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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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so weit die Adda hinabgewandert waren, dass sich keine vermeintlichen Spitzel mehr in ihrer Nähe befanden. Rother empfand die Vorstellung als bedrückend, plötzlich mitten in ein neues Intrigenspiel gezogen zu werden. Viele Männer hatten ihm im Lager zugewinkt oder anerkennend genickt, als er vorübergegangen war. Er galt als ein Held, doch nun wurde er zum Verräter.
    »Ich bin hier, um unsere Schuld bei dir einzutreiben«, erklärte Angelo ruhig.
    Rother betrachtete den Fluss, der im Licht des wolkenverhangenen Nachmittags grau wie altes Blei aussah. Kaum ein Sonnenstrahl brach sich an der trüben Oberfläche, und fast schien es, als habe das Wasser in seinem Lauf innegehalten. »Ich weiß«, sagte er so leise, dass Angelo ihn kaum verstanden haben konnte.

    »Wie man hört, ist unser Friedensangebot gewissermaßen im Wein ertrunken.«
    Der junge Ritter blickte überrascht auf. »Woher weißt du, was passiert ist?«
    Angelo lächelte selbstgefällig. »Nur weil ihr unsere Stadt belagert, und verhindert, dass Brot und Fleisch ihren Weg zu uns finden, heißt das noch lange nicht, dass auch Neuigkeiten den Belagerungsring nicht passieren. Wir wissen sehr wohl, was vor den Toren Mailands vor sich geht. Mein Vater ist sehr enttäuscht von dir. Ich bin hier, um dein Wort einzufordern. Verschaffe mir eine Audienz beim Kaiser!«
    Rother lächelte bitter. »Was glaubst du, wer ich bin?«
    »Ein gern gesehener Gast am Hof von Friedrich«, entgegnete der Lombarde.
    »Ich weiß nicht, wer euer Spitzel ist. Aber wenn euer Mann so gut ist, wie du behauptest, dann muss er dir doch auch gesagt haben, dass ich meinem Lehnsherrn, dem Erzbischof, verpflichtet bin. Ich kann nicht gegen seine Interessen handeln.«
    »Aber gegen die Interessen deiner Lebensretter zu handeln, denen du durch einen Schwur verbunden bist, das erlaubt dir deine Ehre?«
    Rother hob hilflos die Hände. »Was soll ich denn tun? Ganz gleich, wie ich mich entscheide, ich werde zum Eidbrecher.«
    »Höre auf dein Herz als Christenmensch! Ist es ein Verrat, wenn du sinnloses Blutvergießen verhinderst? Denk daran, wie vielen Rittern aus dem Heer deines Kaisers du das Leben retten wirst. Ritter, die dein Herr in einem anderen Krieg vielleicht viel nötiger brauchen wird. Mein Vater sagt, der Friedensvorschlag, den unsere Konsuln unterbreiten
wollen, kommt fast einer Kapitulation gleich. Alles, was dem Kaiser verwehrt wurde, soll ihm gehören, und noch viel mehr. Mit diesem Frieden könnte er sich als Sieger fühlen.«
    Rother sah hilfesuchend zum Himmel. Konnte er den Erzbischof verraten, der die Drei Könige aus ihrem einsamen Gefängnis befreien wollte, um sie in ein Gotteshaus zu schaffen, wie es sich für sie geziemte? »Was ist mit den Heiligen Königen? Sollen sie weiter in der Gruft bleiben?«
    Angelo wirkte verwirrt. »Natürlich nicht. Man wird erkennen, dass ihr Segen auf diesem Frieden liegt, und sie sollen in den Dom gebracht werden, sobald keine Gefahr mehr besteht.«
    Rother zögerte. War er ein Verräter oder ein Held, wenn er einen Frieden begründen half, der gegen die Interessen seines Lehnsherrn war?
     
    »… und als es dunkel wurde, sind die beiden dann zu den Zelten des Pfalzgrafen Konrad hinübergeschlichen.«
    Der Erzbischof nickte geistesabwesend. »Du hast deine Aufgabe gut gemacht, Arnulf. Kehre nun ins Zelt deines Herrn zurück und halte weiter Augen und Ohren offen.«
    Der Junge verneigte sich tief. »Wie Ihr befehlt, Fürsterzbischof.«
    Nachdem Arnulf gegangen war, lehnte sich Rainald weit in seinem hohen Stuhl zurück. Er hatte damit gerechnet, dass Rother einen solchen Verrat begehen würde. Der Junge war zu weich, es mangelte ihm an heiligem Zorn. Wahrscheinlich hatte Rother nie wirklich begriffen, warum Mailand zerstört werden musste. Ein Frieden mit Mailand, gleichgültig, wie hart er für die Lombarden war, wäre eine
Niederlage für den Kaiser. Er wäre der Beweis für alle anderen Unzufriedenen, dass man sich gegen Friedrich erheben konnte, ohne durch den Zorn des Kaisers vernichtet zu werden. Mailand musste für seinen Hochmut fallen, allein schon um ein Exemplum für andere zu sein. Und die Drei Könige … Er konnte sie nur dann aus der Stadt herausholen, wenn sie erobert und geplündert wurde.
    Müde massierte der Erzbischof seine Augenbrauen mit Daumen und Zeigefinger. Wie es schien, ging sein Plan auf, Rother als Köder einzusetzen. Vielleicht würde der Junge ihm ohne sein Wissen helfen, die Stadt schneller zu Fall

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