Königliche Republik (German Edition)
danken für die Fürsorge, die Er ihm
angedeihen ließ.“
De
Guise schnaubte. „Hinrichtungen widerstreben mir. Ich
halte sie für einen Akt der Feigheit.“
„Oh.“
Für einen Moment war Mirella sprachlos. „Jedenfalls, als
...“, wie schwer fiel ihr doch, dies verlogene Wort
auszusprechen, „... als treuer Bürger Neapels lässt
er Ihm mitteilen: Er glaubt, mit Sicherheit zu wissen, warum die
Italiener Eure tapferen Soldaten in der Schlacht vor Nocera im Stich
gelassen haben. Man hat sie gekauft.“
„So?“
Mirella
bekam fast keine Luft mehr; sie versuchte, ihren Kragen zu lockern.
„Ich verstehe nichts von diesen Dingen ...“
Ein
Schmunzeln glitt über das Gesicht des Dogen. „So hätte
man mir falsch über Sie berichtet?“
„Ich
wollte sagen ...“ Der behandschuhte Finger blieb an einem
Häkchen des Kragens hängen. Vorsichtig bewegte sie zwei
Finger, um ihn wieder frei zu bekommen. „Ich kann nur das
Wenige wiedergeben, was Dario mir gesagt hat. Die Einzelheiten muss
er Ihm selber berichten.“
„Woher
sollte Ihr Bruder mehr wissen als meine Männer?“
Mirella
atmete durch; endlich eine Antwort, die ihr leicht fiel. „Es
kommen so viele Leute aus der Provinz in unser Kontor.“ Der
Handschuh war frei; sie lächelte zaghaft. „Es gibt nichts,
was man dort nicht erfahren könnte.“
„Hat
Ihr Bruder auch erfahren, wer die Soldaten gekauft haben soll?“
Mirella
presste die Lippen zusammen; der Herzog sollte nur glauben, sie wolle
ihm die Antwort verweigern.
„Sie
weiß es nicht?“
„Doch
... aber ...“ Sie senkte den Blick. „Wenn Er mit meinem
Bruder sprechen würde ...“
„Wozu,
wenn Ihr es mir sagen könnt.“ Dass er ins Französische
wechselte, hieß wohl, dass er die Geduld verlor.
Sie
kämpfte mit den Tränen; echten Tränen. Es war so
gemein; wer wusste schon, ob der Marchese tatsächlich
unbehelligt davonkommen würde? Selbst Anneses Truppen wagten
sich noch immer hinaus in die Provinz.
Unvermittelt
lag die Hand de Guises unter ihrem Kinn und zwang sie, ihm in die
Augen zu sehen. Sie schniefte.
„Herzweh?
Wie das?“ Er ließ sie los. „Seid Ihr nicht allemal
in Sicherheit, da Ihr diesen Spanier heiraten wollt?“
„Nein,
Hoheit.“
De
Guises Blick wurde noch wachsamer als zuvor.
„Das
ist es nicht, wollte ich sagen.“
Eine
steile Falte erschien zwischen seinen Augenbrauen. ‚Nur diese
eine Gelegenheit’, hatte Albert gesagt. Sie war dabei, sie zu
verspielen.
„Ihr
stehlt mir die Zeit!“
„Das
will ich gewiss nicht.“ Sie flüsterte fast, legte einen
flehenden Klang in ihre Stimme. „Stefania ist meine Freundin.“
„Ich
gebe Euch noch zehn Sekunden!“
Ihre
Stimme zitterte. „Der Marchese d’Oliveto soll die Männer
bezahlt haben. Behauptet Dario.“
„Euer
Bruder ist mit dem Mädchen verlobt. Und liefert uns den Vater
aus?“ Er wandte sich seinem Arbeitszimmer zu. „Ich glaube
Euch nicht.“
„Ich
sage doch nur, was Dario mir aufgetragen hat!“ Die Verzweiflung
über den Misserfolg ließ Mirella aufschluchzen.
Der
Doge schloss die Tür hinter sich.
Im
nächsten Augenblick stand Albert neben ihr und reichte ihr sein
Taschentuch. „So sollte Euch niemand sehen.“
„Ich
habe es verpatzt.“ Mechanisch nahm sie das Tuch und wischte
sich die Tränen aus dem Gesicht. „Er wird Alexandre
aufhängen lassen.“
„Einen
Marquis hängt man nicht!“
Mirella
erschauderte: Alexandres Vater war enthauptet worden.
Albert
legte einen Arm um ihre Schultern und zog sie an sich. Die
vertrauliche Geste tröstete sie ungemein und sie hörte auf
zu schluchzen.
„Was
soll ich jetzt nur tun?“
„Nichts,
Mirella. Geht nach Hause. Ich werde mich darum kümmern.“
Er lächelte über ihren zweifelnden Blick. „Sagte ich
Euch schon, dass Alexandre mein Freund ist?“ Er ließ sie
los und öffnete die Tür zum Korridor. „Es wäre
einfacher gewesen, wenn Ihr mir vorher gesagt hättet, dass Dario
den Marchese im Verdacht hat. Ich hätte mehr tun können.“
Von
einer bösen Ahnung überfallen, blieb Mirella stehen.
„Wieso? Was denn? Der Marchese ist nicht in Neapel.“
„Nein?
– Wie überaus praktisch.“
„Ich
verstehe Euch nicht, Albert.“
„Jemanden
denunzieren, auf den wir keinen Zugriff haben.“
Er
hatte sie gewiss durchschaut. Ihr blieb wohl nur noch die
Konfrontation. „Ihr glaubt mir auch nicht!“
„Ganz
und gar nicht. Aber vielleicht hilft es Alexandre trotzdem.“
Er
begleitete sie bis zum Ausgang „Die Scandore
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