Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht

Titel: Könige der ersten Nacht - Hennen, B: Könige der ersten Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
endgültig in der Falle! Und worum kämpften sie noch? Schon kurz nach der Mittagsstunde hatten die Mailänder es geschafft, bei einem Angriff über den Hügelrücken ihre Gefangenen zu befreien. Sie hatten die Wachen überrascht
und niedergemacht, noch bevor der Erzbischof ihnen mit Verstärkungen zu Hilfe eilte. Vielleicht wäre es das Klügste, sich einfach den Mailändern zu ergeben. Doch Rother wusste, Rainald von Dassel würde niemals die Waffen strecken! Und er würde nicht der Erste sein, der sich ergab. Diesen Makel würde er nie wieder vom Wappenschild seiner Familie löschen können.
    Aus den Augenwinkeln sah Rother einen Bogenschützen über sich am Hang. Nicht mehr lange, und die Schützen wären in ihrem Rücken. Es machte keinen Sinn, hier noch länger auszuharren. Wenn er die Speerträger zum Kloster hinaufbrachte, würden sie die anderen Truppen im letzten Gefecht verstärken. Das war allemal besser, als hier unten zu sterben.
    »Wir gehen langsam zurück!«, rief Rother, so laut er konnte. Seit Stunden hatte er nichts mehr getrunken. Immer wieder tanzten ihm leuchtende Lichtpunkte vor den Augen, und jedes Wort schmerzte in seiner ausgedorrten Kehle. Vor über einer Stunde hatten sie ihren letzten Wasserschlauch untereinander aufgeteilt. Auch wenn die meisten seiner Krieger kein Kettenhemd besaßen, so trug doch jeder einen dick gefütteren Gambeson. In der Gluthitze des Nachmittags schwitzten sie sich die Seele aus dem Leib.
    Langsam setzten sich die Speerträger in Bewegung. Rother blieb bei der vordersten Linie, die weiterhin den Feinden zugewandt stand. »Langsam«, sagte er ruhig. »Haltet die Formation. Dreht ihnen nicht den Rücken zu.«
    Erneut fingen die Bogenschützen an zu schießen. Neben Rother stöhnte ein stoppelbärtiger Krieger auf und ließ seinen Speer fallen. Ein Pfeil hatte dessen Gambeson durchschlagen. Dunkles Blut sickerte durch den Riss in der Polsterung.
Mit verkrampftem Gesicht zog der Mann den Pfeil heraus.
    »Hat nur die Haut verletzt, ohne sich tief ins Fleisch zu bohren«, knurrte der Krieger, als er Rothers Blick bemerkte. Wütend schleuderte er den Pfeil zur Seite.
    »Du trittst hinter mich«, sagte Rother entschieden und zerrte Krieger zurück. Er brauchte seine Besten in der ersten Reihe und keine Verwundeten.
    Als sie den Hohlweg verließen, trennten sie noch hundert Schritt vom ersten Gebäude des Klosters. Ein niedriger Schuppen, in dem man einmal Werkzeuge gelagert haben mochte. Wenn die Mönche wenigstens eine hüfthohe Mauer gebaut hätten … Hundert verfluchte Schritt! Gib Gott, dass sie keine Reiter in Reserve halten!
    Ihre Verfolger rückten nun schneller nach. Ohne die Deckung durch den Hohlweg waren seine Speerträger ungeschützt. »Lauft!«, krächzte Rother. Sie mussten das offene Feld so schnell wie möglich hinter sich lassen.
    Ein Teil der Männer setzte sich ab. Sie trugen Verletzte oder waren selber so verwundet, dass sie nur humpelnd vorwärtskamen. Aus den Augenwinkeln sah Rother den Stoppelbärtigen die Arme hochreißen, als wollte er ein Loblied Gottes dem Himmel entgegenrufen. Ein schwarz gefiederter Pfeil zitterte in seinem Rücken. Der Krieger schlug mit dem Gesicht voran auf das Steinpflaster vor dem Schuppen.
    »Zusammenbleiben!«, ermahnte Rother seine Männer. Er ging rückwärts, wagte es nicht, die Lombarden aus den Augen zu lassen. Der größere Teil der Männer blieb dicht um ihn geschart.
    »Sie sind schon an uns vorbei.« Der Mann neben ihm
deutete auf eine Gruppe von Bogenschützen, die über das offene Gelände links von ihnen stürmten.
    »Bildet einen Kreis!«, befahl Rother. Unruhe kam unter den Männern auf. Einige fluchten. Erneut kauerten sie nieder, um hinter ihren Schilden Schutz vor den Bogenschützen zu suchen. Einer der jüngeren Waffenknechte, begann stumm zu weinen. Die Tränen schnitten blasse Bahnen durch sein staubbedecktes Gesicht.
    »Hier kommen wir nicht mehr weg«, murmelte der Mann an Rothers Seite. Wulstiges Narbengeflecht wucherte statt Brauen über seinem rechten Auge. Der Krieger hatte ein hartes, abgehärmtes Gesicht. Gewiss war er ein Veteran vieler Schlachten. Er wusste, wovon er sprach.
    Am Ausgang des Hohlwegs sammelte sich das Mailänder Fußvolk. Hinter ihnen konnte man die ersten Reiter erkennen.
    Da war das Ende, dachte Rother. Das Einzige, was es in seinem Leben noch zu vollbringen galt, war einen ehrenvollen Tod zu finden. »Haltet die Stellung!«, befahl er ruhig. »Wenn wir flüchten,

Weitere Kostenlose Bücher