Königliche Republik (German Edition)
oder weil er an meine Unschuld glaubte.“ Er hielt
Stefania die Feder entgegen und sie stand auf und schnitt den Kiel
an.
„Aber
du bist doch unschuldig!“ Unter seinem Blick zuckte Stefania
zusammen und schwieg.
Mirella
ballte die Fäuste. „Das Ergebnis zählt, Dario. Dass
du lebst.“
Er
lächelte sparsam. „Ich weiß, dass du alles dafür
gibst, Schwesterchen.“
Was
wusste er! Mirella ging zur Tür; es war unerträglich, auch
nur daran zu denken.
„Warte!
Du musst diesen Brief überbringen. – Ich bin gleich
fertig.“ Dario schrieb hastig ein paar Zeilen; dann faltete er
mühsam den Bogen zusammen und versiegelte ihn. „Lieber
würde ich selber gehen. Trotz des Hausarrests. Wenn ich mich nur
einigermaßen bewegen könnte!“
„Das
kannst du Vater nicht antun.“
„Deswegen
musst weiterhin du meine Briefe in den Gallo bianco bringen.“
Mirella
ballte die Fäuste und blitzte ihn zornig an. „Das tue ich
nicht.“
„Du
hast versprochen, mir zu helfen.“ Seine Augen wurden schmal.
„Und du kannst nicht mehr zurück. Du brauchst jetzt die
Rückkehr der Spanier genauso wie ich.“
Stefania
sah mit wachsendem Entsetzen im Gesicht zwischen ihr und Dario hin
und her. „Was bedeutet das alles? Wovon redet ihr?“ Sie
stand auf und nahm Dario mit einer schnellen Bewegung den Brief aus
der Hand. Bevor er in seiner Schwerfälligkeit reagieren konnte,
war sie zurückgewichen und öffnete ihn.
Mirella
schloss die Augen, als könne sie damit die Wirklichkeit
aussperren. „Dario arbeitet immer noch mit den aufständischen
Baronen zusammen.“ Sie sah Stefania an. „Der Vorwurf, er
habe unsere Republik an die Spanier verraten, ist nicht richtig. Aber
verschworen hat er sich doch gegen das Volk von Neapel.“
„Wir
gehören auch zum Volk.“ Das klang eindeutig nach
Widerspruch. Stefania senkte die Hand mit dem Brief. Was hatte sie
vor?
„Wie
kann es sein, dass du es nicht weißt? Euer Landhaus war doch
den ganzen Sommer über ein Treffpunkt der Verschwörer.“
„Viele
besuchen Vater; und Mutter veranstaltet mit Hingabe rauschende
Sommerfeste.“
„Ideal.“
Der Marchese unterstützte die Verschwörung der Landbarone
gewiss nicht. Dazu war er zu beharrlich und vehement dafür
eingetreten, die antifeudale Stoßrichtung der August-Kapitel
durchzusetzen. Aber er war gerade deshalb einflussreich, weil er mit
allen gut auskam und stets darauf bedacht war, niemandem zu nahe zu
treten. Auf diese Weise hatte die öffentlich bekannte Haltung
des Marchese Dario den notwendigen Deckmantel verschafft.
„Das
ist doch jetzt gleichgültig!“ Stefania hielt ihr den Brief
hin. „Jetzt droht Neapolitaner gegen Neapolitaner zu kämpfen.
Wollen wir das?“
Mirella
schüttelte den Kopf.
„Dann
müssen die Spanier zurückkommen.“ Sie wedelte
nachdrücklich mit dem Brief. „De Arcos hat alles getan,
was der Rat der Stadt gefordert hatte. Und der neue Vizekönig
gewährt Generalpardon. Was wollen wir mehr?“
Das
konnte Mirella auch nicht so genau sagen. Müsste sie dann Felipe
heiraten? Gewiss nicht; Rita würde sie verstehen. „Gut,
ich überbringe den Brief. Dario darf nichts geschehen.“
Dario
schob Stefania beiseite und nahm Mirella ihn den Arm, während
Stefania den Brief erneut versiegelte. Sanft streichelte er ihr die
Wange. „Liebste kleine Schwester, ich wusste, dass du dein Wort
hältst.“
Sie
nickte, aber das Herz war ihr schwer. „Du hast doch nicht
deinen Namen darunter geschrieben? Wenn jemand den Brief abfängt
...“
Er
küsste sie aufs Haar. „Sei ohne Sorge. Ich werde weder
Vater noch dich jemals in Gefahr bringen.“
Und
doch hatte er es längst getan.
Samstag, 1.Februar 1648
Im
Schritttempo ließ Fabrizio die Kutsche durch die Straßen
rollen; jedes Mal hielt er an, bevor er über eine Kreuzung fuhr.
Er bog immer wieder vom Weg ab, um den Schutz enger Gassen zu suchen.
Eine halbe Stunde waren sie schon unterwegs und der Weg zum
Pizzofalcone schien noch immer endlos weit. Zwei Mal waren sie an der
Grenze zu spanisch besetzten Vierteln von Wachtposten des Tercio
de Nàpoles angehalten worden. Aber die Soldaten hatten
darauf verzichtet, die Kutsche zu durchsuchen.
Eine
Detonation hallte in dem Gewölbe wider, unter dem sie gerade
hindurchfuhren. Die Pferde wieherten erschreckt. Fabrizio hielt an
und stieg ab, um sie zu beruhigen und dann zu Fuß
weiterzuführen.
Dann
ertönten zwei trockene Schüsse. Nicht weit von ihnen
schienen Mann gegen Mann zu kämpfen; Metall
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