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König für einen Sommer: Roman (German Edition)

König für einen Sommer: Roman (German Edition)

Titel: König für einen Sommer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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ersten Raums war sogar ein kleiner surrealistischer Pool. Verschiedene Gänge führten in dunkle Löcher. Wir beschlossen uns aufzuteilen und um ein Uhr wieder im ersten Raum zu treffen. Ich nahm mit Andi und Hans den ersten Gang nach rechts. Wir liefen durch eine Art Tunnel. Die einzige Beleuchtung war ein Stroboskop. Je länger der Tunnel wurde, desto schlechter ging es meinem Magen. Ich hasse diese dämlichen Stroboskope. Ich habe sie schon immer gehasst. Zweimal stieß ich mit entgegenkommenden Leuten zusammen, weil ich sie nicht rechtzeitig sah. Am Ende des Tunnels war Tageslicht und eine lange Treppe. Musik war zu hören. Keine Disse-Musik. Es klang sogar live. Und tatsächlich: Die Treppe führte auf einen breiten, in Stufen absteigenden Platz, auf dem eine Band spielte. Eine Coverband. Sie spielten gerade »So lonely« von Police nach. Gar nicht mal so schlecht. Wir holten uns an einer Theke ein Bier, setzten uns auf die oberste Stufe und hörten der Band zu. Ein Bier folgte dem anderen. Nur Hans hielt sich auffallend zurück.
    »Was ist los mir dir? Heute ist unser letzter Abend.«
    »Geht heute irgendwie nicht an mich. Außerdem muss ich noch fahren.«
    »Das hat dich doch sonst nicht gestört.«
    »Stimmt. Aber da wurde ich auch nicht in sieben Monaten Vater.«
    »Die Verantwortung.«
    »Genau. Ich bin jetzt nicht mehr nur für mich selbst verantwortlich. Ich denke jetzt schon bei allem, was ich tue, an das Kind.«
    »Beängstigend.«
    »Nein, gar nicht. Warum? Ich finde es klasse, ehrlich.«
    »Klingt, als wirst du erwachsen.«
    »Und? Ist das was Schlimmes?«
    „Ja ... nein, ich weiß nicht. Bei dir finde ich es okay. Bei dir passt es, irgendwie. Vielleicht, weil du schon älter bist. Ich weiß es nicht.«
    »Schwachsinn! Das hat doch nichts mit dem Alter zu tun. Das war doch jetzt nicht geplant. ›Hans, du bist dreißig. Zeit, ein Kind zu zeugen und Verantwortung zu übernehmen.‹ Bullshit. Es ist einfach passiert. Und es hätte auch schon vor fünf Jahren passieren können. Oder fünf Jahre später. Es gibt Leute, die haben in deinem Alter schon zwei oder drei Kinder.«
    »Selbst dran schuld.«
    »Wieso denn? Wenn sie glücklich damit sind, gibt es doch nichts dagegen zu sagen.«
    »Aber sie haben keinen Spaß.«
    »Sie haben vielleicht nicht das, was du als Spaß bezeichnest. Vielleicht macht es ja nicht allen Leuten Spaß, jeden Tag in der Kneipe rumzuhängen und mit den Jungs zu saufen.«
    »Hey, du lebst von Leuten, die jeden Tag in der Kneipe rumhängen und saufen.«
    »Ich sag ja auch nicht, dass das keinen Spaß macht, David. Ich habe über zehn Jahre lang diesen Spaß gehabt. Ich habe diesen Spaß sogar zu meinem Beruf gemacht. Aber das ist doch nicht der einzige Spaß, den es gibt. Und das ist vor allem nicht der Spaß, der glücklich macht. Niemand, der richtig glücklich ist, hängt jeden Abend in der Kneipe rum. Oder bist du etwa glücklich?«
    »Geht so.«
    »Geht so? Das klingt ja überglücklich.«
    »Nein, ich meine, es ist schon okay, so, wie es ist. Ich bin vielleicht nicht glücklich, aber ich bin auch nicht unglücklich. Ich bin zufrieden. Und ich habe meinen Spaß. Das reicht doch.«
    »Kelly.«
    »Kelly? Was ist mit Kelly?«
    »Würdest du nicht lieber jeden Abend in ihren Armen liegen als mit den Jungs zu saufen?«
    „Ja ... doch. Aber das wird nie passieren.«
    »Dann wird es eine andere sein.«
    »Anna, vielleicht.«
    »Anna?«
    »Hab sie kurz vor unserer Abfahrt kennen gelernt.«
    »Aha. Und wenn du jetzt die Wahl hättest, eine Woche mit Anna oder eine Woche mit den Jungs zu verbringen, wofür würdest du dich entscheiden?«
    »Anna. Definitiv.«
    »Klingt, als wirst du erwachsen, David.«
    »Verdammt.«
    Das war nun wirklich nicht das Thema, mit dem ich mich an diesem letzten Urlaubsabend beschäftigen wollte. Hans hatte mich fast nüchtern geredet. Und traurig. Ich musste flüchten, wenn ich mir den Spaß nicht verderben lassen wollte; selbst wenn der Spaß nur zweitklassig wäre. Ich täuschte ein Toilettenbedürfnis vor und ging. Erwachsen? Ich? Nur weil er es einmal zu viel mit Moni gemacht hatte? Blödsinn. Ich lief wieder zurück durch den Strobotunnel, als plötzlich Albert auf dem Boden sitzend aufblitzte. Er saß dort mit dem Rücken an die Wand gelehnt, die Beine gerade von sich gestreckt, und grinste breit.
    »Hey, Albert! Alles okay bei dir?«
    »David! Logisch! Guck doch mal, wie cool das hier alles aussieht! Und diese Blitze! Oberflashig! Komm, setz dich zu

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