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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Straßen nicht den Sichtkontakt zu seinen Kameraden zu verlieren. Zwei lateinischen Rittern machte man Platz, aber für einen heruntergekommenen Tagelöhner wich keiner zur Seite. Ludwig stieß mit einem Wasserhändler zusammen, der einen großen Tonkrug auf den Rücken geschnallt hatte und laut rufend sein kühles Quellwasser anpries. Als er vorwärtsdrängte, um dem fluchenden Händler zu entkommen, strichen ihm halb erstarrte Rattenschwänze durchs Gesicht. Das war die Ware eines spitzgesichtigen Straßenhändlers in geflickter Tunika, der an einem langen Stecken über dem Rücken eine ganze Brut toter Ratten und Mäuse trug. Köstlichkeiten für die verwöhnten Katzen der reichen Damen. Ein Junge lachte über sein Missgeschick und machte sogleich einen Satz, um aus Ludwigs Reichweite zu kommen, als der Ritter wütend die Hand hob.
    Angewidert eilte Ludwig weiter. Rattenverkäufer! Was
war das nur für eine Stadt! Wenigstens würde er als Lohn für seine Mühen Heinrichs prächtigen blauen Umhang geliehen bekommen. Mit diesem kostbaren Kleidungsstück könnte er gewiss Eindruck auf die stille Venezianerin machen. Dreimal schon hatte er sie nachts heimlich besucht, doch bisher hatten sie nie ein Wort miteinander gewechselt. Sie stand stets auf ihrem Balkon und blickte in den Garten hinaus, wenn er hinter dem Kamin versteckt saß, um ihr seine schönsten Melodien auf der Laute vorzutragen. Bisher hatte er es nicht gewagt, sie anzusprechen, aus Furcht, ein falsches Wort könne alles zerstören. Er wusste nur wenig mehr über sie als an jenem Abend, an dem sie in ihrer Sänfte an ihm vorübergetragen worden war. Doch eines hatte er herausgefunden. Ihr Gatte teilte nicht das Schlafgemach mit ihr. Jede Nacht kam er kurz zu ihr, um ihr eine gesegnete Nachtruhe zu wünschen, und zog sich dann wieder in seine eigene Kammer zurück. Ludwigs einzige Sorge war die Dienerschaft … Auch wenn sie ihre Kammern im Keller und in den hinteren Räumen des Erdgeschosses hatten, würde ihnen nicht auf Dauer verborgen bleiben, dass des Nachts ein fremder Barde auf dem Dach saß und ihre Herrin mit traurigen Liebesliedern unterhielt.
    Plötzlich teilte sich die Menschenmenge auf der breiten Straße, die am Hippodrom vorbeiführte, so wie sich einst die Fluten des Roten Meeres vor Moses geteilt hatten. Männer mit Weidengerten trieben einige unachtsame Händler beiseite, die nicht schnell genug Platz machten. Eine kleine Gruppe von Reitern kam die Straße herab. Sie umringten einen Mann in schimmerndem Kettenhemd, der einen goldgesäumten Umhang in dunklem Purpur trug. Einer der Feldherren des Kaisers!

    Jubelrufe erklangen aus der Menge. Ludwig hatte davon gehört, dass die Armee von Byzanz gemeinsam mit den Kreuzrittern aus Outremer in Syrien kämpfte. Vielleicht hatten sie einen Sieg errungen?
    Als die Reiterschar vorübergezogen war, hatte er Anno und Heinrich aus den Augen verloren. Zum Glück wusste er, wohin sie wollten. Im Grunde verschwendete er seine Zeit, dachte er ärgerlich. Er sollte besser im Bett liegen und schlafen, um für die kommende Nacht erholt zu sein! Heinrich und seine Wahnvorstellungen!
    Als er den Übungsplatz erreichte, standen seine beiden Gefährten mit einigen Kriegern zusammen und plauderten. Die Byzantiner waren wahrlich prächtig gewandete Recken! An einer Säule lehnten schön bemalte schwarz-weiße Schilde. Der Blondschopf, mit dem Anno sprach, trug einen weiten Umhang aus leuchtendem Blau mit Stickereien in Rot und Gold. Und die Hosen … Ludwig grinste. Er suchte sich einen schattigen Platz in dem Säulengang, der den Hof auf drei Seiten einfasste. Von dort aus konnte er den ganzen Übungsplatz im Blick behalten.
    Er hatte den Kämpfern schon eine ganze Weile zugesehen, als er auf der gegenüberliegenden Seite zwischen den Säulen eine flüchtige Bewegung bemerkte. Ein Junge setzte sich auf ein sonnenbeschienenes Kapitell. Er hatte die Arme um die Knie geschlungen und sah den beiden Schwertkämpfern zu, die gerade ihre Kräfte miteinander maßen. Ludwig stutzte. Er hatte das Gefühl, den Jungen schon einmal gesehen zu haben … Der Rattenhändler … Der Knabe, der ihn ausgelacht hatte. Ja, es war ohne Zweifel derselbe Junge! Sollte Heinrich am Ende doch Recht haben? Ließ man sie beobachten?

17

    Der lange Marsch in der Spätnachmittagshitze hatte Heinrich ermüdet. Hinter dem Forum des Arkadios hatte er die Mese verlassen, die große Prunkstraße, die alle Foren miteinander verband und bis zum

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