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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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tatsächlich schon alle da waren. Wahrscheinlich Reisefieber. Hans kam sofort mit seiner Videokamera auf uns zugestürzt. Ich hasse das. Ich mag keine Aufnahmen von mir. Schon gar keine bewegten. Ich vermeide ja schon Spiegel, warum sollte ich mich dann im Fernsehen angucken wollen? Ich sehe mich einfach nicht gerne selbst an.
    »Geh weg mit dem Scheißding!«, blaffte ich Hans an und versuchte an ihm vorbeizukommen.
    »Nix da! Erst musst du dich vorstellen. Die andern hab ich schon.«
    Er ließ mich nicht vorbei.
    »Los, stell dich vor!«
    »Jetzt mach hier nicht die Memme, David!«, rief Beckmann.
    Mir blieb wohl nichts anderes übrig.
    »Na schön«, begann ich genervt. »Mein Name ist David Sonnenschein. Ich bin 25 Jahre alt. Meine Hobbys sind Basteln, Stricken und Kameraweitwurf und auch ich gehöre zu dieser illustren Gesellschaft von Gentlemen, die sich in Kürze auf eine Odyssee ins ferne Spanien begeben werden. Reicht das?«
    »Perfekt. Jetzt du, Andi.«
    Ich schob mich an Hans vorbei und setzte mich zu den anderen an den Tisch.
    »Und, wie sieht's aus?«, fragte ich Beckmann. »Habt ihr schon ausgemacht, wer mit wem fährt?«
    »So ungefähr quasi schon. Ost-Ei fährt heute Nacht mit Hans, wenn der Laden dichtmacht. Albert und ich fahren mit Schlucki, Rudi fährt mit Andi und Lulatsch mit Hagen. Du hast also die Wahl zwischen Andis popligem Panda oder Hagens Traumschiff.«
    Die Entscheidung war schnell getroffen. Enge Panda-Rückbank oder gemütlicher Riesen-Benz. Außerdem war Hagens Traumschiff ein Diesel, was die Spritkosten enorm senken würde.
    »Was dagegen, wenn ich mit dir fahre, Hagen?«
    »Nee, klar, Mann. Locker. Komm mit raus und pack deinen Kram gleich rein.«
    Ich ließ mir von Andi, der ein bisschen beleidigt schien, seine Autoschlüssel geben, um mein Gepäck auszuladen, und folgte Hagen nach draußen. Als er seinen Kofferraum öffnete, traute ich meinen Augen kaum. Zelt, Schlafsack, Gaskocher, Moskitonetz und ein zusammengeklapptes Feldbett. Hagen war für eine Safari ausgerüstet. Ob ihm jemand gesagt hatte, dass wir in möblierten Apartments wohnen würden?
    »'ne Menge Zeug.«
    »Is meine Standardausrüstung. Fahr nämlich meistens alleine in Urlaub. Einfach drauflos. War letztes Jahr vier Wochen in Marokko unterwegs. Kam locker.«
    »Aha.«
    Er holte einen Army-Feldsack von der Rückbank hervor und öffnete ihn.
    »Verdammt. Wo is jetzt dieses Scheiß ...«, fluchte er.
    »Was suchst du denn? Kann ich dir helfen?«
    »Nee, danke ... Hab's schon. Hier, kannste mal halten?« Er schnürte den Sack wieder zu und legte ihn ins Auto.
    Neugierig betrachtete ich, was er mir in die Hand gedrückt hatte. Als ich erkannte, was es war, hätte ich es fast vor Schreck fallen gelassen. Es war ein Piece. Ein fußgroßes, in Zellophan eingewickeltes Piece. 80 – 100 Gramm, schätzungsweise. Hagen nahm es wieder an sich und grinste mich an.
    »Tja, weißte, hat durchaus Vorteile, 'n Bulle zu sein. Nach 'ner Razzia im Park brauch ich nur mal kurz spazieren zu gehen. Die meisten Verstecke der Dealer kenn ich eh schon. Und dann find ich hier mal was und da mal was und schon ist der Urlaub geritzt. Praktisch, gell?«
    »Überaus praktisch«, lachte ich zustimmend.
    Er befestigte das Piece an einer wohl eigens zu diesem Zweck angebrachten Halterung im linken vorderen Radkasten und wir gingen wieder rein. Die Jungs waren mittlerweile fleißig dabei, sich für die Fahrt warm zu trinken.
    »Hey! Sauft nicht so viel! Ihr müsst noch ein bisschen fahren heute«, versuchte ich mich als Stimme der Vernunft.
    »Wir sind noch lang nicht voll, voll, voll!«, kam als Antwort im Chor, und ich sah uns schon als Zahl in der nächsten Unfallstatistik auftauchen. Bei einem Unfall auf der Autoroute de Soleil starben gestern zehn betrunkene Vollidioten. Ein Tanklaster rammte die drei Autos, als sie in einer Kurve auf der linken Spur anhielten, um sich zuzuprosten. Die Identifizierung der Leichen gestaltet sich als äußerst schwierig, da vereinzelte Körperteile durch die Explosion bis nach Timbuktu geschleudert wurden. Und jetzt das Wetter ...
    Hagen hatte mein besorgtes Gesicht bemerkt und winkte mir beruhigend mit einer Cola-Flasche zu. Schon besser. Gut, Hagen würde sich wahrscheinlich während der Fahrt 5-10 Jollys reinziehen, aber ihm traute ich immerhin zu, dass er wusste, was er tat. Schließlich war er bei der Freund-und-Helfer-Truppe. Die Uhr ging langsam auf acht zu und ich drängte zum Aufbruch. Um halb neun

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