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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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das Einzige, was ich über meine Zukunft wusste, war, dass ich morgen an den Strand gehen würde. Und das reichte. Mehr brauchte ich nicht zu wissen.
    »Ich glaub, ich mach mich mal in mein Bett. Morgen früh ist Strand angesagt. Nacht, Hagen.«
    »Mach's gut, Alter.«
    Ich verabschiedete mich noch von den anderen –von denen, die es noch mitkriegten – und ging schlafen.
    AM NÄCHSTEN Morgen wachte ich gegen zehn Uhr auf. Es roch nach Kaffee. Ich stapfte ins Wohnzimmer, wo Hans gerade dabei war, den Tisch zu decken. Er deckte für drei. Lulatsch hatte es wohl nicht mehr bis zu uns geschafft letzte Nacht.
    »Morgen, David«, begrüßte mich Hans. »Ausgeschlafen?«
    »Geht so.«
    »Setz dich. Andi holt gerade Brötchen oder was immer es hier zum Frühstücken gibt.«
    »Wie lang ging's noch gestern?«
    »Ich bin kurz nach dir rüber. Die Jungs haben bestimmt durchgesoffen.«
    Ich setzte mich und schlürfte einen Schluck Kaffee.
    »Ach ja. Ich wollte dir noch was zeigen«, sagte Hans und öffnete die Kühlschranktür. »Siehst du dieses Sixpack Corona hier?«
    »Ja, klar. Was ist damit?«
    »Das ist tabu. Niemand fasst dieses Sixpack an, bis ich es sage, okay?«
    »Okay.«
    Er würde schon seine Gründe haben, aber natürlich hatte er meine Neugier geweckt. Ich liebe Geheimnisse.
    »Gibt's hier kein Corona oder was?«
    »Doch, schon, aber ...«
    »Was, aber?«
    »Jetzt frag nicht. Du erfährst es, wenn's so weit ist.«
    »Was ist, wenn ich nachher ein Sixpack Corona kaufe und mit deinem vertausche?«
    »Das wirst du nicht tun! Bitte, David. Es ist wichtig, aber ich kann's dir noch nicht erzählen. Du erfährst es auch als Erster, versprochen.«
    Na gut. Ich würde es schon noch rauskriegen. In spätestens zwei Tagen würde er weich werden. Andi kam mit zwei Tüten Lebensmitteln beladen zurück und wir frühstückten gemütlich auf dem Balkon.
    »Kommt ihr mit an den Strand?«, fragte ich, als wir fertig waren.
    »Klar.«
    DAS MEER war sensationell. Es roch sensationell. Natürlich war es kein Postkartenstrand, aber was soll's? Es war ein stinknormaler Touristenstrand. Der Sand war nicht weiß, es gab keine Palmen und das Wasser war nicht glasklar, aber wenigstens sauber. Um uns herum tummelten sich Deutsche, Holländer, Franzosen und Engländer. Andere Nationen waren nicht auszumachen. Die Engländer waren am lautesten, die Deutschen am hässlichsten, zumindest, was die Männer betrifft. Bei den Frauen gab es unter allen Nationalitäten schöne und weniger schöne. Viele von ihnen waren oben ohne. Andi lag die meiste Zeit auf dem Bauch. Er war seit fünf Jahren solo. Fünf Jahre. Bei mir waren es erst vier Monate und bei der einen oder anderen Strandschönheit schlug meine Phantasie bereits Purzelbäume. Fünf Jahre. Armer Teufel. Hans schienen die Frauen völlig kalt zu lassen. Er hatte zwar keine feste Freundin, aber immer mal wieder etwas am Laufen. Verhältnisse nannte er diese zeitweisen sexuellen Techtelmechtel. Ich nannte sie Fickbeziehungen. Was anderes war es doch nicht. Einen Monat die, den nächsten jene, alles ohne Liebe und völlig unpersönlich. Nichts für mich. Eine Frau anzufassen, sie zu streicheln, sie zu küssen, mit ihr zu schlafen, neben ihr aufzuwachen, das alles sind sehr, sehr persönliche Sachen, persönlicher geht's gar nicht. Da kann ich mir doch nicht, nur weil meine Hose zu eng wird, irgendeine schnappen, die gerade da ist, und all diese wundervollen persönlichen Dinge mit ihr machen, ohne in sie verliebt zu sein. Andi sieht das ähnlich. Deswegen auch die fünf Jahre.
    Was Anna wohl gerade machte? Ja, ich würde ihr eine Karte schreiben. Ich musste ihr eine Karte schreiben. Aber es war noch zu früh.
    Das einzig Lästige am Strand waren die fliegenden Händler und die Mädels, die Freikarten für etliche Discos verteilten. Ich weiß nicht, wie oft ich an diesem Nachmittag »Coco, Coco«, »Eisekalte Getränge« oder »Eintritt frei. Ihr kommt doch heute Abend?« gehört habe. Es nervte. Andi fand die Mädels natürlich klasse und sammelte eifrig Freikarten. Da müssen wir hin. Gleich heute Abend. Nein, lass uns da hingehen. Die war supersüß. Oh, hast du die gesehen? Da gehen wir morgen hin. Die Verzweiflung eines Mönches wider Willen. Jede Wette, dass Andi sich in diesem Urlaub mindestens dreimal unsterblich verlieben würde.
    Gegen fünf hatten wir genug vom Strand und kehrten zu unserer Anlage zurück. Ein kurzer Blick zu den Jungs. Karten spielen, saufen, kiffen, nichts Neues.

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