Königin der Engel
Körper rund neunmal wieder zusammenflicken können, bevor eine tödliche Unheilbarkeit auftritt. Neun Leben. Wie Katzen.«
»Ah.« Willow schaute drein, als ob ihm ein Licht aufgegangen wäre. »Ist einer von euch schon mal… zusammengeflickt worden?« Er machte ein langes Gesicht, als er Marys leises Grinsen sah.
»Nur Mary«, erklärte Sampson. »Aber freiwillig, nicht, weil es nötig war.«
»Tut mir leid«, sagte Willow.
»Nada.«
»Ist eine tolle Transformation«, fuhr Willow fort und ritt sich immer tiefer hinein. »Wirklich… toll.«
»T Willow kommt aus einer christlichen Technikerfamilie aus dem Süden«, sagte Sampson zur Erklärung.
»Im Süden kriegen wir nicht oft Transformierte zu sehen«, sagte Willow.
»Du brauchst dich nicht zu entschuldigen«, sagte Mary. »Aber weil ich schick sein wollte, habe ich jetzt nur noch acht Leben.« Schick. Auf die schnelle Tour.
Willow dachte darüber nach und nickte ernst. »Wann setzen wir unsere Helme auf?«
»Im letzten Moment, in der endgültigen Position. Uns ist seit drei Jahren kein PD mehr bei einem Selektor-Jiltz zu Boden gegangen«, antwortete Sampson. »Wollen wir hoffen, daß Origund immer noch meint, wir wären im Grunde vom gleichen Schlag.«
Sie hoben alle gleichzeitig den Kopf, als die Stimme des Jiltzleiters in den Kopfhörern ertönte. Sie sollten einen Horchposten einrichten und warten, bis andere Abschnittsgruppen die beiden unteren Etagen des Dominiums vollständig umzingelt hatten. Vom Gericht genehmigte Nanobeobachter und -lauscher waren in die Kanalisation und das Gemäuer des Dominiums geschickt worden; mikroskopisch klein, außerordentlich effizient und nur mit sehr ungewöhnlichen Mitteln zu entdecken.
»Kann sein, daß wir hier sogar ein Bild kriegen«, meinte Sampson.
»Kopf hoch, Vidfans«, sagte Willow. Alle drei erhielten Anweisung, in die nächste Position vorzurücken.
Sie drängten sich in den Arbeiteraufzug, wobei sie sich bücken mußten. Sampson gab einen PD-Kontrollcode ein, und der Aufzug brachte sie ohne zu protestieren auf die ihnen zugewiesene Etage.
Das Dominium lag im äußersten Wohnbereich des Combs. Es schien in einer herausgemeißelten zellularen Höhlung von fast dreißig Meter Durchmesser zu schweben. Die erste Etage des Dominiums führte auf einen schattigen, grün bewachsenen Gehweg mit plätschernden Wasserfällen und echten Vögeln hinaus, die in verzierten Messingkäfigen auf Sitzstangen schliefen. Die zweite Etage war abgeschlossen; von einer Glaswand aus hatte man durch eine Lücke zwischen den Comb-Spiegeln einen schwindelerregenden Ausblick auf das nördliche Los Angeles. Die dritte Etage war durch eine schmale Brücke ohne Geländer, die für den Arbeiter-Service gedacht war, mit einem privaten Dachatrium verbunden.
In der Nähe der geländerlosen Brücke in der dritten Etage, die um das Dominium herumführte, war eine Nische für Wartungsarbeiter, die sich als Versteck anbot. Nachdem sie ihre Helme auseinandergefaltet und aufgesetzt hatten, schalteten sie ihre Tafeln auf verwürfelte Horchfrequenzen, die als Maschinengeschnatter getarnt waren, um nicht entdeckt zu werden.
»Diese Typen müssen tro Platin sein«, sagte Willow sehnsüchtig, als sie in der Nische kauerten. Mary fand ein sauberes Bord und setzte sich, wobei sie ihre langen Beine zum Lotussitz verschränkte. Willow betrachtete sie mit offener Bewunderung und Interesse am Neuen.
»Anwaltscorps und Jobs in der Politik«, sagte Sampson. »Belohnungen für die Puzzlestücke.« Unter PDs war ›Puzzlestück‹ ein herabsetzender Slangausdruck für jeden, der Gesetzeslücken für sich nutzte.
»Wie können sie Direktoren oder andere Leute foltern, wenn sie sich selbst in irgendwelchen Löchern verstecken?« fragte Willow.
»Du solltest Wolfe Ruller lesen«, sagte Mary, »wenn du dich wirklich für die Philosophie der Selektoren interessierst.«
»Wäre wohl angebracht, ja.«
»Sowas wie ›Soziale Antikörper besetzen die molekularen Räume, die sonst von gesellschaftsfeindlichen Elementen benutzt werden würden‹«, erklärte Sampson.
»Also wirklich, Robert«, tadelte ihn Mary. Sampson war intelligent, aber nicht gerade für seine literarische Bildung bekannt.
Sampson grinste jungenhaft. »Mach ich doch alles nur, um dich zu beeindrucken, M Choy.«
»Ich bin beeindruckt.«
»Ich werde mal bei Ruller nachlesen«, sagte Willow ernst. »Steht er in der PD-Bibliothek?«
»Wahrscheinlich ist er jetzt gerade sogar in deinem
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