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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Zu weinen, als ob du von allem Leid, das du je erlebt hast, erlöst und gereinigt würdest?«
    Martin schüttelte den Kopf. »Nicht in meinen Träumen«, sagte er.
    »Nun, ich glaube, wir haben sowas ein paarmal in der Landschaft erlebt. Wir arbeiten so eng zusammen, wie Bruder und Schwester oder wie Anima und Animus. Ich glaube, der männliche Teil von mir… paßt sehr gut zu deinem weiblichen Teil.«
    »Das müßte doch gut sein«, sagte er.
    »Ist es auch… solange sie aufeinander zugetrieben werden. In der Landschaft. Aber du weißt, daß sich deine Persönlichkeit in der Landschaft von der unterscheidet, die ich hier draußen vor mir habe.«
    »Das ist unvermeidlich«, sagte er. »Trotzdem, du hast gesehen, wie ich wirklich bin.«
    Sie lachte und schüttelte dann traurig den Kopf. »Das ist nicht genug. Die Überlagerungen. Denk daran. Du weißt so gut wie ich, woraus wir gemacht sind. Wir kennen uns in- und auswendig. Von außen bis ganz tief drinnen, sämtliche Schichten.«
    Das gab er zu. »Aber ich finde nicht, daß sie ein Hindernis sind… deine Überlagerungen, meine ich. Ich behalte die Persönlichkeit, die ich in der Landschaft antreffe, immer im Blick.«
    »Martin, ich habe dich höllisch genervt.«
    Er sah sie erschrocken an. »Ist das nicht…«
    »Ich meine, ich konnte erkennen, daß ich dir wirklich zu schaffen gemacht habe.«
    »Ich dir auch, nehme ich an.«
    »Ja. Wir mochten uns draußen einfach nicht gern. Wir haben nicht den richtigen Dreh miteinander gefunden. Du weißt, ich hab’s versucht. Wir haben’s beide versucht.«
    »Übertragung. Wechselseitige Übertragung«, deutete er vage an.
    »Wir werden wieder zusammen sein«, fuhr sie fort und sah ihn dabei unverwandt und streng an, »und wir müssen gerade jetzt, weiß Gott, absolut in Form sein.«
    Er stimmte ihr mit einem langsamen Nicken zu.
    »Ich habe diese Reibung zwischen uns gespürt«, sagte sie.
    »Keine Reibung. Schwindende Hoffnung«, verbesserte Martin.
    »Ich war sehr realistisch«, fuhr sie fort. »Ich hoffe, du bist es auch.«
    »Oh, so realistisch nun auch wieder nicht«, gestand er seufzend. Er wollte seine Gedanken nicht vor ihr ausbreiten, wollte sich nicht diesem hoffnungslosen Drang ergeben, ihr Mitleid zu erregen, indem er ihr erzählte, wie einsam er im letzten Jahr gewesen war, wie schwer er es gehabt hatte und wie oft er an sie gedacht und dabei von einem Heim, von Frieden und Ruhe geträumt hatte. Unter ihren vielen Überlagerungen hatte Carol eine Sperre, die besonders dann errichtet wurde, wenn sie Mitleid empfand. Trotzdem kreiste er in seinen Gedanken um dieses vergangene Elend wie die Motte um das Licht und erkannte, warum er sich hatte fausten lassen.
    Alles Neue war besser als Selbstmitleid.
    »Meinst du, es wäre falsch, wenn wir wieder zusammen in die Landschaft gingen?« fragte sie.
    »Zu spät, um es sich anders zu überlegen. Du bist das Beste, was ich mir bei einer so kurzen Frist erhoffen kann.« Martin schaute sie an, um zu sehen, ob sie das ein bißchen getroffen hatte. Dann schüttelte er grinsend den Kopf. »Oder das Beste, was ich mir überhaupt erhoffen konnte.«
    »Das ist trotzdem ein Problem.«
    »So ein großes nun auch wieder nicht«, sagte er entschlossen, wobei er das Sandwichpapier sorgfältig zusammenfaltete. »Ich bin ein Mensch. Ich bin mit größeren Enttäuschungen fertiggeworden. Und ich habe nicht wirklich geglaubt, daß wir’s wieder hinkriegen würden.«
    »Nein?« sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Aber ich mußte es versuchen. Laß uns das Thema wechseln. Du bist in Jills Landschaft gegangen. Wie war das?«
    Carol beugte sich vor und schaltete rasch und bereitwillig in einen anderen Gang. Ihre plötzliche Fröhlichkeit und Begeisterung schmerzten ihn; es machte ihr Spaß, über so etwas mit ihm zu reden, auf beruflicher Ebene mit ihm zusammenzuarbeiten und sein Oberflächen-Ich auf diese Weise zu benutzen. Bald würde sie sich in einer tieferen Intimität mit ihm vereinen, als sie jedes Ehepaar erlebte, aber dazwischen würde es nichts geben. Keine ruhige Häuslichkeit. Nichts von dem, was er halb bewußt über die Arbeit hinaus im Kopf gehabt hatte; die stillen Stunden irgendwo in einer Blockhütte Schnee draußen Tafelnachrichten lesen LitVid sehen. Einander in Frieden und Beständigkeit anlächeln.
    »Es war wundervoll«, sagte sie. »Sehr ungewöhnlich, und anders als… eigentlich überhaupt nicht vergleichbar damit, in einen Menschen zu gehen. Jill hat kein

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