Königliche Republik (German Edition)
Rodrigos
bedeutet, dass der König die Kapitel nicht anerkennt.“
„Krieg?“
Sie ächzte. Sie würden allesamt verhungern, wenn das noch
lange so weiterging. „Die Neapolitaner werden eine
Zurückweisung nicht akzeptieren.“
„Nein,
das werden sie nicht!“ Enzo reckte das Kinn, als sei er auch
noch stolz auf diese Dummheit.
„Aber
sie haben keine Chance gegen eine ganze Flotte!“
„Das
werden wir sehen.“ Er beugte sich zu ihr und senkte seine
Stimme, als könne Fabrizio oder sonst jemand sie trotz des
Ratterns der Räder draußen hören. „Was weißt
du von Dario?“
Sie
wich erschrocken zurück, aber er ergriff ihre Hände und
drückte sie. „Ich bin sicher, dass Stefanie dir etwas
erzählt hat.“
„Aber
...“ Sie mochte ihn nicht belügen und senkte den Kopf.
„Vater, Er vergebe mir.“ Sollte er sie doch schlagen; sie
würde nichts verraten.
Enzo
seufzte. „Schon gut, Kind. Aber sag es mir, wenn er meine Hilfe
braucht.“ Er ließ sie los und sah hinaus. „Lass ihn
wissen, dass er mir vertrauen kann. Auch wenn ich vielleicht nicht
gut heißen darf, was er tut. Wir sind eine Familie.“
Donnerstag, 3.Oktober
Mirella
fuhr hoch. Draußen knackten Zweige unter ihrem Fenster. Gleich
darauf klirrte ein Stein gegen die Schreibe; dann noch einer. Sie
stand auf und warf einen Schal über ihr Nachthemd. Einen Moment
überlegte sie, ob sie Licht anzünden sollte. Dann entschied
sie, zuerst nachzuschauen.
Wieder
klackerte es gegen das Glas.
Sie
öffnete das Fenster. Unten standen zwei dunkel gekleidete
Gestalten; eine etwas weiter weg im Hof, die andere direkt an der
Pergola.
Mirella
beugte sich vor; sollte sie pfeifen oder was?
Die
Gestalt unter ihr hob den Kopf und raunte: „Ich komme hoch.“
Sie griff nach dem Spalier und stieg die Sprossen hoch. Dario –
endlich! Aber warum kam er heimlich?
Mirella
trat zurück.
Es
krachte mehrmals im Geäst und sie befürchtete schon, er
würde abstürzen. Mehr noch; sie machte sich Sorgen, er
könne andere wecken mit diesen Geräuschen. Sie tastete nach
dem Zunder und zündete die Öllampe auf dem Nachttisch an.
Gleich
darauf griff eine behandschuhte Hand über die Fensterbank.
Pastina!
Mirella
starrte ihn an und wickelte ihren Schal enger um sich.
„Mach
das Licht aus, Mädchen.“ Er schwang sich ins Zimmer.
Barfuß wie im Gallo bianco ; dieses Mal mit einer grünen
Schärpe für seinen Säbel. „Warum bist du nicht
in den Gallo bianco gekommen?“
Sie
wurde wütend. „Was fällt Ihm ein ...“
„Wenn
Sie nicht zu mir kommt, muss ich zu Ihr.“
„Was
will Er?“ Wenn sie jetzt nach Enzo riefe, würde Pastina
ihn umbringen. Sie ging zwei Schritte rückwärts.
„Dario
schickt mich, wie hätte ich sonst hierher finden können?“
Das
war wohl richtig. Sie bezähmte ihre Wut. „Jedes Mal, wenn
wir uns in der Stadt begegnet sind, hat Er so getan, als sähe Er
mich nicht.“
„Natürlich.“
Er setzte sich auf die Fensterbank und warf einen Blick nach draußen.
„Sie hat Zugang zum Vizekönig. Wir müssen wissen, was
er jetzt plant.“
„Welcher
Vizekönig?“
„Welcher?“
„Don
Rodrigo ist nicht mehr Vizekönig von Neapel.“
„Sondern?“
Sie
hatte schon wieder nicht bedacht, was sie sagte. Wenn es nun noch
niemand wissen durfte? Um Felipes Willen mochte sie die Frage nicht
beantworten. „Es scheint, der König lässt ihn
ablösen, weil er die neuen Kapitel nicht anerkennen will. Oder
denkt, Don Rodrigo mache zu viele Fehler.“
Pastina
stieg von der Fensterbank herunter. „Dann ist der neue
Vizekönig an Bord des Flaggschiffs. Wer ist es?“ Er kam
auf sie zu und hob ihr Gesicht, um ihr in die Augen zu sehen. „Sie
muss es wissen. Sie war dort.“
Er
wollte ihr ansehen können, ob sie die Wahrheit sagte. Sie schob
seine Hand weg. „Der Prinz von Österreich befehligt die
Flotte.“
„Das
ist bekannt.“ Er starrte sie immer noch an. „Ach so.
Natürlich.“
Sie
hatte es nicht verraten, versuchte sie ihr schlechtes Gewissen zu
beruhigen. Er war allein darauf gekommen. „Ich weiß
nicht, was die Spanier vorhaben.“ Sie setzte sich hin; flüchtig
kam ihr der Gedanke, dass das Bett kein sicherer Ort sein könnte
in Gegenwart eines Mannes. „Sie verhandeln doch mit Genoino.“
„Aber
nicht mit Annese. Genoino spricht nicht mehr fürs Volk.“
Er setzte sich wieder auf die Fensterbank, ließ ein Bein nach
draußen baumeln und blickte nach unten. „Niemand fragt
mehr danach, was er aushandelt.“ Das mochte ja
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