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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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schlechten ins Kröpfchen. Das Töpfchen hatte vier Betten, das Kröpfchen sechs. Den Unterschied zwischen gut und schlecht maß ich an der durchschnittlich täglich konsumierten Menge Alkohol plus der erfahrungsgemäßen Wahrscheinlichkeit rauschbedingter, peinlicher Ausfälle. Folglich waren Andi, Lulatsch, Hans und ich im Töpfchen und die wirklich harten Jungs im Sechser-Apartment.
    Unser Domizil bestand aus zwei Zimmern. Das Schlafzimmer war gerade mal so groß, dass ein Doppelbett darin Platz fand. Mein Doppelbett. Die linke Hälfte zumindest. Die rechte Hälfte schnappte sich Andi, was mir sehr recht war. Wir hatten schon mehrere Urlaube gemeinsam verbracht und wir kamen miteinander klar. Andi wusste genau, wie mein Schnarchen abzustellen war, und ich hatte mich an seine Alpträume gewöhnt. Im letzten Urlaub hatte ich mir sogar einen Spaß daraus gemacht. Andi ist Horror- und Splatter-Fan. Freitag der 13., Freddy Krüger, Tanz der Teufel und der ganze Mist. Wie kann nur jemand Fan davon sein, Angst zu haben? Na ja, sein Problem. Und mein Vergnügen. Ich konnte seine Träume steuern. Wenn ich nachts aufwachte und Andi unruhig neben mir anfing zu zucken und sich hin und her zu werfen, schlüpfte ich in Rollen, die ihm eine Höllenangst einjagten. Am besten war ich als Freddy Krüger. Zuerst sang ich leise mit Kinderstimme »Eins, zwei, Freddy kommt vorbei ...«. Dann kratzte ich mit einem Schlüssel am Bett oder an der Wand direkt über seinem Kopf. Er fuhr dann jedes Mal mit einem Schrei in die Höhe, als hätten sich Freddys Krallen in seinen Rücken gebohrt. Einmal hätte er mich fast erwischt, weil ich lachen musste, aber ich konnte es gerade noch als Hustenanfall tarnen. Er weiß bis heute nicht, wer ihn da im Schlaf heimgesucht hat. Und das Schlimme ist: Freddy kommt immer zurück.
    Der andere Raum war etwas größer und sollte wohl eine Symbiose aus Küche, Wohn- und Esszimmer darstellen. Man betrat ihn von rechts, wo ein kleiner Tisch an der Wand stand. Um den Tisch herum standen drei Stühle aus weißem Plastik. Drei Stühle, vier Leute? An der gegenüberliegenden Seite des Raums stand ein Drei-Mann-Sofa, ausklappbar, womit sich die weitere Suche nach den fehlenden zwei Schlafplätzen erübrigte. An der Wand links davon befand sich eine Kochnische mit zwei Herdplatten. Als ob irgendjemand von uns kochen könnte. Unter den Herdplatten war der Kühlschrank. Ich öffnete ihn, um zu sehen, ob er funktionierte. Drei Stühle, vier Leute? Das ließ mir keine Ruhe. Ich zog die Vorhänge beiseite und öffnete die Schiebetür zum Balkon. Aha. Acht Stühle, vier Leute. Na also. Der Balkon war gigantisch. Er umfasste die Front und, da wir auf einem Eck wohnten, auch die linke Längsseite des Apartments. Das Kröpfchen lag in einem nach hinten versetzten Teil des Komplexes und ich konnte Beckmann und Albert auf ihrem Balkon stehen sehen. Sie prosteten mir mit Dosenbier zu.
    »Werft mir mal eins rüber, bitte«, rief ich ihnen zu.
    »Logen. Warte«, sagte Beckmann und verschwand kurz von der Bildfläche.
    Eigentlich traute ich Beckmann – einem ehemaligen Handballer – einen Wurf über 15 m ohne weiteres zu. Ich hatte ihn überschätzt.
    »Fang!«, rief er, doch sosehr ich mich auch bemühte seiner Aufforderung Folge zu leisten, es war unmöglich. Die Dose schlug einen Balkon unter mir in einen voll behängten Wäscheständer ein, riss ihn zu Boden und platzte dort, schäumendes Bier über frisch gewaschene Unterhosen und Tennissocken spritzend.
    »Sauerei!«, fluchte eine männliche Stimme. »Verdammte Sauerei! Wer war das?«
    Beckmann und Albert waren noch vor dem Aufschlag des Geschosses nach innen geflüchtet. Ich blieb zwei Schritte vom Geländer entfernt stehen, sodass der unter mir Fluchende mich nicht sehen konnte.
    »Wenn ich die Sau erwische, dann ...! Mach dich auf was gefasst! Ich krieg dich und dann ...!«
    Er sprach seine Drohungen nicht ganz aus, was mich ein wenig enttäuschte und bald langweilte. Wahrscheinlich würde er morgen wissen, woher die Dose gekommen war, und die Jungs trotzdem fröhlich im Aufzug grüßen, weil ihm beim Anblick ihrer Tattoos sofort die Begriffe Schwerverbrecher und 100 Jahre Knast in den Sinn kämen. Ein feiger kleiner Spießer. Kein Grund zur Sorge.
    EIGENTLICH WOLLTE ich noch an den Strand, aber ich beging den Fehler, mich kurz auf mein Bett zu legen. Um zehn Uhr abends wachte ich auf. Hans hatte mich geweckt.
    »Hey, David! Aufwachen! Du verpennst die Party.«
    Ich

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