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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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blauäugige Langanzug bestellte ein Transportmittel für sie, und ein klobiges weißes Taxi kam auf einer Leitspur angefahren. Diese Taxis konnten sich in die meisten Schnellstraßen der Combs einfädeln und sich an den Antriebsschienen entlang in drei Dimensionen bewegen. Automatisch, ein Comb-Monopol, nicht betroffen von dem Gesetz, das kürzlich in der Stadt verabschiedet worden war; keine Aufzeichnungen. Wohin Comb-Bürger fuhren, ging nur sie etwas an.
    Nachdem er seine Karte eingesteckt hatte, konnte der blauäugige Langanzug dem Taxi sagen, was es tun sollte, und er befahl ihm, die Fenster undurchsichtig zu machen und die Comb-Karte auszuschalten. »Wir sind gleich da«, sagte er. »Ernest hatte recht, M Choy. Sie sind wirklich sehr amüsant.«
    Sie hatte keine Schwierigkeiten, ihm in die Augen zu sehen. Er hielt ihrem Blick lange genug stand, um zu beweisen, daß der Wettkampf kindisch war, dann wandte er sich ab. Das Taxi hielt, und sie stiegen in einem Servicekorridor hinter den Wohnungen aus. Die Adressen waren mit orangeroter Leuchtfarbe übersprüht worden. Ein Blick aus einer entfernten Belüftungsöffnung sagte ihr, daß sie ungefähr einen Kilometer hoch waren, und zwar an der Westwand des Combs, die auf den blauen Pazifik hinausging. Da die Comb-Segmente Tag und Nacht hin und her rotierten, konnte sie keine Schlüsse aus ihrer gegenwärtigen Position ziehen. Außerdem hatte sie der Abmachung zugestimmt und würde sich daran halten; sie brachte es jedoch einfach nicht über sich, diese Herausforderung zu ignorieren.
    »Hier entlang, bitte.« Der Langanzug ging zu einer Hintertür, und diese schwang auf. Im Innern waren drei Schwarze: zwei Männer, einer davon ungeheuer fett, der andere kleiner und muskulöser, mit einem Stiernacken und dem Gesicht eines kleinen Jungen; und eine Amazone von einer Frau. Sie saßen lässig hingegossen vor einem breiten Panoramafenster, das nach Nordwesten ging; die winzigen, zu Haufen geordneten Lichtergalaxien unter West-Comb Zwei und dem Canoga Tower waren in der kühlen, stillen Spätabendluft klar zu sehen.
    Die große, athletische, gutaussehende Frau stand auf. Ihre Haare waren ganz kurz geschnitten, und die breiten Schultern waren in ein handgearbeitetes, flammend rotes und gelbes Kattunkleid drapiert, das ihr lose und anmutig bis auf die Füße hing. Der blauäugige Langanzug küßte sie auf eine Wange. Erneut wurde keiner dem anderen vorgestellt.
    »Sie haben Fragen«, sagte die Frau mit beißender Verachtung. »Wir langweilen uns. Heitern Sie uns heute abend auf. Wie wir gehört haben, ist Ernest ein großartiger Künstler und wird zum Dank für unsere Zusammenkunft mit Ihnen ein Stück für unsere Sache stiften.«
    Mary ließ den Blick durchs Zimmer schweifen und lächelte zögernd. Ernests Findigkeit beeindruckte sie mit jedem Monat mehr. »In Ordnung«, sagte sie. »Sie kommen aus Hispaniola?«
    »Sie will etwas über Colonel Sir erfahren«, sagte die große Frau zu ihren Kameraden. »Sagt ihr, was ihr wißt.«
    »Wegen Colonel Sir ist Hispaniola nicht mehr unsere Heimat«, sagte der ungeheuer fette Mann. Er trug einen graubraunen Kattun-Langanzug, der urban und tropisch zugleich war. »Sagen Sie das Ihrer Missy.« Er machte Ernest ein Zeichen, es Mary weiterzusagen, als ob sie simples Englisch übersetzt bekommen müßte. »Der Glaube ist schwach, die Schreine werden mißachtet; wie alle anderen tut Yardley so, als ob er Baron Samedi wäre, aber er ist es nicht. Wir dachten, er wäre ein noir blanc, ein schwarzer Weißer, ein Weißer, der tief drinnen schwarz ist, aber er ist ein blanc de blanc, durch und durch weiß, und jetzt ist Hispaniola blanc.« Der fette Mann schürzte erneut abschätzig die Lippen.
    »Diese Frau ist nicht schwarz«, sagte er nüchtern zu Ernest und der großen Frau. »Warum will sie schwarz aussehen? Sie hält niemanden zum Narren.«
    Ernest grinste Mary an. Ihm machte die Sache Spaß. »Die Farbe gefällt ihr nun mal.«
    »Sie sagen, es gibt keinen Glauben auf Hispaniola«, sagte Mary. »Erklären Sie mir, warum nicht.«
    »Als Yardley kam, hatten die blancs in Kuba uns seit fünf Jahren unterdrückt. Fünf Jahre lang haben sie sich um die Insel gestritten und die Houngans getötet, die Honfours verbrannt und die Loas verbannt. Sie wußten, wo die Macht liegt, wem die Völker folgen. Als ob man einen Ameisenhaufen zerstören wollte. Dann, gelobt seien die Himmel! – wie es immer geschieht, erhob sich ein General aus dem Innern, ein

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