Königliche Republik (German Edition)
half ihm beim Zuknöpfen.
„Er
täte wohl dazu taugen.“
Mirella
hörte auf zu knöpfen und starrte ihm ins Gesicht. „Was
bedeutet das? Dario, stehst du plötzlich auf der Seite der
Aufständischen?“
„Das
tue ich nicht.“
„Gott
sei Dank!“ Sie ließ sich aufs Bett fallen. „Sie
können doch nichts ausrichten gegen die Spanier. Nicht auf die
Dauer.“ Als er sich neben sie setzte, kuschelte sie sich an
seine Brust. „Versprich mir, dass du nichts tust, was dich in
Gefahr bringt.“
„Das
kann ich nicht.“
„Meinetwegen!
Bitte!“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Ich könnte
es nicht ertragen, wenn dir etwas passieren würde.“
„Dann
hilf mir.“ Er strich ihr über die Haare. „Du hast
den Brand gesehen. Es liegt nicht an mir, ob es gefährlich
wird.“
„Was
hast du vor?“ Sie begriff nicht, wie Pastina und der Duca di
Maddaloni zusammenpassten; aber das wagte sie nicht zu fragen. Sie
standen doch auf verschiedenen Seiten; so glaubte sie zumindest.
Er
sah sie lange an. Dann stand er auf, ging ans Fenster und wandte ihr
den Rücken zu. „Der Vizekönig macht einen Fehler nach
dem anderen. Erst gibt er nach und dann ... So kann er die Ordnung
nicht wiederherstellen.“
„Ich
dachte ...“
„Was
dachtest du?“ Er setzte sich wieder neben sie. „Kleines,
zerbrich dir nicht den Kopf. Du kriegst deinen Prinzen. Der König
ist klüger als Don Rodrigo. Vielleicht schickt er sogar Cabrera
wieder zurück. Der hat gewusst, dass man die Kuh nicht
schlachten darf, die man melken will.“
„Aber
das Volk will nicht mehr gemolken werden.“ Sie sah den
Seidenweber vor sich. „Und mehr als das.“
„Aber
das ist Anarchie.“
Sie
seufzte. „Gina traut sich kaum noch auf die Straße. Und
Mamma würde mich am liebsten einsperren, wenn sie von
irgendwoher Schüsse hört.“ Sie zog einen Flunsch.
„Hast
du Stefania gesehen in den letzten Tagen?“
Sie
schüttelte den Kopf.
„Du
wolltest doch zu ihr.“
Sie
hätte nicht lügen sollen. Nun musste sie noch etwas
erfinden; hoffentlich bekäme er keine Gelegenheit, das zu
überprüfen. „Sie war nicht da.“
Er
ging an seinen Sekretär, holte einen Federkiel und ein Blatt
heraus und zog den Stopfen aus dem Tintenfass; alles mit der linken
Hand. Das würde unlesbar werden; er konnte überhaupt nicht
mit Links schreiben.
„Hat
sich etwas geändert?“ Sie stand auf und schielte über
seine Schulter.
Da
legte er die Feder wieder weg statt sie in die Tinte zu tauchen. „Das
hoffe ich nicht.“ Er griff hinter sich nach ihrem Arm. „Sei
nicht so neugierig!“
Sie
maulte. „Wenn ich dir doch helfen soll.“
Er
drehte sich um und schob sie einen Schritt von sich weg. „Sprich
mit der Marchesa. Sag ihr, sie und Stefania sollen die Stadt
verlassen. Auf dem Landsitz sind sie sicherer.“
„Die
Marchesa wird ihren Mann niemals allein zurücklassen. Das ist
eine wirkliche Ehe. Mamma würde das auch nie tun.“
Er
grinste. „Eben. Sie werden Stefania alleine aufs Land schicken.
Mit ihrer Gouvernante vielleicht.“
„Sie
hat keine mehr.“
Er
grinste noch breiter. „Ich weiß.“
Mirella
gab Dario einen Stoß. „Du ziehst mich auf.“
„Aber
nein. Ich helfe dir, mögliche Einwände vorauszusehen.“
„Ich
kann alleine denken.“ Sie war noch nicht versöhnt.
„Allerdings, Gedanken lesen kann ich nicht. Und wenn du mir
vorenthältst, was du im Kopf hast ...“
Er
zwinkerte ihr zu. „Warte es nur ab; eines Tages kannst du auch
das.“
Mirella
war sicher, dass er schon wieder etwas anderes sagte als er meinte.
Donnerstag, 22. August 1647
Grollender
Donner weckte Mirella im Morgengrauen. Nach einem Moment des
Lauschens begriff sie, dass dies kein Gewitter war. Zudem war es
ungewöhnlich hell und das Licht nicht so kalt und weiß wie
sonst in der Dämmerung. Vermutlich brannte es wieder irgendwo.
Sie
setzte sich auf und tastete nach dem Zunder neben der Öllampe.
Dann verzichtete sie aber doch aufs Anzünden und stand auf. Auf
bloßen Füßen tappte sie zum Fenster und öffnete
es.
Unter
ihr sang der Kater einen getigerten Rivalen an; einen Augenblick
später schlug er fauchend auf ihn ein. Dann raste der Rivale
davon; der Kater hinterher.
Am
Hafen hob sich zischend ein brennendes Geschoss in den Himmel und
überstrahlte für einen Moment alles. Santa Lucia antwortete
mit Kanonenschlägen; begleitet vom trockenen Klang vieler
Arkebusen. Inzwischen konnte sie die Waffen unterscheiden.
Wieder
ein Tag, an dem Rita ihr das
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