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Königliche Republik (German Edition)

Königliche Republik (German Edition)

Titel: Königliche Republik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annemarie Nikolaus
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Hände, um das
schwergängige Schloss zu öffnen. Solche Mühe, einen
Schlüssel zu drehen, hatte man eigentlich nur bei einer selten
benutzten Tür. Wo führte er sie hin? Dann nahm er die
Fackel wieder aus der Halterung und ging weiter. Mirella raffte ihre
Röcke höher und machte größere Schritte, um ihn
nicht mehr aus den Augen zu verlieren, während er um die
nächsten Ecken ging. Am liebsten hätte sie gefragt, ob es
noch weit sei; aber das hätte nicht zu einer arroganten Haltung
gepasst.
    Irgendwo
plätscherte es leise und dann quiekte es vor ihren Füßen.
Eine Ecke weiter sah sie im Schein der Fackel eine fette Ratte
davonspringen. Der Ekel schüttelte sie.
    Endlich
wurde der Gang wieder breiter; hinter einer weiteren Ecke kam ihnen
Lichtschein entgegen. Dann standen sie vor einem anderen Gitter. Zwei
Wächter saßen dahinter und spielten Tarock. Im Schein
ihrer Kerzen schimmerten die neuen Münzen der Republik auf dem
Tisch. Einer sah auf und spielte dann die nächste Karte aus.
    „Heh,
ihr da! Öffnen!“
    Der
andere Wächter legte seine Karte ab; dann nahm er den Stich an
sich. „Das Spiel gewinne ich, mein Freund.“ Er beugte
sich zur Seite und stand mit einem Schlüssel in der Hand auf.
„Was haben wir denn da?“ Er bedachte Mirella mit einem
schmierigen Grinsen, bevor er aufschloss.
    „Lass
sie zu dem Gefangenen. Befehl des Dogen.“
    Zu
Mirellas Entsetzen blieb der Schreiber hinter dem Gitter zurück,
während der Wächter sie an der Hüfte packte und vor
sich her in die Dunkelheit schob. Als er sie losließ, blieb sie
stehen. Sie wagte nicht, sich umzudrehen.
    Arroganz!
Sie reckte den Kopf. „Wo ist mein Bruder?“ Leider klang
ihre Stimme jetzt gar nicht mehr arrogant, sondern rau vor Furcht.
    Der
Wächter tauchte mit einer flackernden Kerze neben ihr auf, deren
Docht fast im Wachs ersoff. Sie holte tief Luft und folgte ihm.
    Vor
einer schweren Tür mit einer eisernen Klappe blieb er stehen. Er
öffnete die Klappe und blickte hinein. „Er ist noch da“,
brummte er; dann schloss er auf.
    Der
Gestank von moderndem Stroh schlug ihr entgegen. Es war stockfinster.
Ein schabendes Geräusch, dann klirrte eine Kette.
    Mirella
blieb an der Tür stehen. „Dario?“ Ihre Stimme war
ein fast unverständliches Krächzen.
    Ein
Stöhnen war die Antwort; die Kette rasselte lauter. „Mirella!
Um Gottes willen!“ Das flackernde Licht zeigte ihr nur seine
Konturen.
    Der
Wächter drückte ihr die Kerze in die Hand. Heißes
Wachs floss über ihre Finger; sie hielt die Luft an, bis der
Schmerz nachließ. Dann hob sie das Licht und ging tapfer einen
Schritt vorwärts. Hinter ihr fiel die Tür zu.
    Die
dunkle Gestalt, die Dario war, richtete sich halb auf und lehnte sich
an die Wand. „Was tust du hier?“ Seine Stimme war heiser,
geborsten vor Schmerz.
    Entsetzt
starrte sie auf sein zerschundenes Gesicht. Sie streckte die freie
Hand aus und berührte vorsichtig eine Stelle, die nicht
blutverkrustet oder dunkel angelaufen war. „Oh, Dario, was
haben sie mit dir gemacht?“ Tränen stiegen ihr in die
Augen; sie legte einen Arm auf seine Schulter, um ihn an sich zu
drücken.
    Er
quittierte es mit einem Stöhnen und sie ließ ihn
erschrocken los.
    „Wie
kommst du hierher?“
    „De
Guise hat mir einen Passierschein ausgestellt.“
    „So!“
    Sie
starrte ihn an. „Was hast du ihnen gesagt?“
    Dario
kniff die Augen zu Schlitzen zusammen. „Nichts. Ich haben ihnen
nichts gesagt.“
    Erleichtert
atmete sie auf. „Das ist gut.“ Behutsam legte sie ihre
Finger auf seine zerschundenen Lippen. Dann fiel ihr eine dringende
Frage ein. Sie flüsterte: „Was wollten sie von dir wissen?
Was werfen sie dir überhaupt vor?“
    „Dass
ich die Spanier mit Informationen versorge.“
    „Die
Spanier.“ Sie vergaß, dass sie leise sprechen wollte,
falls der Wächter hinter der Tür lauschte. „Die
Spanier, du noch nie ausstehen konntest.“ Ihr wurde leicht ums
Herz. Ein Vorwurf, der so offensichtlich falsch war; sie konnten ihm
nichts anhaben. „Wie kommen sie nur darauf? Das ist doch
absurd.“
    Er
blickte irgendwo hinter ihr in die Luft; sie wandte den Blick. Licht
schimmerte durch die Klappe. Es stand tatsächlich einer dahinter
und lauschte.
    Darum
hob sie die Stimme erst recht, damit er es nur hören konnte.
„Werfen sie dir meine Verlobung vor?“
    Er
hob die Schultern in einer unendlich müden Bewegung. „Kaum.“
Sein Gesicht verzerrte sich; das sollte wohl ein Grinsen sein. „Dass
ich Felipe verabscheue,

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