weiches Handtuch ein. Vor dem Spiegel bürstete sie ihre langen Haare und bewunderte ihre Augen. Die neue Farbe war so überwältigend schön. Strahlend. Sie lächelte sich selbst an.
Langsam ließ sie die Bürste sinken, ihre Aufmerksamkeit hatte sich auf die spitzen Zähne gelegt. Sie waren eindeutig länger als den Tag davor. Sie fragte sich, wie man sie hinausschob. Es war offensichtlich, dass sie das tun musste, um ohne Becher
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