Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
und Elend, Wut und Verzweiflung fort.
Sie wehrte sich nicht, weil sie wusste, dass sie ihm an Körperkraft unterlegen war, sondern blieb still liegen. Jeder Mann wollte eine Reaktion: Wut, Empörung oder Hingabe, aber nicht Gleichgültigkeit.
Ihr größter Gegner war sie selbst, denn sein Mund weckte ihr Verlangen, das Gewicht seines Körpers rief ihr die Nacht ins Gedächtnis, die sie im Traum mit ihm verbracht hatte.
Sie hatte nie wirklich bei einem Mann gelegen, nur in ihren Visionen und nur bei ihm. Ihr ganzes Leben lang hatte sie keinen anderen gewollt. Aber der, den sie gefunden hatte, war weder der Wolf, den sie gekannt, noch der Feigling, für den sie ihn zunächst gehalten hatte, sondern ein verbitterter, gequälter Mann.
Und dennoch raste ihr Herz, vibrierte ihre Haut, und ihr Mund öffnete sich unter dem seinen. Dann hörte sie ihn ein Wort in der ältesten Sprache Twylias sagen. Tränen traten ihr in die Augen, als sie die Verzweiflung, die Qual und die Sehnsucht in seiner Stimme hörte.
»Liebste« hatte er sie genannt.
Als er aufsah, entdeckte er eine Träne auf ihrer Wange. Ihre Augen glänzten feucht im Mondlicht. Er schloss die Augen und rollte sich auf seinen schmerzenden Rücken.
»Ich habe zu lange mit Pferden gelebt und vergessen, was es heißt, ein Mann zu sein.«
Ihre Gefühle, ihr Verlangen, ihre Sehnsucht hatten sie bis ins Mark erschüttert. »Ja, du hast vergessen, was es heißt, ein Mann zu sein.« So wie sie vergessen hatte, was es bedeutete, Königin zu sein. »Sagen wir, es liegt daran, dass diese Nacht so seltsam ist.« Sie stand auf und ging zu ihrem Dolch, um ihn aufzuheben. »Vielleicht ist es eine Prüfung für uns beide. Seit ich denken kann, liebe ich dich.«
Er sah sie an, blickte in sie hinein, und für einen Augenblick gab es nur ihre Liebe zueinander, die weit und tief war wie das Meer der Wunder. Doch im nächsten Augenblick spürten sie die kalte Hand der Pflicht.
»Wenn die Situation eine andere wäre …« Ihr Blick verschleierte sich, aber es waren nicht die Visionen einer Zauberin, sondern die Tränen einer Frau. Die Königin in ihr drängte sie zurück. Diesen Trost durfte sie sich nicht gönnen. »Aber sie ist es nicht. Das hier darf es zwischen uns nicht geben, Thane, denn es steht mehr auf dem Spiel. Und doch ist meine Sehnsucht nach dir so groß wie eh und je. Was auch immer sich geändert hat, das wird immer so bleiben.«
»Wir sind nicht, was wir in unseren Träumen waren, Aurora. Suche mich nicht dort, denn ich werde nicht zu dir kommen. Wir leben in der Welt.«
Sie hockte sich neben ihn, strich ihm das Haar aus der Stirn. »Warum kämpfst du nicht? Du hast die Fähigkeiten eines Kriegers. Du könntest fortgehen, dich den Rebellen
anschließen und es zu etwas bringen. Warum schwingst du in den Ställen die Mistgabel, wenn du ein Schwert gegen den Feind erheben könntest? In dir steckt mehr als der Stallbursche, den sie aus dir gemacht haben.«
Und ich will mehr von dir, dachte sie, so viel mehr.
»Du sprichst von Hochverrat.« Seine Stimme klang in der Dunkelheit völlig ausdruckslos.
»Ich rede von Hoffnung, von dem, was Recht ist. Glaubst du denn an gar nichts, Thane? Nicht einmal an dich selbst?«
»Ich tue, was mir bestimmt ist. Nicht mehr, nicht weniger.« Er löste sich von ihrer Seite, setzte sich auf und starrte in die undurchdringliche Finsternis. »Du solltest nicht hier sein. Owen würde nie eine Frau nehmen, die sich des Nachts allein im Wald herumtreibt und einem Stallburschen Freiheiten gestattet.«
»Und wenn er mich wählt, was tust du dann?«
»Willst du mich provozieren?« Er sprang auf, und in seinem Gesicht las sie, worauf sie gehofft hatte. Stärke und Wut. »Findest du es amüsant, dass ich mich nach einer Frau verzehren könnte, die sich einem anderen schamlos anbietet?«
»Wenn du ein Mann wärst, würdest du mich nehmen. Dann wäre die Entscheidung gefallen.« Und vielleicht würde sich doch noch alles ändern.
»Leicht gesagt, wenn man nichts zu verlieren hat.«
»Ist dein Leben zu kostbar, um es aufs Spiel zu setzen? Nicht einmal, um dir zu nehmen, was dein ist? Um für dich und deine Welt einzustehen?«
Er sah sie an, blickte in ihr schönes Gesicht, das vor Entschlossenheit glühte. »Ja, das Leben ist kostbar. So kostbar,
dass ich mich jeden Tag aufs Neue erniedrigen würde, um es zu bewahren. Dein Platz ist nicht hier. Geh zurück, bevor man dich vermisst.«
»Ich gehe, aber wir sind noch nicht fertig
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