Königliche Republik (German Edition)
den Wein probieren, bevor er ihn mitnimmt?“
„Den
Wein?“ Er machte ein ziemlich dummes Gesicht.
Da
mochte sie nicht darauf verzichten nachzusetzen. „Am Ende hat
Er bloß Essig.“
„Vielleicht
will ich das ja.“ Er kam zu ihr und schien sie noch einmal zu
mustern. „Sie ist sehr aufmerksam.“
Ging
sie das eigentlich etwas an? Es wurde Zeit, hier wegzukommen. „Mein
Bruder ...“ Sie blickte zwischen ihm und dem Wirt hin und her,
unsicher, ob sie in Gegenwart des Fremden reden könnte.
„Pastina
ist einer der unseren. – Wieso schickt Dario Sie schon jetzt?“
„Ich
hoffte, Sein Gast von vorgestern ...“
„Welcher
Gast?“, unterbrach Pastina sie. Er stemmte die Fäuste in
die Seiten und kniff die Augen zusammen.
„Ich
habe ihn gesehen, als er das Wirtshaus verließ.“ Sein
misstrauischer Blick hatte dem Wirt gegolten. Dennoch schüchterte
er sie ein; so musste es sein, wenn man verhört wurde.
„Ich
habe trotzdem etwas für Ihren Bruder.“ Der Wirt verließ
den Schankraum; es dauerte eine Weile, bis er zurückkam. Er
stellte eine lederne Schatulle auf den Tisch und zog einen kleinen
Leinenbeutel aus seinem Hemd.
„Das
gibt Sie Ihrem Bruder.“ Er holte eine Stange Siegellack aus
seiner Hosentasche und zündete eine der Kerzen an.
Pastina
rollte den Beutel zusammen und der Wirt ließ den Lack auf die
offene Kante tropfen. „Nicht öffnen.“ Eigentlich
überflüssig zu sagen angesichts der aufwändigen
Prozedur.
„Er
traut mir nicht.“ Sie zog einen Schmollmund.
„Die
Sachen könnten in unbefugte Hände fallen, bevor Sie sie
Dario aushändigt.“
„Dann
nützt auch das Siegel nichts.“ Mirella lachte ihn aus.
Natürlich wollte er vermeiden, dass sie sich den Inhalt ansah.
„Denkt Er, dass man mich in dieser Gasse überfällt,
bevor ich die Kutsche erreiche?“
„Nein,
denn ich werde Sie begleiten.“ Pastina imitierte eine elegante
Verneigung. „Ich hoffe, ich geniere Sie nicht allzu sehr mit
meinem Anblick.“
Plötzlich
scherte ihn sein Aussehen? Mirella gluckste amüsiert.
Der
Wirt packte beide an den Armen. „Genug jetzt. Sicher wird die
Signorina zu Hause erwartet.“
***
Wieder
kamen die Männer erst nach Anbruch der Dunkelheit nach Hause.
Enzo ging in den Hof zu seiner Truhe; Dario nach oben, weil Mirella
ihn mit einer Kopfbewegung dorthin geschickt hatte.
Wie
am Vorabend stand er mit nacktem Oberkörper vor dem Waschtisch,
als sie eintrat. Sie stellte sich hinter ihn und strich mit ihren
Händen über seine breiten Schultern. Wie mochte Felipe
unbekleidet aussehen?
„Hast
du eine Nachricht von Maddaloni für mich?“
„Das
wohl nicht. Ich habe etwas Anderes.“ Sie trat an die Kommode
und holte die Schatulle und den Beutel unter seiner Wäsche
hervor. „Ich dachte, ich verstecke es besser. Wer weiß,
wann Gina einfällt aufzuräumen.“
„Kluges
Mädchen. Leg es aufs Bett.“
Mirella
biss sich auf die Lippen; zu gerne hätte sie gefragt, ob er
nicht öffnen wolle. Aber nachdem er so ärgerlich über
ihre Neugier gewesen war, unterließ sie es lieber.
„Hilfst
du mir wieder?“ Er zog an dem Bändel, mit dem sie den
Verband über der Schulter verknotet hatte.
„Ich
hole sauberes Leinen.“
Als
sie zurückkam, war das Siegel an dem Beutel erbrochen; ein
versilberter Schlüssel steckte im Schloss der Schatulle.
Sie
nahm Dario den Verband aus der Hand, den er inzwischen
heruntergewickelt hatte, und begutachtete die Wunde. Die Ränder
waren gerötet. „Wir sollten sie behandeln. Ich hole Gina.“
Er
hielt sie fest. „Nein; es geht schon.“ Er lächelte.
„Es tut auch überhaupt nicht weh.“
Also
begann sie, ihn wieder zu verbinden. „Was ist da drin?“
„Wo?“
Er folgte ihrem Blick zum Bett. „Das ist nichts für dich,
Schwesterchen.“
Aber
sie musste doch nachfragen. „Was hast du mit diesen Leuten zu
schaffen? Einer war da, der sah aus wie ein Brigant aus der Provinz.“
„Dann
wird es wohl auch einer gewesen sein. Es ist schließlich ein
Wirtshaus am Rande der Stadt.“ Er langte ihr unters Kinn und
hob ihr Gesicht zu sich. „Hat er dich belästigt?“
Unwillkürlich
kam ihr ein Lächeln. „Er war nett. Höflich. Er schien
dich zu kennen.“
Dario nickte. „Pastina.”
„Wer
ist das?“ Endlich bekam sie etwas in Erfahrung.
„Er
hat den Aufstand in Salerno angeführt. Ein guter Stratege.“
„Du
redest, als sprächest du von einem General.“ Sie
verknotete den Verband.
Dario
zog sich ein frisches Hemd über und sie
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