Königin der Engel
schauen konnte.
Alvarez lächelte und stand auf. »Dr. Burke. Freut mich, Sie wiederzusehen.«
»Ist ein paar Jahre her«, sagte Burke. Sie gaben sich die Hand. Alvarez’ Griff war schlapp.
»Ich kümmere mich gerade um Ihre Finanzierung«, erklärte Albigoni und schaute rasch zu Martin hoch.
Seine Augen waren verhangen und dunkel. »Morgen treffe ich mich mit dem Chefberater des Präsidenten. Ich stehe zu meinem Wort, Dr. Burke.«
»Das habe ich nie bezweifelt«, sagte Burke.
»Ich werde nicht mal fragen, was hier vorgeht«, sagte Alvarez mit einem kleinen Lachen. »Es muß wichtig sein, wenn der Präsident etwas damit zu tun hat.«
»Die Finanzen sind immer wichtig«, erwiderte Albigoni. »Wollten Sie etwas sagen, Dr. Burke?«
Martin schaute einen Moment lang von einem der drei zum anderen. Die Beziehungen und das Geld, um die es in dieser simplen Szene ging, verschlugen ihm die Sprache. Der Berater des Präsidenten. Vielleicht als nächstes der Generalbundesanwalt? Eine Einschränkung der Untersuchungen über die angeblichen Beziehungen des IPR zu Raphkind?
Carol berührte ihn leicht am Arm.
»Der Prozeß hat begonnen«, sagte Martin. »Morgen um diese Zeit wird alles bereit sein. Bis dahin haben wir noch viel zu tun, aber wir können eine Pause machen und uns auf das Hauptereignis vorbereiten.«
»Ich verstehe«, meinte Albigoni. »Mr. Alvarez und ich haben noch einiges zu besprechen.«
Martin nickte. Carol und er zogen sich zurück, und er machte die Galerietür hinter ihnen zu.
»Herrgott, was für eine Arroganz, Alvarez hierher zu bringen«, sagte Martin, als sie die Hintertreppe zum Erdgeschoß hinaufgingen. Er merkte, daß er schwitzte und daß sein Hals verspannt war. »Vielleicht kontrolliert Albigoni den auch.«
»Wenigstens funktioniert er«, sagte Carol. »Albigoni, meine ich.«
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LitVid 21/1 A-Netz (David Shine, Abendreport): »Die einzige neue Nachricht, die wir von AXIS bekommen haben, kann wichtig sein oder auch nicht. Eine kürzlich eingegangene Analyse zeigt, daß mindestens drei der von AXIS auf Alpha Centauri B-2 entdeckten kreisrunden Turmformationen aus Mischungen von Mineralien und organischen Stoffen bestehen. Die Mineralien sind Kalziumkarbonat sowie Aluminium- und Bariumsilikate, und bei den organischen Stoffen handelt es sich um amorphe Kohlehydratpolymere ähnlich der Zellulose, die man im terrestrischen Pflanzengewebe findet. AXIS hat seinen Herren auf der Erde erklärt, daß die Türme seiner Meinung nach möglicherweise gar keine künstlichen Strukturen sind… das heißt, nicht von intelligenten Lebewesen erbaut. Wir haben keinen Hinweis darauf bekommen, wie sie erschaffen worden sein könnten.
Wird es ein Rückschlag, eine Enttäuschung für uns sein, wenn sich herausstellt, daß die Turmkreise auf B-2 natürlichen Ursprungs sind? Haben wir uns in den letzten paar Tagen auf ein neues Zeitalter der Wunder und der Herausforderungen vorbereitet, obwohl es in Wirklichkeit nur falscher Alarm war?
Wie immer hat LitVid 21 – stets an Fragen des ökonomischen Überlebens interessiert – ein Thema gefunden, das für unsere Zuschauer genauso interessant sein könnte… falls sich die Türme als gewaltiger Schlag ins Wasser erweisen.
Seit LitVid 21 Gedichte gesendet hat, die von den auf Protein- und Siliziumbasis arbeitenden Denkern von AXIS geschaffen wurden, interessiert sich unser Publikum zunehmend dafür, was für eine >Persönlichkeit< AXIS hat. Da mit AXIS keine effektive Kommunikation mehr möglich ist – jedes Signal braucht mehr als achteinhalb Jahre hin und zurück –, müssen wir uns an Jill wenden, den fortgeschrittenen Denker, zu dessen Aufgaben die Simulation der Denkprozesse von AXIS hier auf der Erde gehört.
Trotz des weiblichen Namens ist Jill weder männlich noch weiblich. Dem Konstrukteur und Chefprogrammierer Roger Atkins zufolge hat Jill das Potential, ein voll integriertes, ichbewußtes Individuum zu werden. Aber noch ist er/sie/es nicht so weit.«
Atkins (Interviewclip): »Als wir vor rund fünfzehn Jahren mit dem Bau der Komponenten begannen, aus denen später Jill entstehen sollte, dachten wir, daß sich Ichbewußtsein auf einem bestimmten Komplexitätsniveau fast wie von selbst herausbilden würde. Das hat sich als falsch erwiesen. Jill ist viel komplexer als jedes einzelne menschliche Wesen, besitzt aber dennoch kein Ichbewußtsein. Wir wissen das, weil Jill den Humor eines Scherzes nicht erkennt, der speziell dazu erdacht
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