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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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voller mütterlicher Zufriedenheit auf Martin Emanuel und voller Traurigkeit auf den weißen, weiblichen Hingabe an Sir.
    Hingabe an Sir war mit dieser Geschichte jedoch nicht zufrieden.
    Mutter, sagte er, warum besucht Sir meinen Bruder Martin Emanuel nicht im Schlaf und tut mit ihm, was er mit mir tut?
    Erzulie verbarg ihr Gesicht vor Scham, denn sie konnte Sir nicht davon abhalten, zu ihrem eigenen Sohn ins Bett zu steigen.
    Das muß so sein, sagte sie, um unsere Ehe zu erhalten: daß ich meinen Kopf abwende und daß du unter ihm tapfer bist. Du mußt deine Pflicht tun.
    Dann ließ Erzulie die Zwillinge, die jetzt Marassa genannt wurden und sehr heilig waren, allein am Strand zurück, um ihre wunderschönen Schiffe zu bauen.
    In dieser Nacht kam Sir ins Schlafzimmer von Hingabe an Sir und nahm erneut sein eigenes Kind. Nachdem er fort war, kroch Hingabe an Sir ins Zimmer von Martin Emanuel und sagte: Ich habe genug. Ich muß jetzt sterben, um die Schmach zu vergessen.
    Aber Martin Emanuel sagte: Nein, ich bin es, der sterben muß. Ich werde hohl, und du füllst mich aus. Wir werden beide eine schwarze Haut haben, aber du, weiß und weiblich, wirst in mir sein. Bevor ich sterbe, mußt du eins von mir nehmen.
    Und was ist das, Bruder? fragte Hingabe an Sir.
    Du mußt meine Sangeskunst nehmen und von unseren Träumen, unserer Geschichte und unserem Kummer singen.
    Das werde ich tun, mein Bruder, sagte Hingabe an Sir.
    Also küßte Martin Emanuel seinen Zwillingsbruder, gab ihm seine Sangeskunst und starb. Sein Körper wurde hohl wie der schwarze Stumpf eines toten Baumes. Sein Bruder stieg hinein, legte die Haut um sich herum und verschloß sie, damit keiner erfuhr, was geschehen war.
    In der nächsten Nacht ging Sir ins Schlafzimmer von Hingabe an Sir und fand es leer. Da ging er ins Schlafzimmer von Martin Emanuel und brüllte seinen Zorn heraus. Wo ist dein Bruder?
    Ich weiß es nicht, sagte der neue singuläre Marassa.
    Aber du mußt es wissen. Ihr seid Zwillinge. Ich ziehe den anderen vor, aber wenn sich der andere mir verweigert, dann nehme ich dich.
    Der einzelne Marassa verspürte einen unbändigen Zorn, weit stärker als alles, dessen Sir fähig war. Er sprang vom Bett und schrie: Ich werde das Messer aus der Scheide an deinem Gürtel nehmen, mein Vater, dein eigenes langes, dickes Stahlmesser mit der breiten Klinge, weiß wie Silber, und ich werde dich töten!
    Denk daran, ich bin bereits gestorben, und ich bin dein Vater, der dich erschaffen hat, sagte Sir, aber sein Schuldgefühl und seine Furcht ließen ihn vor dem Marassa zurückschrecken. Soviel kleiner und schwächer wurde Sir bei der Erinnerung an seine Sünden, daß der Marassa ihn von hinten packen, das große Stahlmesser nehmen und ihm den Hals von einem Ohr zum anderen durchtrennen konnte.
    Doch Sir konnte immer noch nicht sterben. Er fiel zu Boden, und dickes schwarzes Blut quoll aus ihm heraus; es bildete einen See, dann einen Fluß, der Fluß strömte zum Meer und verdunkelte es, und das Meer ließ die Wolken so dicht wie Raben aufsteigen, und die Wolken weinten schwarz wie Regen. Marassa der Singuläre sah, was er getan hatte, und er warf das Messer so weit ins Meer hinaus, wie er konnte. Dann lief Marassa vor dem Kummer des Volkes von Guinée Sous Dleau und von dem Wehgeschrei seiner Mutter Erzulie davon.
    Doch wohin Marassa auch ging, die Stimme von Sir folgte ihm und sagte: Mein Verbrechen war schlimm, aber deines ist noch viel schrecklicher. Du kannst mich nicht töten. Ich habe dich erschaffen. Ich bin in alle Ewigkeit hier.
    Weiß wie die Zeit.
    | Mein Gott, ich hab’s gefühlt. Es hat mich vergewaltigt.
    | Carol, ich bin hier.
    | Hol mich hier raus.
    | Kannst du deinen Werkzeugkasten sehen?
    | Ich kann überhaupt nichts sehen. Martin?
    | Ich bin ja da.
    | Es hat mich vergewaltigt, Martin.
    | Ich weiß. Ich war dabei, glaube ich…
    | Ich war ein Kind und lag im Bett, und es kam in das dunkle Zimmer und…
    | Schon gut. Kannst du irgendeinen Teil des Werkzeugkastens sehen, die Reißleine vielleicht?
    | Ich sehe gar nichts.
    | Ich glaube, ich sehe was. Mal schaun, ob ich rankomme.
    | Martin, ich spüre dich.
    | Ich hab irgendwas zu fassen gekriegt. Die Reißleine ist es nicht. Es ist mein Werkzeugkasten. Kannst du deinen sehen?
    | Ich sehe was Rotes.
    | Das ist er. Schau hin. Konzentrier dich darauf.
    | Oh Gott, tut das weh. Ich hab das Gefühl, als würde ich bluten. Martin, ist das mein Blut, das Rote?
    | Konzentrier

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