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Koenigin der Meere - Roman

Titel: Koenigin der Meere - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Doubek
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seiner Kajüte und ließ den Damen den Vortritt. Die Frauen an Land zu lassen, bedeutete einen Zeitverzug, den er sich nicht leisten wollte. Ein Verbot auszusprechen war nicht klug, es hätte die bis dahin ausgezeichnete Stimmung seiner Passagiere ruiniert. De Vevre fand eine andere Lösung.
    »Medames, ich will Sie nicht erschrecken, aber Hispaniola ist nicht nur berühmt für seine ausgezeichneten Orangen und Zitronen. Auf der Insel wimmelt es von allerlei Getier, dessen Biss wohl nicht tödlich, aber doch höchst unangenehm sein soll.« Dann berichtete der Kapitän ausführlich von Schlangen, die in jedem Haus frei herumkrochen und den Besitzern Mäuse und Ratten vom Hals hielten. Er sprach von Skorpionen, deren Angriff er als äußerst unangenehm beschrieb, und von den Kaimanen, die bis zu zwei Meter lang wurden, im flachen Wasser der Flussufer lagen und auf Beute lauerten. Die Frauen sahen ihn ängstlich an.
    »Wenn das alles wäre, könnte man ja noch sagen, dass man einen Weg findet, sich zu schützen. Aber die Spinnen, die sind leider überall.« De Vevre ignorierte den spitzen Schrei der Gouvernante.
    »Diese Spinnen, meine Damen, leben in den blättergedeckten Dächern der Häuser und haben Leiber so groß wie die Eier unserer Hühner. Ihre Beine sind so dick wie die einer kleineren Krabbe und der Körper ist über und über mit einem schwarzen Pelz bewachsen.« An
dieser Stelle hielt sich Annabelle angewidert die Hand vor den Mund und schüttelte sich. De Vevre war noch nicht fertig.
    »Die Spinnen haben vier schwarze Zähne. Aber bitte, meine Damen, Sie müssen sich nicht ängstigen. Soweit ich weiß, ist an diesem Biss noch niemand gestorben. Wohl schwillt die Stelle schmerzhaft an, aber das gibt sich nach einer Weile wieder.«
    Der Kapitän schenkte einen Cognac ein und reichte der Gouvernante das Glas.
    »Wir bleiben selbstverständlich an Bord und warten, bis Sie erledigt haben, was zu erledigen ist, und wir zur Weiterreise bereit sind«, sagte sie energisch und bat um einen zweiten Cognac.
    Die Herrschaften setzten sich an den Tisch und warteten auf das Mittagessen, das de Vevres Page gleich servieren würde, da hörte der Kapitän ungewöhnliche Geräusche vom Deck.
    »Meine Damen, entschuldigen Sie mich. Ich will nachsehen, was der Grund für den Tumult ist.« De Vevre verließ die Kajüte.
    Eingekeilt zwischen Neptun und Pleasure war das französische Schiff manövrierunfähig, als Anne Seite an Seite mit Mary und zehn Männern enterte. Die Pistolen im Anschlag standen die Piraten drohend vor den Franzosen. Mary übersetzte Annes Befehle.
    »Wenn ihr keinen Widerstand leistet, wird niemandem etwas geschehen. Ruft euren Kapitän.« Kaum hatte sie den Satz beendet, sah sie de Vevre, der die gefährliche Situation erkannte, ihr aber nicht entkommen konnte. Blitzschnell griff er unter sein Hemd. Mit einem Ruck zog er einen kleinen Gegenstand hervor und schluckte ihn unbemerkt.
    Im nächsten Moment stand Anne neben ihm, riss seine Pistole aus dem Gürtel und hielt ihm ihre Waffe an den Kopf. Mary überließ die Matrosen ihren Kameraden und trat hinzu.
    »Monsieur, wir haben nicht vor, jemanden zu verletzen, vorausgesetzt, Sie lassen uns ohne Gegenwehr die Laderäume inspizieren.«
    De Vevre war kein Feigling, aber im Angesicht zweier auf ihn gerichteter Schusswaffen verließ ihn der Mut. Anne fesselte ihn an den Händen und brachte ihn zu seinen Leuten.
    »Lasst sie gewähren!«, befahl de Vevre und stellte sich vor seine Mannschaft.

    »Messieurs, ich habe vier Damen an Bord und erwarte, dass Sie sich wie Herren verhalten und ihnen keine Gewalt antun«, sagte er mit fester Stimme zu Anne.
    Die Piraten plünderten als Erstes die Kapitänskajüte.
    »Medames, legen Sie ihren Schmuck auf den Tisch, und verhalten Sie sich ruhig. Dann geschieht Ihnen nichts.« Mary hatte Mitleid mit den zitternden Frauen, die ihrer Aufforderung sofort Folge leisteten. Sie nahm den Überrock des Kapitäns, klemmte ihn unter den Arm und sagte zu Anne: »Den schenke ich Foster. Was meinst du, wie vornehm er darin aussehen wird.«
    Nachdem sie alle Wertgegenstände an sich genommen hatten, verschlossen sie die Kajüte und überließen die Gefangenen ihrem Schicksal.
    Im Frachtraum des Schiffs befanden sich außer einer beeindruckenden Ladung Wein und Cognac noch große Mengen kostbarer Stoffballen, Spitzen und einige Säcke mit Gewürzen. Anne begutachtete das, was die Mannschaft an Deck brachte.
    »Bonny, ich fürchte, das

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