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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Abend hatte er geahnt, dass sie keinem gewöhnlichen Trupp auflauerten. Insbesondere, nachdem er gehört hatte, dass der Erzbischof höchstpersönlich seine Ritter anführen würde. Und dies ausgerechnet an dem Tag, an dem das geheime Treffen der Mailänder Konsuln mit dem Pfalzgrafen Konrad stattfinden sollte. Rother hatte die ganze Nacht über gegrübelt, wie er eine Botschaft nach Mailand schicken konnte, um de Mandello oder wenigstens den Pfalzgrafen in seinem Feldlager zu warnen. Doch es hatte keine Möglichkeit gegeben.
    Nachdem das Heer vor einer Woche Lodi verlassen hatte, war es in fast ein Dutzend kleinere Gruppen aufgeteilt worden. Der Erzbischof und seine Cölner Ritter hatten ein Lager eine Wegstunde vom Kloster Bagnole entfernt bezogen. Der Kaiser selbst lagerte bei Cerro, und wo der Pfalzgraf Konrad zu finden war, wusste Rother nicht einmal.
    Mit bangem Herzen dachte Rother an die letzte Woche. Seitdem er Angelo zum Pfalzgrafen gebracht hatte, fühlte er sich durch seinen eigenen Knecht Arnulf bespitzelt. Selbst gegenüber seinen einzigen Freunden, Heinrich, Anno und Ludwig, war er misstrauisch geworden. Irgendeiner von ihnen musste etwas gemerkt haben. Wie sonst war es möglich, dass der Erzbischof um das geheime Treffen wusste und den Konsuln eine Falle stellte?
    Und wenn der Erzkanzler auch Spitzel in Mailand hatte? Rother dachte an den großen Brand, von dem Angelo erzählt hatte. In einer einzigen Nacht waren fast alle Lagerhäuser der Stadt abgebrannt, und nun drohte den Lombarden der Hunger. Wenn kein Versorgungszug zur
Stadt durchbrach, würden sie nicht mehr lange durchhalten.
    Die Reiterkolonne war hinter einem kleinen Wald außer Sicht geraten. Sie konnten kaum mehr als hundert Schritt von den versteckten Truppen des Erzbischofs entfernt sein. »Bitte, Caspar, Balthasar, Melchior, helft mir! Lasst die Vorratswagen auftauchen und die Konsuln entkommen. Lasst mich nicht zu einem doppelten Verräter werden!«, flüsterte Rother.
    Wie zur Antwort erklangen hinter dem Wald Geschrei und Waffenlärm. Anno hob den Arm, um ihnen das Zeichen zum Angriff zu geben. Die Ritter setzten ihre Helme auf. Ein Pferd wieherte unruhig. Auch Rother ließ seinen schweren Schild von der Schulter auf den linken Arm rutschen und griff nach der Lanze, die er gegen einen Baum gelehnt hatte.
    Einen Moment lang schien Anno zu zögern. Sein Arm verharrte in der Luft, so als hoffte der Sennberger immer noch, ein Wunder würde geschehen und ein Wagenzug auf der Straße von Mailand her auftauchen.
    Zwei Reiter kamen hinter dem Waldstück hervorgeprescht. Der vordere trug einen himmelblauen Umhang.
    Anno senkte den Arm. »Greift sie euch! Keiner darf entkommen!«
    Die Ritter stürmten aus ihrem Versteck im Wald. Rother fasste seine Lanze fester. »Heilige Könige, vergebt mir«, murmelte er tonlos und gab seiner Stute die Sporen.
     
    Als die beiden Flüchtlinge sie kommen sahen, rissen sie die Pferde herum und versuchten, in den Wald auf der gegenüberliegenden Seite der Straße zu fliehen. Heinrich beugte sich tiefer über den Nacken seines Pferdes. Er gehörte
zu den vordersten Reitern. Die Mailänder würden vor ihnen den Wald erreichen, aber entkommen würden sie ihnen nicht.
    Der Reiter mit dem blauen Umhang drehte sich um. Er schien sich darüber im Klaren zu sein, wie schlecht es um ihn stand.
    Heinrich gab seiner Stute die Sporen. »Vorwärts, meine Alte! Zeig es diesen lombardischen Mähren!«
    Der Abstand zu den Flüchtlingen hatte sich auf weniger als hundert Schritt verkürzt, als Heinrich eine flüchtige Bewegung am Waldrand wahrnahm. Im nächsten Augenblick traten Bogenschützen aus dem Dickicht. Sie hoben ihre Waffen, und plötzlich war die Luft erfüllt vom bösartigen Surren ihrer Pfeile. Ein Geschoss streifte mit metallenem Kreischen Heinrichs Helm und riss dem Ritter den Kopf in den Nacken. Neben ihm strauchelte wiehernd ein Pferd. Männer brüllten vor Schmerz auf. Schon war die nächste Salve in der Luft.
    Heinrich riss an den Zügeln seiner Stute. Ein Pfeil durchschlug seinen Schild, streifte seinen Arm, durchdrang aber nicht das Kettenhemd. Irgendwo hinter sich hörte er Anno schreien. Der Sennberger befahl den Rückzug.
    »Vorwärts!«, brüllte Heinrich und schwang in weitem Bogen das Schwert über dem Kopf. »Die Jagd hat gerade erst begonnen!« Es waren höchstens noch zehn Pferdelängen bis zum Waldrand. Eine Salve noch, dann wären sie über den Mailändern. Entschlossen hieb er seiner Stute die

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