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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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vorzubereiten.
    Mary machte die Schlafzimmertür zu, holte die Haarbürste aus ihrer Jacke und legte sie auf die Glasplatte der Frisierkommode neben dem Fenster. Sie zog die Jalousie herunter und ging die Instruktionen im Kopf noch einmal durch.
    Der ganze Vorgang würde rund zehn Minuten dauern. An der Tür war kein Schloß; sie schob einen Holzstuhl mit der Lehne gegen den Türknauf aus Messing und Kristall und sah sich hastig nach den Dingen um, die sie noch zusätzlich brauchen würde. Mindestens ein halbes Pfund Stahl, hundertsiebzig Gramm eines hochdichten Kunststoffs und das Schminkset. Sie musterte die Gegenstände im Zimmer prüfend, nahm eine Schale aus rostfreiem Stahl von der Kommode und kam zu dem Schluß, daß es damit gehen würde. Eine Uhr vom Nachttisch, fast ganz aus Kunststoff. Im Schrank fand sie ein altmodisches Schuhregal aus Metallrohren. Sie hob das Schuhregal hoch; mehr als genug.
    Sie stapelte die Sachen auf der Frisierkommode aufeinander, schraubte den Griff der Bürste ab und entfernte eine Plastikscheibe vom hinteren Teil des Bürstenkopfs. Ein kleiner roter Knopf war in dem freigelegten Bereich eingelassen. Sie holte tief Luft und dachte an Ernest. Dann drückte sie auf den Knopf, wobei ihr ein wenig unheimlich zumute war, und legte den Griff und den Bürstenkopf neben den Haufen.
    Eine graue Paste sickerte aus dem Griff, gelenkt von einem Referenzfeld im Bürstenkopf. Wie ein Schleimpudding kroch sie über die Glasplatte, stieß an das Schuhregal, hielt inne und begann zu arbeiten.
    Soulavier hatte ihr eine Stunde gegeben, aber sie nahm an, daß er sie höchstens zwanzig Minuten lang in Ruhe lassen würde, soweit man hier überhaupt von Ruhe sprechen konnte. Was die Diener betraf, war sie nicht so sicher. Sie konnten jeden Moment unter dem einen oder anderen Vorwand versuchen, die Tür zu öffnen, ein alarmiertes Gesicht machen und Sorge um ihre Sicherheit zum Ausdruck bringen.
    Mary legte sich aufs Bett und beschloß, den Wahrheitsgehalt dessen, was man ihr über das Kommunikationsverbot erzählt hatte, einer Prüfung zu unterziehen.
    Sie nahm ihre Tafel und gab eine Anforderung nach direktem Zugang zum LAPD Joint Command ein. Der Sender in der Tafel war stark genug, um die erste Ebene der Satelliten in einer Höhe von dreihundertfünfzig Kilometern zu erreichen; aber wenn man ihr die Wahrheit gesagt hatte, würde sein Signal durch die automatische Störung eines stärkeren gegenphasigen Senders blockiert werden. Sie vermutete, daß Hispaniola sämtliche Kommunikationssatelliten mit solchen falschen, willkürlichen Botschaften überschwemmte; die Satelliten würden die Insel >ausknipsen<, um wieder Ordnung in ihrem System zu schaffen.
    Hispaniola brauchte jedoch bestimmte Satellitenverbindungen, um die wichtigsten finanziellen und politischen Kontakte aufrechtzuerhalten. Es bestand durchaus die Möglichkeit, daß die Behörden die gegenphasige Störung von Zeit zu Zeit aufhoben.
    Auf der Tafel erschien der Text: Verbindung hergestellt. Fahren Sie fort. Sie hob die Augenbrauen. Keine Störung bisher; rechneten sie damit, daß sie so etwas tun würde? ID Check, gab sie ein.
    PD-Kommunikationseinheit Botschaftsregister 3254-461-21-C. Enter. Sie bezweifelte, daß der Sicherheitsdienst von Hispaniola ihre PD-Botschaftsregisternummer hatte, aber wenn sie zuhörten, dann hatten sie sie jetzt. Sie überlegte einen Augenblick, beschloß, vorsichtig zu sein, aber eine mögliche Öffnung auszunutzen, und tippte D Reeve anrufen. Textbotschaft: Werde auf Hispaniola festgehalten. Keine Information über Verdächtigen. Werde gut behandelt. Letzteres für den Fall, daß ihr Erfolg eine List war und sie abgehört wurde. Benutze Geschenk. Was für ein Durcheinander. Dann tippte sie Empfang bestätigen.
    PD Botschaftsregister 3254-461-21-C: Bestätige Empfang der Botschaft an Polizeichef D Reeve.
    Mary runzelte die Stirn. Die Verbindung stand; das ergab keinen Sinn. Sie erwog, etwas in der Richtung zu schreiben, daß man sie herausholen sollte, aber sie zweifelte nicht daran, daß sie ihr Bestes taten. Botschaft fortsetzen. Gehe nach Leoganes außerhalb von Port-au-Prince. Touristenort mit Grotte. Lage äußerst gespannt; möglicherweise Staatsstreich gegen Yardley im Gange. Dominikaner? Überall Militärfahrzeuge auf den Straßen. Empfang des Signals erneut bestätigen.
    Sie warf einen Blick zur Frisierkommode hinüber; eine graue, glänzende Paste überzog sämtliche Gegenstände auf dem Haufen. Sie

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