Königin der Schwerter
sie den Spinnfaden, sodass die Spinne zu B o den fiel, und beendete das Grauen, indem sie das Tier mit dem Fuß zertrat.
Das schaurige Knacken des Chitinpanzers löste die Starre, welche die Angst in Zarife ausgelöst ha t te. Sie schnappte nach Luft und wischte sich den Schweiß von der Stirn, während sie gleichzeitig da r um kämpfte, nach außen hin Haltung zu wahren. Den Hüterinnen war jedoch nicht entgangen, was geschehen war. Alle schauten sie tief besorgt an.
»Was starrt ihr mich so an?«, versuchte Zarife i h re Schwäche mit Strenge zu überspielen. Auf keinen Fall sollten die Frauen glauben, dass sie sich vor einer Spinne fürchtete. »Die Umstellung und der neue Kö r per sind immer noch ungewohnt für mich. Also sorgt euch nicht, das wird bald vergehen.«
Zarife straffte sich und versuchte, nicht auf den schwarzen Fleck am Boden zu achten, während sie die Empore verließ. In Gedanken allerdings beschä f tigte sie der Vorfall auch weiterhin. Es war überaus seltsam. In ihrem früheren Leben hatte sie sich nicht vor Spi n nen gefürchtet. Diese Furcht gehörte zu Sandra, so wie all die anderen mehr oder weniger nützlichen Eige n schaften, die sie gewaltsam in den hintersten Winkel ihres Bewusstseins verbannt hatte. Wie war es möglich dass sie die Furcht so stark g e spürt hatte, als wäre es ihre eigene? Zarife überlegte hin und her, fand aber keine Antwort.
Als sie die Versammlung schließlich auflöste, gab sie den Befehl, alle Höhlen unverzüglich nach Spi n nen abzusuchen und diese zu töten. Auf keinen Fall wollte sie den haarigen Biestern noch einmal so nahe ko m men.
***
Tisea, Peme und Aideen ritten bis weit in den Mo r gen hinein. Zu dritt auf einem Pferd kamen sie nur lan g sam voran, waren aber immer noch schneller, als wenn sie zu Fuß unterwegs wären. Der warme Leib des Pfe r des und die Nähe der anderen halfen ihnen außerdem, die Kälte der Nacht besser zu ertr a gen.
Tisea saß vorn und hielt die Zügel. Dahinter kaue r te Peme. Aideen bildete den Abschluss. Die junge H ü terin litt. Sie war noch nie geritten und hielt sich mehr schlecht als recht auf Silfris breitem scha u kelndem Rücken. Als die Sonne aufging, tat ihr das Gesäß so weh, dass sie glaubte, auf rohem Fleisch zu sitzen. Z u dem spürte sie jeden einzelnen Knochen im Körper. Sie verfluchte sich dafür, den Ritt übe r haupt begonnen zu haben, wusste dabei aber sehr wohl, dass sie jede r zeit wieder so handeln würde.
Viel mehr noch als das eigene Schicksal und die Schmerzen beschäftigte sie jedoch der Gedanke an den Verrat, den Zarife an den Hüterinnen und all jenen beging, die so sehr auf ihre Rückkehr gewartet hatten. Um ein Haar wäre sie selbst Opfer der mag i schen Kräfte geworden, mit denen Zarife die Erinn e rungen anderer so zu verfälschen vermochte, dass sie sich ihren Plänen und Wünschen widerspruchslos fugten. Wäre der Geist dieser Novizin nicht gew e sen, die ihr die Augen geöffnet hatte …
Aideen wagte den Gedanken nicht zu Ende zu fü h ren. Um sich abzulenken, sah sie sich um. Es war längst hell geworden, auch wenn die aufgehende So n ne sich hinter dichten Wolken verbarg und die Kälte der Nacht nicht vertreiben konnte.
Wohin Aideen auch blickte, gab es nichts als braungrüne Hügel, graue Felsen und kahle Strä u cher. Trostlos, einsam, traurig. Aideen seufzte. An diesem Morgen schien es keine Ablenkung zu g e ben. Alles war bedrückend. Vorsichtig versuchte sie eine andere Ha l tung einzunehmen, um ihre ve r krampften Muskeln zu lockern, da spürte sie, wie Peme plötzlich zur Seite rutschte. Nur durch ein b e herztes Zugreifen konnte sie verhindern, dass das Mädchen vom Pferd fiel. Der Ruck weckte Peme auf Sie schenkte Aideen ein ve r störtes und zugleich en t schuldigendes Lächeln. Dann schmiegte sie sich wieder an ihre Schwester.
»Es hat keinen Sinn weiterzureiten«, entschied T i sea, der Pemes Missgeschick nicht entgangen war. »Wir müssen rasten.«
»Nein!«, rief Aideen aus. »Das dürfen wir nicht. Z a rife wird uns die Dashken hinterherschicken, und dann …«
»Wollte sie das wirklich tun, wären die Dashken längst hier«, behauptete Tisea und fügte hinzu: »Silfri ist erschöpft. Peme ist erschöpft. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich bin es auch. Wir ra s ten.«
»Was weißt du schon von den Dashken«, fuhr A i deen Tisea an. Müdigkeit und Schmerzen machten es ihr schwer, den richtigen Ton zu finden, und so hörte sie sich bissiger an
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