Königliche Republik (German Edition)
meinem Hochzeitstag.“ Ihrer
Stimme mangelte es aber an der gewohnten Festigkeit. Gewiss wollte
sie nur alle angstvollen Gedanken verscheuchen, die das weitere
Gespräch mit sich bringen mochte. Gleich würde sie vom
Wetter reden.
Dario
kam nicht zu seiner Keule. Stattdessen ließ er durch einen
Lakaien der Oliveto ausrichten, er bliebe zum Abendessen bei Stefania
und ginge anschließend mit ihr in das neue Stück, das eine
französische Compagnie im Teatro San Bartolomeo spiele.
Enzo
ließ daraufhin Gina eine weitere Flasche Greco aus dem
Keller holen. „Er hat vergessen, uns mitzuteilen, ob sie jetzt
den Hochzeitstermin festgelegt haben“, sagte er, nachdem er die
Flasche geöffnet hatte.
Mirella,
die eben noch übermütig ihr Glas geschwenkt hatte, wurde
blass. „Nicht nur das hat er vergessen“, murmelte sie.
Enzo
blickte sie besorgt an. „Was ist mit dir? Fürchtest du,
die beiden würden vor dir heiraten? Oder hast du heute Mittag
schon zu viel Wein getrunken?“ Er grinste. „Es wird noch
viel mehr Alkohol werden, wenn erst Hochzeit gefeiert wird.“
„Dann
müssen wir hoffen, dass es noch recht lange Zeit hat bis dahin.
Sonst kann unsere Kleine nicht ausreichend üben.“ Enzo
sollte es vermutlich als Scherz auffassen; aber der ernste Blick von
Rita passte nicht dazu.
Also
war Dario frei. Und Alexandre?
***
Am
folgenden Tag brachte ein Bote des Dogen Enzo eine Einladung zum
Maskenball am Mardi gras . Als sie zum Abendessen
beisammen saßen, legte er ihnen das Billett auf den Tisch.
Dario
feixte. „De Guise hat Mut.“
Mirella
sah ihn verwundert an. „Wieso Mut? Es ist doch Karneval.“
Würde sie dann endlich etwas über Alexandre erfahren?
„Nur
dass wir die Fastenzeit dieses Mal vorgezogen haben.“ Rita
ärgerte sich wohl immer noch über die Gans.
Dario
ging nicht darauf ein. „Es passt so gar nicht dazu, dass man
erzählt, er fühle sich verfolgt und von Feinden umzingelt.“
„Mangels
Kleidern und Masken wird sich wohl keiner unerkannt einschleichen.“
Ritas Sarkasmus war an diesem Abend wirklich nicht mehr zu
überbieten.
„Nimm
die von letztem Jahr, meine Liebe; die Franzosen kennen sie noch
nicht.“
„Aber
die Neapolitaner!“ Mirella zog eine Grimasse. „Ich bin
sicher, Stefania wird ein neues Kleid tragen.“
„Die
Oliveto sind nicht abgebrannt.“ Enzo kratzte sich hinterm Ohr
und sah misstrauisch zu Dario. „Noch nicht.“
Was
sollte das heißen? Wusste Enzo plötzlich etwas? Freilich;
er ging überall ein und aus.
Gina
und Fabrizio holten die Truhen mit den alten Kostümen vom
Dachboden. Mirella breitete missmutig ein Kleid nach dem anderen auf
Ritas Bett aus: ein Katzenkostüm, mehrere elegante Roben, die
auf Mittelalter gemacht waren, die Tracht einer Bäuerin, eine
bauschige Hose aus goldfarbenem Brokat nebst Turban für eine
Türkin, ein chinesisches Gewand. Sodann eine winterwarme
Felljacke, in der sie sich beim Tanzen zu Tode schwitzen würde.
Die Masken waren zumeist venezianisch und bedeckten das ganze
Gesicht. Nichts davon entsprach ihren Vorstellungen.
Gina
hielt ihr eine Maske vor, die sogar einen dünnen schwarzen Zopf
besaß, den man wohl mit dem eigenen Haar verflocht. „China.
So erkennt dich bestimmt niemand.“
„Und
wenn ich doch erkannt werden will?“
Rita
lachte. „Wozu dann ein Maskenball? Dann ist das Kleid
eigentlich egal!“
Ein
interessanter Gedanke. Daraufhin lief Mirella in ihr eigenes Zimmer
und riss den Schrank auf. Sie nahm das fliederfarbene Ballkleid
heraus, in dem sie nach der Krönung de Guises getanzt hatte.
Aber das ging nicht; damit konnte sie nicht auf einem Maskenball
erscheinen. „Das rote.“ Sie setzte sich aufs Bett und
versuchte sich zu erinnern. „Gina!“
Gina
kam mit einer lila-weiß gestreiften Robe ins Zimmer.
„Was
habe ich über dem Kleid getragen, als de Guise gekrönt
wurde?“
„Den
Umhang!“ Gina zog ihn aus dem Schrank. „Der ist jetzt
aber nicht gut genug. Er lässt den Nebel durch.“
„Wer
sagt, dass ich ihn draußen tragen will?“
Gina
starrte sie sprachlos an, dann schüttelte sie den Kopf. „Das
Kind ist übergeschnappt“, murmelte sie, während sie
wieder in Ritas Zimmer zurückging.
Mirella
folgte ihr. „Ich gehe als Reisende!“
„Als
was?“
Mirella
lief zurück und holte das rote Kleid und den Umhang. „Das
ziehe ich an. Ich kann den Umhang ja immer ablegen, wenn es zu warm
werden sollte.“
Die
Mutter hielt ihr das gestreifte Kleid entgegen. „Zieh
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