Königin der Engel
Maschinenbilder. Folglich waren die Gehandeten im großen und ganzen reich genug und hatten ausreichend Freizeit, um zu tun, wozu sie gerade Lust hatten, ob sie nun zum Sprung in den Eloi-Status ansetzen und sich auf endlose juristische Kabbeleien mit dem PD und den Gerichten einlassen oder sich in experimenteller Politik engagieren wollten.
West-Comb Zwei war das Domizil einiger der seltsamsten Therapierten und Natürlichen in LA. Jede Stadt brauchte solche Leute, selbst eine, deren Elite destruktive Exzentrik scheute. Manager von Arbeitsvermittlungsagenturen liebten es, ihr Image als Makler im Langanzug abzulegen, indem sie sich mit den Gehandeten und anderen therapierten und natürlichen Extremen zusammentaten.
Mary Choy hatte bereits mit ziemlich vielen Bewohnern dieses Combs zu tun gehabt, besonders in ihren ersten Jahren beim PD. Anfänger wurden hier oft den Comb-Streifen zugeteilt, weil die Arbeit hart, die Anforderungen enorm und die physischen Gefahren minimal waren. Darüberhinaus hatten diese Comb-Bürger beträchtlichen Einfluß auf die Regierung; der Umgang mit ihnen erforderte Zartgefühl und Diplomatie.
Wenn sie es nicht bereits gewußt hätte, hätte sie geahnt, daß Ernest sie zum West-Comb Zwei schicken würde; sie wollte die Möglichkeit, daß Goldsmith selbst dort versteckt gehalten wurde, noch nicht ganz ausschließen.
Ernest erwartete sie im ersten Fuß des Combs auf einer zehn Hektar großen Esplanade beim unteren Wasserspeicher. Er saß an einem Tisch am Wasser und sah zu, wie von Scheinwerfern angestrahlte Fontänen abstrakte und phantastische Formen annahmen; an diesem Abend duplizierten sie die gleichmütigen dunklen Turmbilder, die man in den AXIS-Übertragungen zu sehen bekam.
Drei Männer in Langanzügen saßen um Ernest herum, allesamt Comb-Bürger, alle leicht transformiert. Für Mary sahen sie wie hochrangige Agenturmanager aus. Sie schienen ziemlich normal zu sein, aber ihr Instinkt und ihr Einfühlungsvermögen sagten ihr, daß ihr Innenleben ein Labyrinth aus Spezialanfertigungen war. Spitzenkandidaten für die legale Dreihundert-Jahre-Verlängerung; vermutlich Eloi. Höchstwahrscheinlich besaßen sie geistige und physische Erweiterungen. Merkwürdigerweise war ihr angesichts dieser Vielfalt von Transformierten unbehaglich zumute. Sie würde in ihrem ganzen Leben nicht so viel Geld verdienen, wie diese Leute in einem Monat anhäufen mochten.
»Keine Namen«, sagte Ernest statt einer Vorstellung. »Darauf haben wir uns geeinigt.«
»Einverstanden.«
Einer der Männer hob eine handtellergroße Sicherheitstafel und las die PD-Ausrüstung ab, die sie dabeihatte. »Deaktivieren Sie das alles und geben Sie es uns, bitte.« Sie nahm ihr Reverstelefon und die Kamera ab. Der Mann nahm beides und sah ihr aus einer Entfernung von wenigen Zentimetern forschend ins Gesicht. Seine Augen waren eisblau, ein verblüffender Kontrast zu seiner glatten braunen Haut. »Prächtige Arbeit. Sie haben keine Erweiterungen. Wenn Sie bei uns mitmachen und Ihre Zeit nicht beim PD verschwenden würden, könnten Sie alles ändern, was Sie nur wollten. Alles.«
Mary zweifelte nicht daran. Manager von Arbeitsvermittlungsagenturen hatten jedoch in vieler Hinsicht weit weniger Spielraum als Manager anderer Kategorien; ihre finanziellen Leistungen wurden wöchentlich begutachtet. Der Verschleiß an Topmanagern betrug in jeder gegebenen Dreijahresperiode mehr als ein Drittel. Sie hatten kein leichtes Leben. Wie konnten diese hier also den Schein wahren und radikale Spielchen machen, indem sie Illegalen von Hispaniola Zuflucht gewährten? Irgendwas stimmte hier nicht.
Der Blauäugige löste sich von seinen beiden Kameraden und winkte über die Schulter hinweg mit dem Zeigefinger. Ernest und Mary sollten ihm folgen. Mary warf einen raschen Blick zu den beiden anderen zurück und sah, daß einer von ihnen jetzt eine Frau war. Verärgerung mischte sich mit wachsender Besorgnis. Sehr teure Täuschungsmanöver waren ausgeführt worden. Teure und illegale; sie hätte damit rechnen müssen.
Wahrscheinlich waren sie überhaupt keine Comb-Bewohner, ja, vielleicht nicht einmal Leute von der Westküste. Auf einmal roch sie den schmutzigen Osten, Raphkind-Flüchtlinge, Krumen von dem verdorbenen Fest. Sie konzentrierte sich auf den Blauäugigen, ohne Ernest die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Ihm machte das nichts aus. Er hatte sie gewarnt, und er hatte recht gehabt; sie würde sehr vorsichtig sein müssen.
Der
Weitere Kostenlose Bücher