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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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ja sehr merkwürdige Freunde.«
    »Freunde von Freunden von Freunden«, sagte Ernest. »Irgendwie hab ich den Eindruck, daß das nicht gerade die typischen therapierten Durchschnittsbürger sind. Ich kenne keinen von denen. Wie kommen die zu einer Wohnung in einem Comb? So böse und so radikal, na klar – die sind nicht ganz normal!« Er lehnte sich an die Liftwand, immer noch lachend. »Wollten uns nicht mal ein Taxi nach unten spendieren. Hast du bekommen, was du wolltest, Mary, mein Schatz, einen Abend beim Abschaum des alten Regimes?«
    »Meinst du, die sind auch aus dem schmutzigen Osten?«
    »Muß wohl so sein, oder? Schreckliche Leute mit Sonderprivilegien… Die gehören nicht hierher. Sogar ich sage das, und ich mag die Combs nicht! Hast du nun bekommen, was du wolltest?«
    »Eine Bestätigung«, sagte Mary. »Goldsmith ist wahrscheinlich in Hispaniola.« Sie aktivierte ihr Reverstelefon und hoffte, daß die privaten Comb-Transponder zu dieser nächtlichen Stunde nicht mit jugendlichem Geschwätz überlastet waren. Sie hinterließ eine Nachricht für R Ellenshaw und für D Reeve. Ich fliege nach Hispaniola. Bitte prüfen Sie die Arrangements und teilen Sie mir mit, ob die Genehmigungen vorliegen und ob das Bundesamt seine Unterstützung zugesagt hat.
    Dann nahm sie Ernests Hand. »Was machst du heute nacht?«
    Er beugte sich auf den Zehenspitzen vor und küßte ihre Augenbraue und die Schläfe. »Liebe mit meinem Comb-Schatz«, sagte er. Sie lächelte und hob seine Hand hoch, um die nanowunden Finger zu küssen.
    »Du mußt wirklich besser aufpassen mit deinen Werkstoffen«, ermahnte sie ihn und strich mit den Lippen über die Narben.

Der stillste Augenblick vor dem Sturm
Leiber im Bett, befriedigt wir zwei.
Was gab ich dir, was bekamst du von mir
Daß wir das Picken des Raben nicht hör’n,
Der verfluchten Taube gespenstischen Schrei?
     
23
     
    Grausamkeit. Richard nahm Nadines Tränen nicht leicht. Als sie zurückkam, beachtete er weder ihre Worte noch ihre Tränen, aber sie brannten in ihm, denn diesmal hatten er und seine Lage ein starkes Schuldgefühl in ihr geweckt und ihm eine Macht gegeben, die er bis jetzt nicht gekannt hatte.
    In der vergangenen Nacht hatten sie sich geliebt. An diesem späten Abend, während das Papier nach der Unterbrechung wartend dalag und die Worte noch in ihm waren, nahm er sie ungeduldig ein weiteres Mal, suchte so etwas wie Erlösung von beiden Leidenschaften und fand nur eine nervöse Erschöpfung.
    »Bitte verzeih mir, daß ich dich vorhin verlassen habe«, sagte sie, als die Hitze verglüht war und die Uhren lautlos auf dreiundzwanzig Uhr vorrückten. »Ich hatte Angst. Es war nicht deine Schuld. Es ist Goldsmith. Er bringt das auf uns alle herab. Warum finden sie ihn nicht und machen irgendwas mit ihm?«
    Meinte sie festnehmen und therapieren oder festnehmen und foltern? Vielleicht hatten sie es ja schon getan. Vielleicht lag Goldsmith in diesem Augenblick unter einer Klammer und erlebte in einem lebhaften Traum einen Nachtmahr emotionaler Qualen, die aus den Brunnen seiner eigenen Vergangenheit heraufgeholt wurden. Erst emotionale, dann körperliche Qualen. Nur ein paar Sekunden oder Minuten lang, oder in Anbetracht der Ungeheuerlichkeit seines Verbrechens für ihn vielleicht eine Stunde, nur eine Stunde für acht Tode. Richard wußte nicht, ob er wollte, daß es wirklich so war. Konnte er das tatsächlich jemandem wünschen und damit gutheißen, was die Selektoren und ihre Nachahmer taten?
    Es hieß, daß die Therapie jenen, die unter der Klammer gelegen hatten, nichts bedeutete. Sie machten ihre eigene Art von Therapie durch. Es hieß, daß die Selektoren dank neuer technischer Entwicklungen in einen Menschen hineingreifen und jene am tiefsten verborgene Persönlichkeit anlocken und herauszerren konnten, die tatsächlich die Übeltaten begangen hatte und normalerweise inaktiv und teilnahmslos blieb, während der arme Kerl bei vollem Bewußtsein die ganzen Schmerzen litt; so würde jener Teil von Goldsmith leiden, der während der Morde tatsächlich die Zügel in der Hand gehabt hatte, und nicht nur der Mann, der gegenwärtig das Pferd ritt. Und dieser Teil von Goldsmith – der Killer – würde nicht mit dieser Erinnerung an die Schmerzen leben wollen, er würde sich selbst wegsäubern und den Rest unversehrt lassen, mit einem blinden Fleck von einer Stunde, dem Entsetzen und wenig mehr…
    So hieß es.
    »Schon gut. Sei still«, sagte Richard. Er hatte laut

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