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Königin für neun Tage

Königin für neun Tage

Titel: Königin für neun Tage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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den Adern zu haben. Zusätzlich führte er noch den Titel des Grafen von Warwick. Zu Recht konnte man sagen, dass die Dudleys die einflussreichste und wohlhabendste Familie im ganzen Land waren. Dudley beeinflusste und lenkte den erst fünfzehnjährigen König. Die Freundschaft ihres Vaters mit einem solchen Mann war Antonia völlig rätselhaft, doch sie musste inzwischen nicht mehr befürchten, ihr Vater würde immer noch eine Verheiratung mit Guildford Dudley anstreben. Der Standesunterschied zwischen den beiden Familien war jetzt so gravierend, dass niemand eine derartige Verbindung gutheißen würde. Doch war Antonias Ansehen in den Augen von Janes Eltern gestiegen, seit die Freundschaft Lord Fentons mit John Dudley allgemein bekannt geworden war. Lord und Lady Suffolk zeigten sich gerne als Wohltäter, indem sie behaupteten, als Erzieher für Lady Antonia Fenton zu fungieren. Allerdings hatte Antonia durch das geschwätzige Personal erfahren, dass Frances Grey seit Jahren von Antonias Vater eine beachtliche Summe erhielt, sie sie also keineswegs uneigennützig in ihrem Haus duldete. Thomas Fenton war froh, Antonia weit fort vom Hof zu wissen, und Antonia ihrerseits war über diese Regelung nicht betrübt, im Gegenteil.
»Norman Powderham habe ich auch getroffen, an einem Abend sogar mit ihm getanzt«, riss Jane Antonia aus ihren Gedanken.
Jane forschte in den Gesichtzügen ihrer Freundin nach einer Regung, da sie über die Gefühle Antonias für Sir Norman Bescheid wusste. »Er ist immer noch unverheiratet.«
»So? Nun, dass interessiert mich nicht«, gab Antonia schnippisch zurück. In Wahrheit jedoch begann ihr Herz bei der Erwähnung seines Namens aufgeregt zu klopfen. Dreimal hatte sie Norman in den vergangenen Jahren gesehen. Zweimal hatte er die Greys in Bradgate Park im Rahmen einer größeren Gesellschaft besucht, einmal war ihm Antonia in Syon House, wo sie mit Jane den Sommer verbrachte, begegnet. Norman Powderham hatte sie höflich, aber distanziert begrüßt, dann aber kein weiteres Wort mehr an sie verschwendet, Jane gegenüber war er indes aufgeschlossen und voller Mitteilungsfreude gewesen. Doch Antonia war auf ihre Freundin nicht eifersüchtig. Sie wusste, an wen Jane ihr junges Herz verloren hatte, und konnte nur hoffen, dass niemand ihr Glück zerstören würde.
»Wie geht es dem König?«, fragte Antonia und freute sich über die leichte Röte auf Janes Wangen. »Es gelangten Gerüchte nach Bradgate, dass Edward krank sein soll.«
»Ach was, das war nur ein kurzer Schwächeanfall. John Dudley sagt selbst, dass er für sein Alter viel zu schnell in die Höhe geschossen ist. Er ist jetzt beinahe so groß wie mein Vater, dabei aber viel zu dünn. Wenn ich mit ihm speisen durfte, habe ich darauf geachtet, dass Edward genügend zu sich nimmt.«
Antonia konnte sich lebhaft vorstellen, wie Jane dem König die Happen mundgerecht auf den Teller legte, und sie lachte laut auf. Aus jedem Wort Janes konnte sie die zärtliche Verehrung, aber auch die Sorge heraushören.
Eine Dienerin brachte kaltes Fleisch, warmes Brot und einen Krug Wein, denn bis zum gemeinsamen Abendessen in der großen Halle würde noch einige Zeit vergehen. Die beiden Mädchen machten es sich auf Janes Bett gemütlich und labten sich an den Speisen.
»Was war sonst noch am Hof los? Waren die Prinzessinnen Elizabeth und Mary auch dort?«, fragte Antonia.
»Nein, ich habe beide nicht gesehen. Elizabeth lebt seit dem Tod des Admirals sehr zurückgezogen und verlässt ihr Haus in Hatfield nur noch, wenn Edward sie persönlich um einen Besuch bittet.«
Im Jahr nach Lady Catherines Tod hatte der Ehrgeiz von Thomas Seymour keine Grenzen mehr gekannt. Schon immer eifersüchtig, dass sein Bruder und nicht er zum Lordprotektor ernannt worden war, begann Seymour, beim König gegen seinen Bruder zu intrigieren und verbündete sich mit einem Verräter, der den Kronrat in finanziellen Dingen betrog. Edward, zwar der König, aber nur ein schwacher Junge, konnte nicht verhindern, dass sein Onkel verhaftet und des Hochverrates angeklagt wurde. Zeugenaussagen, die das innige Verhältnis zwischen dem Admiral und Lady Elizabeth in Chelsea schilderten, bewirkten, dass auch Elizabeth unter Arrest gestellt wurde und ihre Vertrauten aus ihrer Umgebung verhaftet oder auf entfernte Landsitze verbannt wurden. Selbst die morgendlichen Neckereien in Elizabeths Schlafzimmer wurden in aller Öffentlichkeit diskutiert. Es wurde Seymour und Elizabeth vorgeworfen,

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