Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
und an einem für die Jägerinnen unerreichbaren Ort ein neues Reich zu errichten. Diese Narbe erinnert mich daran.«
Sie warf ihr Haar zurück und zeigte ihm eine dünne, gekrümmte Narbe an ihrem Halsansatz. »Nur ein Dämonenkönig kann eine Jägerin so brandmarken. Das war Clud
mit einem letzten Schlag seiner Krallen, bevor ihm mein Schwert das Herz durchbohrte.«
»Eindrucksvoll.« Harper zog sein Hemd herunter, um ihr die wulstige Haut auf seiner Schulter zu zeigen. »Das habe ich einem gesuchten Verbrecher mit einem Klappmesser zu verdanken.«
Sie nickte. »Wie hast du ihn getötet?«
»Hier läuft das nicht so – sollte es jedenfalls nicht. Ich habe ihm eine Lektion erteilt und ihn dann der Polizei übergeben. Dafür habe ich von den Behörden eine Belohnung bekommen«, erklärte er. »Wir stecken Verbrecher – unsere Dämonen – ins Gefängnis. Das ist so eine Art Zoo mit Käfigen.«
»Aha.« Das erschien ihr gerecht. Gefangenschaft war wie der Tod. »Sitzt der Dämon, der dir die Nase gebrochen hat, auch in einem Käfig?«
»Das war ein übler Schlag.« Harper fuhr sich mit der Hand über die unregelmäßige Linie seiner Nase. »Ja, der sitzt allerdings. Der Kerl hatte sich bei reichen Frauen eingeschleimt und sie ausgenommen wie Weihnachtsgänse.«
Kadra legte den Kopf schief. »Mir gefällt es, wie du redest. Ich finde es erregend, mir deine Geschichten anzuhören.«
»Tatsächlich?« Er legte sich neben ihr auf den Boden und ließ seine Hand von ihrem Stiefel zu ihrem Oberschenkel wandern. »Davon weiß ich tausende.«
»Für Gymnastik haben wir jetzt keine Zeit.«
»Ich mag dein Gesicht. Es erregt mich.« Er berührte ihre Wange, strich mit den Fingerspitzen flüchtig über ihre Haut. »Im Schlaf habe ich davon geträumt, dich zu lieben. Und dann wurde dieser Traum wahr.«
»Eine Vision.«
»Vielleicht.« Er dachte an Blut und Kampf, an Dunkelheit und Qualm, die er ebenfalls gesehen hatte. »Noch etwas, bevor wir uns wieder auf den Weg machen: Ich habe immer gern allein gearbeitet, deswegen bin ich auch selbständig. Ich habe immer gern allein gelebt, deswegen habe ich bis jetzt jede Beziehung vermasselt, die irgendwie ernster zu werden drohte. Bis du kamst, wollte ich nie einen Partner.«
Sie berührte ebenfalls seine Wange. Auch das war eine Art Vereinigung. »Ich war immer allein, wie alle Jägerinnen. Bis du kamst, wollte ich es nie anders. In meiner Welt werden sie Lieder über dich schreiben, über den großen Krieger aus der Welt jenseits von A’Dair.«
Und wenn sie ihnen am Feuer lauschte, würde sie wieder allein sein.
Sie ließ ihre Hand sinken und nahm erneut einen kräftigen Schluck Bier. »Ich habe Sorak in meiner Welt verfolgt und viele seiner Krieger getötet. Er hat keine Jungen gezeugt, und mit seinem Tod werden die Bok an Macht verlieren. Ich dachte, er wollte irgendwo in einem fernen Winkel meiner Welt eine große Festung bauen. Davon, dass er sein Reich hier bei euch errichten wollte, hatte ich keine Ahnung.«
»Dazu wird er keine Gelegenheit haben. Du hast gesagt, er würde einen unterirdischen Bau anlegen.«
»Ja. Die Ruheplätze der Bok müssen kühl und dunkel sein.«
»Ich kann mir schon denken, wohin er sich zurückgezogen hat. In die U-Bahn. Unter der Stadt gibt es ein Tunnelsystem für Transportzwecke. Die Kanalisation wäre natürlich
auch eine Möglichkeit«, überlegte Harper. »Allerdings wüsste ich nicht, wieso sich jemand in den Abwasserkanälen niederlassen sollte, wenn es eine Alternative gibt. Noch nicht einmal ein Dämon würde das tun. Die Schwierigkeit ist nur, den richtigen Sektor zu finden.«
»Welche Geschöpfe reisen in eurer Welt auf dieser unterirdischen Route?«
»Alle möglichen. Menschen aller Art. Die Stadt ist überfüllt, und die U-Bahn ist ein kostengünstiges, einigermaßen effizientes Fortbewegungsmittel.«
Die nächsten Minuten verbrachte er damit, ihr Prinzip und Arbeitsweise des U-Bahn-Systems zu erklären.
»Eine gute Idee. Ihr habt eine innovative, interessante Kultur. Schade, dass ich nicht mehr Zeit habe, sie zu studieren.«
»Bleib ruhig hier. Nimm dir alle Zeit der Welt.« Er stand auf, weil der Summer ertönte. Als sich der Pizzabote über die Gegensprechanlage meldete, betätigte er den Türöffner unten in der Halle.
»Hältst du dir in dieser kleinen Kiste einen Diener?«
»Nein«, erwiderte er belustigt, als sie das Gerät interessiert beäugte. Nachdem er ihr dessen Funktion erläutert hatte, öffnete
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