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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Kaiserpalast führte. Nicht ohne sich gehörig zu verlaufen, hatte er sich seinen Weg im Labyrinth der kleinen Gassen zwischen der Mese und der Küste gesucht. Er hatte den Eindruck, dass er alle sieben Hügel, auf denen die Stadt angeblich errichtet war, mindestens einmal hinauf- und wieder hinuntergelaufen sein musste, als er endlich das Studios-Kloster erreichte. Hierhin war der Junge gegangen, dem Ludwig gefolgt war. Eine hohe Mauer schützte den Bau vor dem weltlichen Leben in den Gassen ringsherum.
    Ohne zu zögern, ging Heinrich zur Pforte und klopfte. Ein kleines Sichtfenster wurde in der verwitterten, grün gestrichenen Tür geöffnet. Ein graubärtiger Mönch mit verschlossener Miene musterte ihn stumm.
    »Ich suche Bruder Zenon«, erklärte der Ritter auf Latein.
    Knarrend wurde ein Riegel zur Seite geschoben. Der Türwächter winkte Heinrich hinein und gab einem Novizen, der mit ihm in einer Nische am Tor gesessen hatte, einen knappen Befehl auf Griechisch.
    Der Junge nickte und nahm Heinrich bei der Hand, als wäre der Ritter ein Kind, das sich verlaufen hatte. Schweigend führte er ihn durch die weitläufige Klosteranlage.
    Zuletzt durchquerten sie ein Scriptorium, in dem mehr als zwanzig Mönche über Schreibpulte gebeugt standen und daran
arbeiteten, die verschiedensten Texte zu kopieren. Der Duft von frischem Siegelwachs und der scharfe Geruch von Tinte waren Heinrich so vertraut wie das Schwert an seiner Seite. Sehnsüchtig dachte er an all die Stunden, die er im Scriptorium seines kleinen Eifelklosters verbracht hatte.
    Hinter dem Scriptorium brachte ihn der Novize in eine kleine Kammer. Hier hielt sich nur ein einziger Mönch auf. Er stand mit dem Rücken zur Tür und schien ganz in ein Buch vertieft zu sein. Ohne ein Wort zu sagen, wies der Novize auf den Mönch am Lesepult und ging.
    Der Mönch musste ihn gehört haben! Doch er nahm keinerlei Notiz von ihm. Ein wenig verloren sah Heinrich sich um. Die ganze Wand links neben der Tür wurde von einem Regal mit rautenförmigen Fächern eingenommen, in denen Schriftrollen, in schützendes Leder gehüllt, lagerten. Kleine Zettel auf den Verschlusskappen der Rollen gaben Auskunft über die Texte. Neugierig spähte Heinrich zu dem Regal hinüber. Zu gern würde er sich ansehen, was für Schätze es beherbergte. Doch statt seiner Neugier nachzugeben, räusperte er sich leise, um den Mönch auf sich aufmerksam zu machen.
    Der Mann richtete sich auf, wandte sich jedoch nicht zur Tür um. »Du kommst spät, Heinrich. Ich hatte eigentlich schon vor einer Stunde mit dir gerechnet. Hast du dich vielleicht verlaufen?« Der Mönch seufzte. »Konstantinopel ist in der Tat eine schrecklich unübersichtliche Stadt. Und all diese Menschen. Stell dir vor, seit neuestem soll es sogar lateinische Ritter geben, die versuchen, orientalischen Lastträgern ihr bescheidenes Einkommen streitig zu machen.«
    Heinrich stand mit offenem Mund in der Tür und wusste nicht, was er sagen sollte. Hatte Zenon den Jungen nur
geschickt, damit er, Heinrich, hierher ins Kloster finden konnte?
    »Du solltest den Mund schließen, Heinrich. Für mich musst du wirklich nicht den Bauerntölpel spielen. Ich weiß um deine Gaben und deine Grenzen. Im Allgemeinen gelingt es mir recht schnell, mir ein Bild von einem Menschen zu machen. Und ich täusche mich nur selten.«
    Das musste Teufelswerk sein! Wie konnte Zenon wissen, was er tat, ohne sich auch nur umzusehen?
    »Was weißt du eigentlich über die Bibel, mein Freund?«
    »Wie …« Der Ritter war noch immer wie gelähmt. Konnte es sein, dass eine Kreatur der Hölle sich mitten in ein Kloster wagte?
    »Nur frisch heraus! Sag mir, was du über die Bibel weißt, mein Freund.«
    Heinrich ballte in hilfloser Wut die Fäuste. Was für einen Scherz trieb der Mönch nun wieder mit ihm? »Ich habe die Heilige Schrift gelesen«, entgegnete er steif.
    »Welche?«
    »Was soll das, Zenon? Welche …«, äffte er den Tonfall des Mönchs nach. »Die Bibel. Die Bücher der Propheten, die Evangelien …«
    »Aber du kannst mir nicht sagen, welche Bibel du gelesen hast, oder?«
    »Verschone mich mit deinen ketzerischen Fragen. Es gibt doch nur eine Bibel!«
    Zenon wandte sich um. Er schlug die Kapuze seiner Kutte zurück, und zum ersten Mal sah Heinrich ganz offen sein Antlitz. Wie alle Mönche, denen Heinrich bisher in Konstantinopel begegnet war, trug auch Zenon einen Bart. Der Grieche hatte dichtes schwarzes Haar und eine dunkle
Haut. Seine Augen jedoch

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