Königliche Republik (German Edition)
Brauen zusammen. Fiel ihm jetzt etwa auf, dass er die
Frage nicht beantwortet hatte und Cristina trotzdem wusste, woher er
kam?
Cristina
schien es selber gerade gemerkt zu haben, denn sie provozierte ihn
erneut. „Vergesslich ist Sein Vater doch hoffentlich noch
nicht.“
„Nein,
aber vielleicht vergesse ich es: Wir fahren nur nach Formiello
heute.“
Vor
Aufregung bohrte sich Mirella die Fingernägel in die
Handflächen. Das Aquädukt – oder sie brachten das
Pulver in die Kavernen unter der Stadt. „Ein ungemütlicher
Ort zum Übernachten zu dieser Jahreszeit.“ Ihr Magen
verkrampfte sich; war es das, was die fremden Besuchter planten? Und
Dario hatte ihnen gezeigt, wohin sie gehen mussten.
Giovanni
zuckte die Achseln. „Es hat aber so wenig geregnet.“ Sein
Kopf ging Richtung Fenster. „Außer ausgerechnet heute. –
Andernfalls wäre es mehr als ungemütlich.“
Mirella
lächelte. „Wenn Er morgen wiederkommt, hat die Tante
bestimmt noch eine Schokolade übrig.“
Seine
Augen glänzten. „Wird Sie auch hier sein?“
Sie
verabscheute es immer noch zu lügen; so antwortete sie lieber
überhaupt nicht. Aber sie ließ ihre Hand einen Moment
länger als schicklich in der seinen liegen, als er sich gleich
darauf verabschiedete.
Dann
warteten sie darauf, dass die drei mit ihren Fässern
davonfuhren. Als das Rattern der Räder verklungen war, stand
auch Mirella auf. „Es wird Zeit.“
„Sie
werden deine Kutsche wiedererkennen. Und Giovanni wird sich an dich
erinnern.“
„Er
wird mich gewiss nicht verraten. Dann käme doch heraus, dass er
seinen Posten verlassen hat.“ Sie hielt Cristina ihre Wange zum
Kuss hin. „Auch werde ich ihnen nicht folgen, sondern in
Formiello auf sie warten. An einer Stelle, wo sie auf jeden Fall
vorbeikommen müssen.“ Allerdings brauchte sie tatsächlich
ein anderes Gefährt.
Vor
dem Abendessen setzte Mirella sich mit ihrem Nähzeug auf die
Stufen vor der Küchentür. Niemand wunderte sich darüber.
Jetzt zahlte es sich aus, dass sie in den letzten Wochen Ritas Bitte
gefolgt war, den Rest des Tageslichts zu nutzen und Lampenöl zu
sparen. Auch eines der Dinge, die immer knapper und teurer wurden.
Cesare
brachte Vareses Pferde aus dem Stall und schirrte die Kutsche an.
Zwischendurch blickte er zu Mirella hinüber.
Sie
winkte ihm mit einem Lächeln zu. „Ein schöner Abend,
Cesare. Fährst du den Padrone wieder in die Reggia ?“
Sie raffte ihre Röcke enger und rückte ein wenig zur Seite,
obgleich allemal Platz für zwei war auf den Stufen.
Cesare
verstand die Aufforderung, die in der Geste lag, und setzte sich mit
einem strahlenden Lächeln neben sie, als er mit seiner Arbeit
fertig war. „Die Signorina ist zu fleißig. Sie wird sich
die Augen verderben mit den kleinen Stichen.“
„Ehrlich
gesagt,“ sie schob den Stoff ein wenig von sich weg, „ich
würde auch lieber etwas Anderes machen. Aber es muss ja fertig
werden.“
„Ist
es ...“ Er nestelte an seinem Gürtel herum; das Strahlen
in seinen Augen verlosch. „Man erzählt sich, sie wird bald
den spanischen Prinzen heiraten.“
„Wir
haben Krieg mit den Spaniern.“
„Deswegen
...“ Konnte er heute nicht mal einen Satz zu Ende sprechen?
„Sie ist doch auf unserer Seite.“
„Wenn
kein Wunder geschieht, werden wir den Krieg verlieren.“
„Weil
es so viele gibt, denen es gleich ist, wer gewinnt; wenn er nur
aufhört.“ Er ballte die Fäuste. „Sie haben
schon vergessen, was es uns gekostet hat.“
Mirella
legte das Nähzeug auf die Knie und ihre Hand auf seinen Arm.
„Hast du jemanden verloren?“
„Wenn
ich nur könnte ...“
„Wir
können nichts machen.“ Sie nahm die Hand zurück und
starrte eine Weile in die Luft. „Wenn es aber doch etwas gäbe,
was du tun könntest,“ – ihre Stimme wurde immer
leiser – „damit der Doge den Krieg gewinnt ...“ Sie
schnaufte; jetzt redete sie auch schon in halben Sätzen.
Cesares
Lippen bebten und das erinnerte sie an seinen Kuss. Es war vielleicht
ein bisschen schäbig, ihn einzuspannen. Aber wenn niemand sonst
ihr half ...
„Cesare,
ich fürchte, es gibt Menschen, denen alles recht ist, den Krieg
zu beenden. Auch das Unrecht.“
Seine
Augen hingen an ihren Lippen; er kam mit seinem Gesicht ein wenig
näher zu ihr. Er würde es doch wohl nicht wagen, sie wieder
küssen; hier unter den Augen aller.
„Ich
muss etwas herausfinden. Wirst du mir dabei helfen?“
„Wie
denn?“
Das
Hoftor wurde geöffnet und er sprang hoch. „Der
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