Königliche Republik (German Edition)
sein; aber sie
begriff nicht, welche Schlussfolgerung Dario daraus zog. „Sonst
noch etwas?“
„Sag
Er Dario, dass Vater auf seiner Seite steht.“ Aber Enzo wusste
genauso wenig wie sie, welche das war. Und was tat Pastina bei all
dem?
„Das
ist eine gute Nachricht. Je mehr Leute wir im Geheimen haben ...“
Er schwang das andere Bein hinaus und dann sprang er hinunter.
„Dario.“
Er war dabei, sich in Schwierigkeiten zu bringen. Was hatten diese
Leute vor? Gegen eine Flotte von vierzig Schiffen konnten sie nicht
gewinnen. Stefania musste ihn überzeugen zurückzukommen.
Samstag, 5. Oktober 1647
Das
erste, was Mirella hörte, war Geschützdonner. Wieder
einmal. Sie starrte in die Morgendämmerung; dann zog sie die
Bettdecke über den Kopf. Es nützte nichts, aber was sonst
sollte sie tun als abzuwarten?
Kurz
darauf öffnete Enzo ihre Tür.
Schockiert
fuhr Mirella hoch.
Enzos
Gesicht war grau von einer schlaflosen Nacht. „Dieses Mal ist
es Ernst. Zieh dich an und komm herunter.“
Bevor
er die Tür wieder schloss, sah sie Rita in Reisekleidung aus
ihrem Schlafzimmer kommen. So schnell es ohne Ginas Hilfe ging,
begann sie sich umzuziehen. Dann kam Ritas Mädchen in ihr Zimmer
gestürmt. Wortlos stellte Concetta sich hinter Mirella und
schnürte ihr das Mieder zu.
„Weißt
du, was los ist?“
„Der Padrone will uns alle aufs Land schicken.“
„Aber
wohin denn?“ Und wenn Dario sie hier bräuchte? Sie schob
das Mädchen zur Tür. „Sag Vater, ich will nicht. Ich
bleibe hier.“
Concetta
sah sie erschrocken an. „Das kann Sie nicht. Die Spanier
bombardieren die ganze Stadt.“
„Geh!“
Sie hielt das Mädchen fest. „Nein, zieh mich fertig an.
Geschwind. Ich sag es ihm selber.“
Noch
unfrisiert, die Haare offen über den Schultern, lief sie dann
hinunter, um Enzo zu suchen.
Er
packte im Souterrain seine Kontorbücher in eine schwere Truhe.
„Vater,
ich habe keine Angst. Felipe wird ...“
„Du
kommst mit.“ Behutsam klopfte er Asche von einem der noch nicht
kopierten Bücher. „Dario will ...“
„Dario“,
unterbrach sie ihn aufgeregt. „Dario hat das gesagt? Woher
weißt du das?“
„Er
ist im Stall, nehme ich an.“
Sie
starrte ihn ungläubig an, dann rannte sie hinaus.
Dario
stand an der Kutsche und half Fabrizio, einen Schrankkoffer aufs Dach
zu hieven.
Sie
lief auf ihn zu und zupfte ihn am Ärmel.
Er
blickte sich um. „Du bist ja noch gar nicht frisiert. Beeil
dich.“
„Aber
Dario.“ Sie stockte, sah zu Fabrizio hoch. Wie konnte sie
erfahren, was geschehen war? „Wieso? Wohin fahren wir? Ich
dachte ...“
Er
lächelte. „Mach dir keine Gedanken. Die Oliveto erwarten
uns in ihrem Landhaus. Sie sind gestern Abend schon angekommen.“
„Bleiben
wir alle dort, bis es vorbei ist? Alle?“
„Wir
werden sehen. Ich denke schon.“
Sie
verzog das Gesicht, worauf er ihr einen Stups auf die Nase gab. „Wir
müssen abwarten, wie es weitergeht.“ Er reichte Fabrizio
Stricke hoch, damit er die Koffer festbinden konnte. „Mach dich
fertig.“
Beschwingt
ging sie zurück. Wenn sie wieder alle zusammen wären und
Stefania auch dort, dann würde Dario seine gefährliche
Tätigkeit beenden. Das war wichtiger als die Gabelle und
alles andere, was die Reggia erreichen wollte. Oder die
Barone. Wozu noch etwas riskieren, wenn die Spanier sowieso in der
Stadt aufräumten.
***
Aber
die Spanier räumten nicht auf; die Aufständischen hielten
Stand.
Erst
hängten die Neapolitaner den Prinzen von Massa, Francesco
Toraldo, weil sie ihn des Verrats verdächtigten. Dann wählten
sie Gennaro Annese an seiner Stelle zum neuen Generalleutnant der
Stadt. Und Annese erklärte Provinz und Stadt Neapel zur
unabhängigen Republik.
Enzo
war noch übernächtigter und bleicher als sonst, als er
danach aus Neapel zurückkam. Er rief Mirella in Ritas
Schlafzimmer und schickte Gina, der Köchin der Marchesa zu
helfen. Dann verschloss er die Tür sorgfältig.
In
Mirella wuchs die Beklemmung, während sie ihm zusah. Nie zuvor
hatte Enzo Geheimnisse gehabt.
Er
lief murmelnd auf und ab; dann riss er plötzlich die Tür
auf und schaute in den Flur. „Gut!“ Er schloss sie
wieder. „Hört gut zu: Niemand, niemand darf erfahren, dass
Dario nicht die ganze Zeit über hier im Landhaus geblieben ist.“
Er hob die Hand, um sie am Reden zu hindern. „Ab heute ist es
Hochverrat!“
„Aber
...“ Mirella schaute von ihm zu Rita. „Aber das wissen
doch viele: Fabrizio, die Oliveto
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