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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Meinung sagen, doch sie zögerte. Sie war nicht in der Position, Dudley für seine Handlungsweise zu kritisieren, denn künftig würde sie unter seinem Dach und von seinem Geld leben. Voller Gram sah Antonia zu, wie Janes Mann mit dem Mädchen herum schäkerte, und fühlte sich unweigerlich an den Abend vor vielen Jahren erinnert, als Norman ebenfalls mit einer Wirtstocher poussierte. Waren eigentlich alle Schankmädchen so schamlos? Und waren alle Männer so rücksichtslos, sich Frauen nach Lust und Laune zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu nehmen? Guildford Dudleys Verhalten bestärkte Antonia in dem Entschluss, niemals zu heiraten. Dann würde ihr erspart bleiben, von einem Mann dermaßen bloßgestellt zu werden.
Von ihm unbemerkt gelangte Antonia zur Kutsche und holte das Gewünschte. Während sie Jane das lange Haar bürstete und zur Nacht hochsteckte, hoffte sie, dass dieser Mann ihrer Freundin nicht das Herz brach. Jane hatte gerade das Wunder der Liebe entdeckt, es war offensichtlich, dass sie sich zu Guildford hingezogen fühlte. Warum trat er die Gefühle seiner Frau dermaßen mit Füßen?

11. KAPITEL
    Die Priorei von Bringham war einst ein wohlhabendes Nonnenkloster gewesen, das der Reformation unter König Henry zum Opfer gefallen war. Das in blühende Wiesen und weite Felder eingebettete zweistöckige Haus aus roten Ziegelsteinen war im Besitz der Krone geblieben und in den letzten Jahren zu einem gemütlichen Landsitz umgestaltet worden.
Jane verliebte sich auf den ersten Blick in Bringham, ihr erstes eigenes Haus! Ihr Heim, in dem sie schalten und walten konnte, wie sie wollte, in dem ihr keine Frances Grey sagen würde, was richtig und was falsch war. Jane wollte ihre Erfahrungen selbst machen, auch wenn ihr dabei so mancher Fehler unterlaufen würde, sie war schließlich jung und unerfahren. Zudem stand ihr ein wunderbarer Ehemann zur Seite, der sie liebte und achtete. Nie zuvor war Jane so glücklich gewesen wie in diesen ersten Tagen in dem alten Kloster.
Bei der ersten ausgiebigen Besichtigung flüsterte Guildford seiner Frau scherzhaft ins Ohr: »Nimm dich vor Gespenstern in Acht! Vielleicht spuken hier die Seelen der Nonnen, die gewaltsam von ihrem Besitz vertrieben worden sind.«
Jane lachte laut auf. Sie hatte keine Angst vor Spukgestalten und war auch nicht abergläubisch. Bereits in jungen Jahren hatte sie lernen müssen, dass man mehr die Lebenden als die Toten fürchten musste.
»Ich finde diese Galerie ganz entzückend!«, rief sie und klatschte in die Hände. »Aber die Wände sind so kahl. Guildford, können wir hier nicht ein paar Bilder anbringen? Vielleicht Ahnen deiner Familie?«
»Und der deinigen«, antwortete Guildford und hauchte ihr einen Kuss auf den Haaransatz. »Ich werde meinen Vater fragen, ob er einen Maler empfehlen kann, der uns porträtiert.«
Während Jane den Zustand des hölzernen Geländers kontrollierte, presste er unwillig die Lippen aufeinander. Die drei Tage, die er hier auf dem Land war, erschienen ihm bereits wie drei Jahre, obwohl er eingesehen hatte, dass sie London verlassen mussten, damit Jane nicht merkte, was in der Hauptstadt vor sich ging. Auch hatte sein Vater gemeint, es wäre gut, wenn er sich Jane ohne Ablenkung widmete, schließlich war es ungemein wichtig, dass Jane ihm vollständig vertraute. So, wie Guildford in allem den Befehlen des Herzog von Northumberland folgte, so folgsam sollte Jane ihm gegenüber sein. Allerdings hatte es sich Guildford nicht so einsam und trostlos vorgestellt. In der näheren Umgebung gab es lediglich einen kleinen Weiler ohne eine Schenke oder sonstige Einrichtungen, die der Zerstreuung dienten. Bringham war umgeben von verstreuten, armseligen Bauernhäusern, die von noch armseligeren Menschen bewohnt wurden. Der nächste Herrensitz, Ightham Mote, lag einen Tagesritt entfernt. Außerdem war sein Besitzer als sehr gottesfürchtig bekannt, so dass Guildford bezweifelte, dass er für ein Spielchen zu haben war.
»Nur wenige Wochen«, hatte sein Vater ihm versprochen.
Guildford aber sah sich schon für die nächsten Monate, wenn nicht gar Jahre aufs Land verbannt, während in London das pralle Leben mit all seinen Annehmlichkeiten toste.
»Guildford, hörst du mir überhaupt zu?«, riss ihn Janes Frage aus seinen Gedanken.
»Verzeih, Mäuschen, was hast du gesagt?« Guildford gelang es mühelos, seiner Frau gegenüber Interesse zu heucheln.
»Ich fragte dich gerade, ob du etwas dagegen hast, wenn Lady Antonia sich

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