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Königin der Engel

Königin der Engel

Titel: Königin der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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könnten.
    »Bis dahin sind wir verheiratet. Du wirst mich beschützen.«
    Mary kaute und sah ihn aufmerksam an. Sie schaute weg und blickte ihn dann mit einem langsamen Zwinkern erneut an. »In Ordnung«, sagte sie.
    Ernests Mund klappte auf.
    »Iß!« befahl sie. »Ich kann’s kaum erwarten, was zu sehen zu kriegen.«
    »Du willst mich heiraten?«
    Sie lächelte. »Iß!«
    Der Tag draußen war klar und warm. Im Osten hingen Winterwolken, die nicht von der Stelle kamen, und weit im Westen löste sich der Strandnebel auf. Ernest trug einen förmlichen Anzug und hatte seine langen Haare zu Zöpfen geflochten. Mit seiner Tafel und einem tragbaren Nano-Controller in der Hand führte er sie über den rissigen Bürgersteig zum Rinnstein, wo eine lange schwarze Limousine wartete.
    »Sowas kannst du dir leisten?« fragte Mary, während sie ins geräumige Innere schlüpfte.
    »Für dich ist mir nichts zu teuer.«
    »Ich steh nicht auf Dramatik«, warnte ihn Mary.
    »Mein Schatz, dieser ganze Tag wird ein einziges Drama werden. Du wolltest was sehen.«
    »Das schon, aber…«
    Er legte ihr einen Finger auf die Lippen, um ihren Protest zu ersticken, und nannte der Steuerung der Limousine eine Adresse im Schatten, im früheren Stadtzentrum. »Bunker Hill«, erklärte er Mary. »Eine meiner Lieblingsgegenden.«
    Die Limousine beschleunigte zügig auf der Straße ohne Leitsystem, kam zu einem alten dreistöckigen Freeway, rollte auf eine Leitspur und brachte sie durch den Schatten zur alten Innenstadt. Ernest nannte ihr die Namen der alten Gebäude von Los Angeles, die Mary häufig nur allzugut kannte. In ihrem zweiten Semester als PD-Anwärterin hatte sie in diesem großen Zinken viel Zeit zugebracht.
    »Früher ist der Pasadena-Freeway hier durchgegangen«, sagte Ernest. »Sie haben ihn umgegraben, als ich noch klein war, und achtstöckige Leitstraßen draufgesetzt.« Ernest war vier Jahre älter als Mary. »Damals ist die ganze Hügelgegend runtergekommen. Es sind die Leute, die ihr so merkwürdig findet, die Schatten-Techkünstler, die wieder was aus ihr machen… Nicht daß wir je mit den Combs gleichziehen werden.«
    »Wollt ihr’s denn nicht mal versuchen?«
    »Tun wir ja«, nickte er. »Aber gestatte mir wenigstens einen unbeholfenen Versuch, bescheiden zu sein.«
    Die Limousine setzte sie vor einem hohen roten Hotelvordach ab. >Bonaventure< klebte in unregelmäßigen Goldbuchstaben an den Seiten der Markise. Dahinter war jedoch keine Tür mehr; sie war von einer Platte aus etwas Steinähnlichem ersetzt oder vielleicht auch verschlungen worden, das Mary als aktiviertes architektonisches Nano identifizierte.
    »Mein Konsortium hat die Hochhäuser vor zwei Jahren gekauft«, erklärte Ernest. »Mir gehört ein Vierzigstel. Wir haben das Nano entwickelt und eine Lieferfirma beauftragt, es zu füttern. Es strukturiert das Gebäude von Grund auf um. Am Ende wird es den alten Stahl auflösen und reines Nanowerk an seine Stelle setzen… Der abgedrehteste Studio-Galerie-Komplex im ganzen Schatten-LA.«
    Mary stieg aus der Limousine. Ernest half ihr wie ein echter Kavalier. »Ich hätte es dir lieber erst gezeigt, wenn es fertig ist«, sagte er, »aber vielleicht ist es so interessanter.«
    Sie trat unter der Markise hervor und schaute zu zwei riesigen Zylindern aus grauschwarzem Nano hinauf, die stumm und reglos unter dem blauen Himmel standen.
    »Das alte Glas ist schon weg. Wir mußten sechs Monate auf die Destruktionsgenehmigungen warten. Jetzt bestehen die Dinger bloß noch aus altem Stahl, Verbundstoffen und Nano-Proschinen. Proteinmaschinen. Möchtest du sie sehen? Wir haben sichere Laufstege, und die Innenräume oben sind zum Teil bereits fertig.«
    »Geh vor«, sagte Mary.
    Ernest richtete seinen Controller auf die blanke Platte, und ein kleines Loch entstand, das sich rasch ausdehnte und zu einem groben Eingang wurde. Die Ränder des Eingangs vibrierten in schwindelerregendem Tempo. »Nicht anfassen«, warnte Ernest. Er ging vor ihr her durch einen engen Tunnel. Die Wände summten wie ein Bienenstock. »Sie sind so heiß, daß man sich dran verbrennen kann. Wir mußten eine Lizenz zur Benutzung von Brauchwasser beantragen, und dann stellte sich raus, daß sich das am besten geeignete Nano nicht so gut mit Wasser vertrug. Wir fanden eine Möglichkeit, wie es sich selbst kühlen konnte. Wir sparen uns das Wasser für spätere Nanovarianten auf, für die spätere Feinarbeit.«
    Mary nickte, aber sie wußte nur sehr wenig

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