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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Nibelungen gesagt hatte, war auch Anno klar, dass sie zu dritt nicht ewig gegen diese Übermacht bestehen konnten. Weitab der Straße in dieser einsamen Gegend würden ihnen gewiss keine anderen christlichen Ritter zur Hilfe eilen. Im Grunde brauchten sich die Heiden nur unter die Bäume zu setzen und ihre Bogenschützen den Eingang bewachen zu lassen. Es gab in dem Speicher kein Wasser. Bei der Hitze in diesem verfluchten Land würden sie es hier drin nicht lange aushalten.
    Warum prüfte Gott sie so hart? Warum sollte der dritte König Heiden in die Hände fallen? Verzweifelt sah Anno sich um. Die Pferde schnaubten und zitterten, als ahnten sie das Unglück, das allen bevorstand.
    Anno dachte an den Schwur, den sie sich einst gegeben hatten. Nie wieder sollte einer von ihnen in Gefangenschaft geraten. Der Eid würde sich jetzt erfüllen. Er warf einen Blick zu den beiden Toten. Wie es aussah, machten die Heiden keine Gefangenen.
    Das verschüttete Öl hatte sich um die Leichen gesammelt. Offenbar senkte sich der Boden zur Mitte der Kammer hin ein wenig. Doch mitten durch die Öllachen verlief eine Rinne, nicht viel tiefer als eine Schramme auf der Oberfläche eines polierten Steins. Hatten die Bauern versucht, den
Krug zur Seite zu schieben, weil sie wussten, dass darunter ihre Rettung lag? Waren sie deshalb in diesen fensterlosen Schuppen ohne zweiten Ausgang geflohen?
    Die Rufe und das Klirren der Schwerter an der Tür verstummten abrupt. Erschrocken schaute Anno sich um. Seine beiden Gefährten standen noch. Sie hatten die Sarazenen zurückgetrieben! Zumindest für den Augenblick.
    Anno begann sich gegen den Krug zu stemmen. Langsam, knirschend, bewegte sich das Gefäß und ließ eine rote Spur aus Ton auf dem Felsboden zurück. Tatsächlich hatte der Krug nicht aus Zufall an dieser Stelle gestanden. Unter ihm war eine steinerne Platte verborgen, in die ein eiserner Ring versenkt war. Anno gönnte sich nur einen kurzen Moment, um zu Atem zu kommen, dann hob er die Platte an. Eine schmale steinerne Treppe führte in die Tiefe, ganz wie er erhofft hatte. Vorsichtig machte er ein paar Schritte hinab. Dunkel war es hier, doch meinte Anno auch einen Luftzug zu spüren. Die Treppe schien zu einem zweiten Ausgang zu führen.
    Blieb nur eine Frage: Wer würde den Ölkrug zurückschieben, um den Einstieg zu verdecken, wenn sie durch den Geheimgang flohen?
    Oft hatte Anno sich während ihrer langen Reise gefragt, warum Gott der Herr ihm diese Prüfung auferlegt hatte. Dabei waren es nicht die Gefahren gewesen, die ihm am schlimmsten zugesetzt hatten, sondern die vielen Stunden der Untätigkeit. Während Heinrich und Zenon diskutierten und in ihren Büchern stöberten, während Ludwig über sein Liebesunglück grübelte, war Anno sich vorgekommen wie das fünfte Rad an einem alten Karren. Doch nun erkannte er, dass auch er eine Aufgabe hatte, die größte von
allen, denn er würde den dritten König retten. Und nur er konnte es tun! Die anderen beiden waren nicht Manns genug, die schweren Entscheidungen zu tragen.
    Entschlossen barg er den heiligen Leichnam von dem Sims und trug ihn in den Gang hinunter. Dann nahm er seinen Helm ab und setzte ihn einem der toten Landarbeiter auf. Dem zweiten legte er sein Kettenhemd an. Auch diese beiden waren nicht vergebens gestorben! Sie waren Teil des göttlichen Plans und würden noch im Tod helfen, den König vor den Heiden in Sicherheit zu bringen!
    Die Pferde hatten sich beruhigt. Sein großer schwarzer Hengst stieß ihn mit den Nüstern. Anno strich dem Rappen über den Hals. Er konnte die Angst in den Augen des Pferds sehen. So weit hatte ihn sein Hengst getragen. Vom Rheinland bis nach Jerusalem. Aber es war unmöglich, die Tiere mit in den niedrigen Tunnel zu nehmen.
    Anno trat durch die Tür in den Vorraum. Heinrich und Ludwig kauerten erschöpft neben der Tür. Ihre Schwerter lehnten an der weiß getünchten Wand. Stumm blickten sie zu Anno auf.
    »Die Bastarde haben sich zurückgezogen«, sagte Heinrich. Schweiß glänzte um seine Augen. Das übrige Gesicht blieb hinter Helm und Kettenhaube verborgen.
    Einen Augenblick lang fragte Anno sich, was zwischen Heinrich und Clara vorgegangen sein mochte. Hatte der Ritter seine Tochter vielleicht schon entehrt? Dann sagte er mit fester Stimme: »Traust du dir zu, die Tür eine Weile alleine zu halten?«
    Heinrich nickte. »Sie werden eine Zeit brauchen, bis sie noch einmal angreifen. Hast du einen Plan?«
    »Die Pferde machen

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