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Königin der Schwerter

Königin der Schwerter

Titel: Königin der Schwerter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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eisigen Griff des Frostes erstarrten und die Nahrung so knapp wurde, dass die Frauen sogar Jagd auf Schneewölfe machen mussten.
    Der Winter im Hochland war lang und voller En t behrungen, doch diesmal gab es etwas, das ihr Mut machte. Die Raben hatten gesprochen. Die S i mions, die Sucher, welche die Hüterinnen auf die Reise g e schickt hatten, hatten Erfolg gehabt. I r gendwo jenseits der Tore dieser Welt hatten sie g e funden, was verloren war. Nun würde alles gut we r den.
    Auch Bethia, die Seherin, hatte in der vergang e nen Nacht von den sprechenden Raben geträumt. Ein Ir r tum war ausgeschlossen. Nicht mehr lange, dann wü r de Zarife zurückkehren, um zu rächen, was man ihr einst angetan hatte, und zurückzuerobern, was ihr damals grausam entrissen worden war. A i deen ballte die Fäuste. Beim Gedanken an die Tr a gödie, die dem Untergang des Weißen Tempels und der Vernichtung der Priesterinnen vorausgegangen war, spürte sie tief in sich jene Verbitterung au f flammen, die sie wie jede Hüterin im Herzen trug. Doch die Tage des Kummers waren gezählt. Bald schon würde …
    »Was siehst du?«
    Aideen erschrak und führ herum. Mel kam den verborgenen Pfad am See entlang und gesellte sich zu ihr.
    »Wie hast du mich so schnell gefunden?«, fragte Aideen, statt zu antworten.
    »Ich bin deine Freundin. Ich weiß, wo es dich hi n zieht, wenn du allein sein willst.« Mel zwinkerte ihr zu. »Nun? Was siehst du?«, fragte sie noch ei n mal.
    »Schnee.«
    »Ach.« Mel zog in gespieltem Erstaunen eine A u genbraue in die Höhe. »Was noch?«
    »Mehr nicht.« Aideen schaute sie fragend an. »Sol l te ich?«
    »Nun, immerhin bist du die einzige Novizin, die die Vision empfangen hat.« Mel gelang es nicht, den Neid aus ihrer Stimme zu verbannen. »Die anderen sagen, du hättest das Gesicht.«
    Aideen winkte ab. »Es war ein Zufall. Mehr nicht.«
    »Irgendwann ist immer das erste Mal.« Mel legte Aideen eine Hand auf die Schulter. »Sagt zumindest die Oberin. Sie möchte dich sehen und schickt mich, nach dir zu suchen.«
    »Mich?« Aideen sah ihre Freundin erstaunt an. »Warum?«
    »Das musst du sie schon selbst fragen«, sagte Mel. »Mir hat sie es nicht anvertraut.« Sie wandte sich um und bedeutete Aideen, ihr zu folgen. »Komm mit«, sagte sie aufmunternd. »Sie wird dir schon nicht den Kopf abreißen.«
    Obwohl Aideen ihr ganzes Leben im Hochland ve r bracht hatte, war sie noch nie in den privaten Rä u men der Oberin gewesen. Wie alle Novizinnen hatte aber auch sie schon von dem Wunder gehört, das es hier zu bestaunen gab. Die Oberin, so hieß es, bewa h re das Licht der Sonne in ihren Räumen auf. Aideen hatte es für ein Märchen gehalten, das unter den ang e henden Hüterinnen kursierte. Doch nun wurde sie eines Bess e ren belehrt. Kein anderer Raum in den u n terirdischen Höhlen war so prach t voll ausgestattet, so warm, so wohnlich – und so hell wie die Räume der Oberin.
    Eine Dienerin hatte sie eingelassen und gebeten, hier zu warten. Aideen nutzte die Zeit, um die gr o ßen rechteckigen Gefäße näher zu betrachten, denen das vermeintliche Sonnenlicht entströmte. Die fünf B e cken standen in gleichmäßigen Abständen auf Tischen an den Höhlenwänden. Sie waren so durc h sichtig wie klares Eis, bestanden aber aus einem harten Material, das Aideen gänzlich unbekannt war.
    Neugierig trat sie näher und blinzelte in das grelle Licht, um zu erkennen, was sich in dem Becken b e fand. Es dauerte jedoch eine ganze Weile, bis sie e r kannte, woher die Helligkeit kam. In den durchsicht i gen Gefäßen waren unzählige raupengleiche Tiere eingeschlossen, die ständig in Bewegung w a ren und wie eine quirlige Masse umherkrochen. Dabei leucht e ten ihre Panzer in einem so hellen, leuc h tend gelben Licht, dass die Tiere selbst inmitten des Lichtscheins nur schwer zu erkennen waren.
    »Das sind Sonnenraupen.«
    Aideen zuckte erschrocken zusammen und fuhr herum. Sie war so in die Betrachtung der Tiere ve r tieft gewesen, dass sie die Ankunft der Oberin gar nicht bemerkt hatte.
    »Ehrwürdige Oberin.« Hastig verneigte sie sich.
    Doch der weißhaarigen Frau in dem von glänze n den Silberfäden durchwirkten Gewand schien der Sinn nicht nach solchen Förmlichkeiten zu stehen. Geme s senen Schrittes trat sie zu ihr an das Leuch t gefäß und sagte im Plauderton: »Sie tragen das Licht und die Wärme der Sonne ein Leben lang in sich. Wenn sie sterben«, sie deutete auf einen dunklen Punkt in der Mitte der

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