Königin des Lichts: Drei Romane in einem Band (German Edition)
Wut stieg in ihm auf. »Wie kann ich bleiben und die beiden zusammen sehen? Wie kann ich gehen, wenn ich hier angekettet bin?«
»Die Zeit wird kommen, die Ketten zu zerbrechen.«
»Das sagst du immer.« Thane richtete sich auf und ging zur nächsten Box. »Aber die Jahre vergehen, eines wie das andere.«
»Die Prophezeiung wird sich erfüllen, Thane.«
»Die Prophezeiung!« Mit einem freudlosen Lachen griff er nach den Wassereimern. »Ein Mythos, ein Schatten, um die von Lorcan Geknechteten mit falscher Hoffnung zu besänftigen. Die einzige Wahrheit ist das Schwert. Eines Tages wird meine Hand frei sein, damit zu kämpfen.«
»Ein Schwert wird deine Ketten zerbrechen, Thane, aber nicht der Stahl wird die Welt befreien, sondern der Mitternachtsstern.« Kern sprang von seinem Fass und legte Thane die Hand auf den Arm. »Gönne dir ein wenig Freude, bevor dieser Tag kommt, sonst wirst du nie wirklich frei sein.«
»Ich werde mich genug freuen, wenn Lorcans Blut mein Schwert befleckt.«
Kern schüttelte den Kopf. »Ein Sturm braut sich zusammen, und du wirst auf seinen Fittichen reiten. Aber es liegt bei dir, ob du alleine reitest.«
Er schnalzte mit dem Finger und hielt auf einmal einen appetitlich roten Apfel in der Hand, den er Thane mit einem verschmitzten Grinsen zuwarf. Dann verschwand er.
Thane biss in den Apfel. Der Geschmack in seinem Mund erinnerte ihn an Aurora, und er gab den Rest einem gierigen Wallach.
Für ihn war es besser, allein zu sein.
6
I N EINEN PUR PURFARBENEN Umhang gehüllt, der von einer juwelenbesetzten Brosche zusammengehalten wurde, sah Lorcan zu, wie sich sein Sohn im Schwertkampf übte. Was Owen an Eleganz und Form fehlte, glich er durch Brutalität aus. Das gefiel seinem Vater.
Der Soldat, den er für diese Übung ausgewählt hatte, besaß eine ruhige Hand und ein sicheres Auge, das machte den Kampf interessant. Allerdings gab es in ganz Twylia niemanden, der den Prinz im Zweikampf besiegen konnte.
Niemand würde es wagen.
Ihm war nur ein einziger Sohn vergönnt gewesen, eine bittere Enttäuschung. Die Frau, mit der er sich in seiner Jugend vermählt hatte, hatte vor Owen zwei Totgeburten erlitten. Wenige Tage nach der Entbindung war sie gestorben, wie sie gelebt hatte, ohne ein Wort der Klage oder des Widerspruchs.
Danach hatte er ein junges Mädchen zur Frau genommen, das sich trotz gesunden Aussehens als unfruchtbar erwiesen hatte. Es war kein Problem gewesen, sich ihrer zu entledigen, indem er sie als Hexe verurteilen ließ. Nach einem Monat im Verlies in den Händen seiner Folterknechte hatte sie willig ein Geständnis abgelegt und sich den reinigenden Flammen überantwortet.
Dann hatte er Brynn geheiratet, eine entfernte Cousine der früheren Königin, weil er wollte, dass in den Adern seiner künftigen Söhne königliches Blut floss. Allerdings hatte sie ihm nur zwei Töchter geboren, sonst hätte er sich
seines Erstgeboren entledigt, ohne mit der Wimper zu zucken.
Leia war zumindest eine Schönheit gewesen, die als Ehefrau einen guten Preis erzielt hätte. Aber sie war eigensinnig gewesen und hatte versucht fortzulaufen, als er sie mit einem ihm genehmen Bewerber verlobte.
Die wilden Tiere des Waldes hatten nicht viel mehr als einen zerrissenen, blutbesudelten Umhang übrig gelassen.
So war ihm nur ein Mädchen geblieben: Dira, ein blasses, stilles Kind, das er mit viel Glück in zwei oder drei Jahren mit einem Edelmann verheiraten konnte, der noch reich genug war, um sich für den Gefallen erkenntlich zu erweisen.
Immer wieder hatte er Brynn seinen Samen eingepflanzt, aber sie verlor jedes Kind, bevor die Zeit um war. Nun war sie zu kränklich, um zu empfangen. Nicht einmal die Zofen und Dienstmädchen, die er in sein Bett holte, gebaren ihm Söhne.
So würde also Owen dafür sorgen, dass sein Name nicht ausstarb. Lorcans Ehrgeiz richtete sich nun auf die Enkel, die er haben würde. Kein König war Gott, wenn er sein Blut nicht weitergab.
Sein Sohn musste die richtige Wahl treffen.
Lächelnd beobachtete er, wie Owen seinem Gegner eine Wunde nach der anderen beibrachte. Mit einem Hagel gemeiner Hiebe trieb er den Soldaten zurück, bis der Mann stolperte und stürzte. Lorcan nickte zustimmend, als Owen ihm das Schwert in die Schulter rammte.
Sein Sohn hatte seine Lektion gelernt. Ein Feind blieb ein Feind, selbst wenn er am Boden lag.
»Genug.« Lorcans Ringe blitzten im Sonnenlicht, als
er in die Hände klatschte. »Bringt ihn weg und verbindet ihn.« Mit
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