Königliche Republik (German Edition)
erschreckt auf Cesare; dann bückte sie sich. „Bist
du verletzt?“
Es
war zu dunkel, um ihn genauer anzuschauen. Und keine Zeit. Sie half
ihm auf die Beine.
Cesare
keuchte. „Weg hier!“ Er taumelte vorwärts und
presste eine Hand in die rechte Seite. „Da entlang!“
Mirella
packte ihn unter einer Achsel, um ihn zu stützen, und er legte
seinen Arm über ihre Schulter.
„Wo
sind wir?“
„ Vicolo
dei fasoi.“ Er lenkte sie in eine noch schmalere Gasse,
in der sie kaum nebeneinander Platz zum Gehen hatten.
Am
Ende der Gasse blieb Mirella stehen. „Wie kommen wir nach
Hause?“
„Zu
Fuß.“ Cesare stieß die Worte zwischen
zusammengebissenen Zähnen hervor.
„Wir
müssen etwas mit deiner Wunde machen.“
„Es
war bloß ein Messer; es wird schon gehen.“
Mirella
zog seine Hand von der Hüfte. Was da dunkel auf seinen Fingern
schimmerte, war Blut. Sie zerrte an seinem Hemd; aber bevor sie es
aus der Hose gezogen hatte, hielt er sie fest.
„Das
hat Zeit!“
Sie
bezweifelte es, aber es war sicher gut, den langen Weg in Etappen
zurückzulegen.
Von Santa Carmine schlug es zwei, als sie auf die Piazza
Sant’Eligio heraustraten. Hier war die Nacht weniger dunkel und
Mirella blieb stehen.
„Jetzt
sind wir weit genug, dass ich deine Wunde verbinde.“ Sie
streifte einen ihrer Unterröcke ab. Das nasse Ende wrang sie aus
und dann wickelte sie den trockenen Teil als Druckverband fest um
Cesares Taille und verknotete ihn.
Er
knurrte, aber ließ es sich gefallen.
Eine
halbe Stunde später ließ sie sich erschöpft auf die
Stufen der San Giovanni a Mare fallen. „Mir ist kalt und
ich bin müde. So kommen wir nie nach Hause.“
„Mir
wäre eine Patrouille sehr gelegen, auch wenn sie uns einsperren
täten.“
Mirella
legte den Kopf auf ihre Knie. „Was erzählen wir ihnen? Wir
müssten beide dasselbe sagen.“
„Dass
wir von Verrätern angegriffen wurden, als wir sie entdeckt
haben.“
„Was
für Verräter?“ Sie seufzte.
„Das
kommt darauf an, ob es eine Patrouille Anneses ist oder des Dogen.“
„Cesare,
wie alt bist du eigentlich?“
Cesare
räusperte sich. „Im April werde ich siebzehn. Ich habe am
gleichen Tag Geburtstag wie unser Doge.“ Stolz schwang in
seiner Stimme.
Eine
Uhr schlug drei. „Lass Sie uns weitergehen. Es dauert
mindestens noch eine Stunde, bis die ersten Fischer unterwegs sind.“
„Niemand
geht mehr fischen in diesen Tagen.“
„Und
woher kommen die Fische auf dem Markt? Ein paar Männer haben
ihre Boote in den Häfen von Marechiaro und Torre del Greco
liegen; die machen sich um diese Zeit auf den Weg.“
Mirella
schmunzelte unwillkürlich. „Cesare, mir scheint, auch du
nimmst es mit der Ausgangssperre nicht so genau.“
Sie
strich den Überrock glatt und erhob sich. „Gehen wir ein
Stück weiter.“
Cesare
zog sich mit ihrer Hilfe hoch; dann hakte sie ihn wieder unter und
sie gingen langsam an den Häusern entlang ans gegenüberliegende
Ende der Piazza.
Als
sie eben die nächste Straße überqueren wollten, klang
hinter ihnen das Rattern von Rädern. Sie drückten sich in
den Schatten eines Hauseingangs.
Ein
kleiner Karren ohne Lampe, vor den ein Esel gespannt war, rollte
langsam auf die Piazza. Eine schmale Gestalt mit breitkrempigem Hut
zeichnete sich gegen den Himmel ab; sie schien direkt auf dem Karren
zu sitzen.
„Der
ist bestimmt harmlos.“ Sie ließ Cesare los und trat ein
paar Schritte auf die Piazza. „Signore!“ Sie griff nach
ihren Röcken und hielt sie so weit ausgebreitet, dass ihre
Silhouette sie unzweideutig als Frau zeigte.
Der
Karren rollte weiter.
„Signore.“
Mirella winkte und lief ihm entgegen. „Bitte! Er helfe uns.“
Der
Karren hielt, kurz bevor Mirella ihn erreichte. Die Gestalt zog den
Hut vom Kopf und helles langes Haar fiel auf ihre Schultern. Ein
junges Gesicht blickte ihr entgegen, wohl noch jünger als sie
selbst.
Mirella
trat an den Esel und griff nach dem Leinenzeug. „Signorina, wir
sind in einen Hinterhalt geraten. Mein Lakai konnte mich verteidigen;
aber nun wird er sterben, wenn er nicht bald in die Hände eines
Arztes kommt.“
Das
Mädchen musterte sie von oben bis unten. „Wie kommt es,
dass Sie zu Fuß unterwegs ist?“
„Das
Kutschpferd ist tot.“ Sie würde sich nicht wundern, wenn
das Mädchen ihr nicht glaubte. Sie täte es auch nicht; aber
was sonst sollte sie sagen? „Es soll nicht Ihr Nachteil sein,
wenn Sie uns nach Hause bringt.“
„Sehe
ich aus, als ließe ich mich
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