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Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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zu bringen. Doch was sollte er dann mit ihm tun? Für einen Verräter wie ihn gab es keine weitere Verwendung mehr.
     
    »Und Ihr seid sicher, dass die beiden Konsuln gehen wollen, Euer Exzellenz?«
    Erzbischof Obert zuckte so heftig mit den Schultern, dass sein Doppelkinn wackelte. »Geht morgens die Sonne auf? Es gab geheime Verhandlungen mit dem Bruder des Kaisers. Er hat den Konsuln freies Geleit zugesichert.«
    »Die Versprechen der Staufer sind nichts wert! Der Reichskanzler wird nicht zulassen, dass es zu diesem Treffen kommt. Er ist von dem Wunsch besessen, die Stadt zu zerstören!« Lupo der Falkner dachte an das strenge Gesicht des asketischen Cölners und verfluchte sich dafür, ihn nicht erdolcht zu haben, als Gelegenheit dazu war. Gift, das war nicht die Waffe eines Jägers, und Gott der Herr hatte ihn für seine Anmaßung gestraft, indem er seine schützende Hand über die Feinde Mailands hielt.
    Der Erzbischof seufzte. »Gerade weil von Dassel wie besessen ist, können wir keine Möglichkeit außer Acht lassen,
die es uns erlaubt, ohne seine Einmischung einen Frieden zu schließen. Wenn der Bruder des Kaisers sein Wort gibt, so ist dies nicht ohne Gewicht. Der Pfalzgraf Konrad hat Einfluss auf die Entscheidungen Barbarossas.«
    »Aber, Exzellenz, wisst Ihr denn nicht, wie wichtig Anselmus de Mandello für das Volk ist? Er ist der beliebteste unter den Konsuln. Er hat seinen eigenen Sohn ausgeschickt, um Brot für die Armen in die Stadt zu schmuggeln. Auf seinem Tisch steht seit Monaten kein Fleisch mehr. Und seit vor zehn Tagen die Kornspeicher der Stadt niederbrannten, isst er nur noch dünne Suppe. Die einfachen Leute verehren ihn fast wie einen Heiligen.« Lupo warf einen verächtlichen Blick auf die Silberplatte mit kalten Hähnchenkeulen, die auf einem Tisch hinter dem Erzbischof stand.
    Obert breitete entschuldigend die Arme aus. »Was soll ich tun? Es ist nicht jedem gegeben, ein Asket zu sein. Und ich weiß wohl, dass man mich im Volk nicht liebt. Wenn in diesen Zeiten die Gotteshäuser zu klein sind, um alle Gläubigen aufzunehmen, dann liegt es nicht daran, dass das Volk voller Verzückung an meinen Lippen hängt.« Obert verdrehte die Augen zur Decke und schlug ein Kreuz. »Seinetwegen kommen sie. Alle hoffen auf ein Wunder. Und jede Hoffnung wird zerstört sein, wenn Anselmus de Mandello in Gefangenschaft gerät. Deshalb brauche ich dich, mein Falkner. Seit du aus Lodi zurückgekehrt bist, hast du keine Nacht geruht. Niemand in der Stadt kennt die Vorposten der Kaiserlichen so gut wie du. Du weißt, wann die Streifen unterwegs sind, wo man nachlässige Wachen findet und wie man diese Stadt verlässt und wieder betritt, ohne dass diese staufischen Plagegeister etwas bemerken.«
    Lupo runzelte misstrauisch die Stirn. Worauf wollte der
Erzbischof hinaus? »Ihr wisst, dass sich seit einigen Tagen alles ändert. Das kaiserliche Heer hat Lodi verlassen. Sie errichten in weitem Umfeld um die Stadt neue Lager. Und ihre Truppen sind durch Nachschub aus dem Norden verstärkt worden. Es wird mit jedem Tag schwieriger, durch diesen Ring zu schlüpfen.«
    Obert lächelte. »Wir beide wissen genau, dass ein Held wie Anselmus de Mandello Männer braucht, die hinter ihm stehen. Männer mit schmutzigen Händen, von denen das Volk wenig weiß. Aber ohne Männer wie uns würde es keine Helden wie den guten Konsul geben, denn Helden haben den Nachteil, nicht alt zu werden, wenn es niemanden gibt, der auf sie achtet. Das ist der Grund, warum ich dich rufen ließ. Ich erwarte Großes von dir. Etwas, das kein anderer in dieser Stadt vollbringen könnte. Und obwohl dies fast unmöglich ist, muss es in aller Heimlichkeit geschehen.«

9

    Als Heinrich Rothers Zelt betrat, fand er den Jungen auf dem Boden kniend im Gebet versunken. Der bärtige Ritter räusperte sich leise. »Wir müssen gehen, mein Freund.«
    Rother war bereits zum Kampf gewappnet. Er erhob sich langsam und griff nach seinem Schild, der an einem Stuhl lehnte. Der Junge wirkte traurig, ja verzweifelt. Wovor hatte
er nur Angst? Es hieß, dass Spitzel dem Erzbischof Kunde von einem Wagenzug gebracht hatten, der versuchen wollte, aus Mailand auszubrechen, um bei den Verbündeten der Stadt neue Vorräte zu holen. Doch würde es kaum ein richtiges Gefecht geben.
    Heinrich klopfte Rother aufmunternd auf die Schulter. »Mach nicht so ein Gesicht. Du bist in den letzten Wochen im Schwertkampf viel geschickter geworden. Außerdem kannst du darauf vertrauen,

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