König für einen Sommer: Roman (German Edition)
meine Kassetten an.
ES WAR halb drei nachmittags, als wir unseren Zielort, Santa Margarita, erreichten. Wir parkten vor dem Apartmentblock, der für die nächsten zwei Wochen unser Zuhause sein sollte. Der Himmel war wolkenlos, die Sonne brannte mit 37 Grad und das Schönste, das Allerbeste, das, worauf ich mich am meisten gefreut hatte, lag nur 50 Meter von uns entfernt. Das Meer. Ich konnte es nicht sehen – ein hässlicher Betonklotz lag zwischen uns –, aber ich konnte es hören. Und ich konnte es riechen. Nichts riecht aufregender, betörender, weiter und freier als die Luft am Meer. Ich füllte meine Lungen mit einem tiefen Atemzug und spürte einen Hauch von Glück durch meinen Körper fließen. Irgendwann werde ich am Meer leben. So viel steht fest. Am Meer leben, diese Luft atmen und glücklich sein.
»Mann, is das hässlich hier«, weckte mich Hagen. »Ein Touristenbunker neben dem anderen. Nur Beton. Und hier sollen wir zwei Wochen bleiben?«
Okay, unsere Umgebung war nicht gerade eine ästhetische Offenbarung. Aber kein Ort der Costa Brava war für seine architektonischen Meisterleistungen berühmt. Wer ausschließlich vom Tourismus lebt, kann sich keine Hundertwasser-Häuser an die Promenade stellen, was zwar im günstigsten Fall schön, aber wenig zweckmäßig wäre. Dass sich Hagen beschwerte, konnte ich verstehen. Seine Urlaubsphilosophie war eben eine andere als meine. Viel sehen, nie lange bleiben. Immer unterwegs mit wenig Geld und ohne festes Ziel. Santa Margarita musste auf ihn wie ein Knast wirken.
»Hagen hat Recht«, sagte Beckmann. »Wir haben 'nen Haufen Kohle gelatzt, um in einem Touristenghetto zu wohnen. Schöne Scheiße.«
„Ja, ätzend hier«, fügte Albert hinzu.
»Vor ein paar Stunden wärst du noch voll drauf abgefahren«, sagte Andi. Wenigstens einer auf meiner Seite.
»Genau«, sagte ich. »Schmeiss noch 'nen Trip und halt's Maul, Albert. Jetzt macht euch doch erst mal locker und wartet ab, bis ihr die Apartments gesehen habt. Ich gehe mal und erledige die Formalitäten.«
Vor dem Verwaltungsbüro der Wohnanlage stand eine hübsche, zierliche Mitt-Dreißigerin, die uns schon die ganze Zeit über argwöhnisch beobachtet hatte. Sehr Vertrauen erweckend sahen wir nicht gerade aus. Acht unrasierte Kerle mit Sonnenbrillen, zerrissenen Jeans oder T-Shirts, vier davon mit tätowierten Oberarmen und fast alle mit finsteren Mienen. Wer könnte ihr da ein gewisses Misstrauen verdenken? Wahrscheinlich betete sie gerade, dass wir nicht bei ihr gebucht hatten. Ich nahm meine Sonnenbrille ab und ging auf sie zu.
»Buenos dias«, sagte ich, bemüht ihr zu zeigen, dass wir als Botschafter und nicht als Eindringlinge in ihr Land gekommen waren.
»Guten Tag«, erwiderte sie fast akzentfrei.
»Mi ... nombre ... es ... äh ...«
»Sie können ruhig Deutsch sprechen.«
„Ja ... äh, danke. Ist wohl besser so. Mein Spanisch scheint
etwas eingerostet zu sein seit der Schule. Also Folgendes: Mein Name ist David Sonnenschein und ich habe bei Ihnen zwei Apartments für insgesamt zehn Personen reserviert.«
»Ah ja, Herr Sonnenschein. Wir haben Sie bereits erwartet. Kommen Sie doch bitte kurz mit in mein Büro.« Sie warf noch einen Blick auf die Jungs und seufzte leise im Gehen. Ich folgte ihr.
Als ich ihr Büro wieder verließ, hatte ich zwei Apartmentschlüssel und die unangenehme Aufgabe, den Jungs beizubringen, dass wir eine Kaution von 20.000 Peseten bzw. 350 DM hinterlegen müssten.
»Wofür das denn?«, fragte Schlucki, der größte Knauser von allen.
»Wahrscheinlich für unser gepflegtes Äußeres und unsere Vertrauen erweckende Erscheinung«, sagte ich.
»Hä?«
»Na, guck uns doch mal an. Würdest du so abgefuckten Typen dein Zimmer vermieten, ohne dich gegen eventuell anfallende Schäden abzusichern?«
»Logisch.«
„Ja, genau. Was haltet ihr davon, wenn wir jetzt hochgehen und uns unsere Behausung mal ansehen?«
»Vergesst die Schoppen nicht«, sagte Beckmann. »Hoffentlich ist der Kühlschrank groß genug.«
Mit sechs Paletten Dosenbier zogen wir an einer kopfschüttelnden, die Hände vor ihr Gesicht haltenden Verwalterin vorbei zum Eingang der Anlage. Die Apartments lagen im zweiten Stock ganz am Ende, im äußersten Eck. Ob das tatsächlich die ursprünglich für die Reisegruppe Sonnenschein vorgesehenen Quartiere waren?
Über die Aufteilung der Apartments hatte ich mir ausführlich den Kopf zerbrochen und war zu dem Schluss gekommen: Die guten ins Töpfchen, die
Weitere Kostenlose Bücher