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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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in Crema hatte er gelernt, wie man um Häuser kämpfte und sich seiner Haut erwehrte. Langsam zog er die lange, breite Klinge aus der Scheide. Prüfend wog er das Schwert in der Hand. Das letzte Mal hatte er die Klinge am blauen Brunnen auf dem Sinai geführt.

    »Eine schöne Pferdedecke.« Der alte Übersetzer war an die Seite des Falkners getreten. Er streckte die Hand aus und strich über den schweren Stoff. Lupo nickte beiläufig und schob sein Schwert in die Scheide zurück.
    »Gute Arbeit«, lobte der Alte. »Was willst du mit dem Schwert?«
    »Beim nächsten Angriff werde ich der Erste sein!«
    »Beim nächsten Angriff? Salah ed-Din hatte nicht vor, seine Männer noch einmal in den Kampf zu schicken. Wir müssen nur abwarten. Die Staufer haben nichts zu trinken. Ist es nicht klüger, Zeit statt Blut zu vergeuden?«
    »Diese Männer geben nicht auf!«
    »Bist du so ungeduldig, zu deiner Liebsten zurückzukehren?«
    »Mein Weib und mein Kind sind tot.« Lupo hielt inne. »Wer bist du, mir solche Fragen zu stellen, alter Mann?«
    Der Übersetzer des Kriegsherrn strich noch einmal über die Decke und runzelte die Stirn. »Verzeih mir, es war nicht meine Absicht, dich zu verletzen. Aber die Pferdedecke hat mich in die Irre geführt.«
    »Wovon redest du?«
    »Von dem Haar, das deine Frau eingewoben hat. Es ist ein Zeichen der Liebe, wenn man eine Strähne des eigenen Haars in ein Tuch webt, das der andere stets bei sich tragen wird.«
    »Du redest Unsinn.« Lupo beugte sich über die Decke. Was hatte Alime getan? Den ganzen Winter hatten sie in einem Zelt gelebt und kaum ein Wort miteinander gesprochen.
    »Sieh doch selbst, wenn du den Augen eines alten Mannes nicht traust«, entgegnete der Übersetzer. »Das ist keine Wolle, sondern mit Henna gefärbtes Frauenhaar.«

    Ungläubig tastete Lupo über den Stoff. Es war nur eine kleine Stickerei, dort, wo sonst der Sattelgurt über die Decke lief. Bisher war sie ihm nicht aufgefallen. Sie zeigte einen Raubvogel, der sich aus dem Himmel stürzte.
    »Wusstest du nichts von der Liebe der Frau, die diese Decke für dich gefertigt hat?«
    Der Falkner war verwirrt. »Sie hat nie etwas gesagt.« Vom Lagerhaus erklang lautes Wiehern und ein dumpfes Geräusch, als versuchten die Pferde, mit ihren Hufen eine Holzwand einzutreten. Dichter, heller Rauch stieg von der Rückwand des Hauses auf.
    »Bei Allah! Was tun die Ungläubigen da?«
    Ein splitterndes Geräusch erklang, und eine lange Feuerzunge leckte durch die Tür des Lagerhauses. Zwei Pferde, deren Fell in hellen Flammen stand, preschten heraus. Sie rissen den Kopf hoch und schüttelten sich, als glaubten sie, ihren grausamen Schmerz so abwerfen zu können. Nie zuvor hatte Lupo Tiere solche Laute von sich geben hören wie diese brennenden Pferde es taten. Seine eigene Stute riss den Pflock aus dem steinigen Boden, an dem ihre Zügel angebunden waren, und jagte davon in die Wälder.
    Mittlerweile war die Vordertür von Flammen ausgefüllt, die sich fauchend zum Himmel reckten. Eines der brennenden Pferde stürzte und wälzte sich auf dem staubigen Boden, ohne dass die Flammen in seinem Fell erloschen. Das zweite, ein großer schwarzer Hengst, hielt geradewegs auf den Weg zu, der hinauf zum Wald führte.
    Salah ed-Din brüllte seinen Bogenschützen ein Kommando zu. Die Männer hoben die Waffen und zielten auf den Rappen. Schillernd und böse zischend, zogen Pfeile durch die Luft. Der Hengst überschlug sich im vollen Galopp.
Selbst als er gestürzt war, zuckten seine Beine, als wolle er weiterlaufen. Fort von den Flammen.
    Der Falkner war noch ganz gefangen vom Todeskampf des Rappen, als hinter ihm Entsetzensschreie schrillten. Die Bogenschützen, die dem Lager am nächsten standen, warfen ihre Waffen fort und liefen, als sei der Leibhaftige hinter ihnen her. Und tatsächlich spien die Flammen, die in dem Schuppen loderten, eine Feuergestalt aus. Das Schwert noch immer erhoben, wankte ein Mann auf den Hof. Seine Kleider brannten ihm am Leib, doch er schrie nicht. Schwankend machte er noch ein paar Schritte nach vorne, ehe er zusammenbrach.
    Der Falkner packte die zusammengerollte Decke, die vor ihm auf dem Boden lag, und stürmte dem Mann entgegen. Er warf die Decke über den Gestrauchelten und versuchte das Feuer zu ersticken, doch vermochte er gegen die Flammen nicht viel auszurichten. Der staufische Ritter war mehr tot als lebendig. Seine schwarzblutigen Hände umklammerten den Stoff, als wollte er Lupo befehlen

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