Königliche Republik (German Edition)
sind wirklich eine
gefährliche Familie. Hütet Euch! Ich habe ab sofort ein
Auge auf Euch.“
Sie
warf den Kopf hoch. „Meinetwegen! Wenn es Alexandre nur hilft.“
Er
lächelte versöhnt. Zu gern hätte sie gefragt, was er
nun tun wollte, aber die Wachen an der Treppe schauten zu ihnen
herüber. Vielleicht lauschten sie sogar.
***
Dario
war im Souterrain, als Mirella nach Hause kam. So hatte sie einen
guten Vorwand, nicht gleich mit ihm zu sprechen. Dann rief Rita sie
und Mirella floh zu ihr ins Schlafzimmer. In einer Truhe neben dem
Bett lag das Hochzeitskleid aus Caivano.
Mirella
wollte erneut fliehen, aber Rita hielt sie fest. „Anders als
bei Ringen und der Wäsche steht kein Name auf dem Kleid. Und es
ist auch nicht so bald aus der Mode.“ Sie drehte sie um und
begann, die Schleifen im Rücken von Mirellas Kleid aufzuziehen.
„Ich wünsche dir von Herzen, dass du es für den Mann
trägst, den du liebst.“
„Ach
Mamma!“ Mirella streifte Ritas warme Hände von ihren
Schultern.
Rita
rief Gina und Concetta herbei. Gemeinsam halfen sie Mirella in
das schwere, mit Perlen bestickte Kleid.
Gina
hatte Tränen in den Augen. „Meine Kleine ist endgültig
erwachsen geworden.“ Sie holte den Spiegel aus dem
Ankleidezimmer, aber Mirella wehrte ab.
„Du
siehst wunderbar aus, Kind. Willst du dich denn nicht sehen?“
„Nein.“
Mirella griff nach den Schleifenbändern im Rücken. „Nicht
jetzt. Bestimmt bringt es Unglück.“
„In
ein paar Wochen gehört den Spaniern die ganze Stadt. Schon jetzt
stellt sich ein Viertel nach dem anderen wieder unter die
Regentschaft des Vizekönigs. Deiner Heirat droht keine Gefahr
mehr.“
„Außer
...“
Mirella
musste zum Verzweifeln ausgesehen haben, denn Rita blickte sie
plötzlich besorgt an, hörte auf, ihr die Haare auseinander
zu flechten und schickte Gina und Concetta hinaus.
„Dein
Felipe wartet wie alle Adligen auf den Schiffen das Ende ab. Die
spanischen Fürsten begeben sich nicht unnötig in Gefahr.“
„Um
Felipe mache ich mir keine Sorgen.“ Sie versuchte, sich Felipe
gerüstet und im Kampf vorzustellen. Es gelang ihr nicht;
Alexandres schlanke Gestalt schob sich dazwischen. Aber auch
Alexandre stand auf keinem Schlachtfeld. Ihm drohte noch immer ein
ehrloserer Tod.
„Die
Franzosen haben diesen Krieg verloren.“
„ Wir haben ihn verloren, Mamma! Es ist unsere Republik!“
Mirella
schloss die Augen. Ritas Kleid raschelte leise, dann wurde es still.
Sie wartete wohl – zum ersten Mal seit langer Zeit hatte sie
Geduld. „Ich will Felipe nicht mehr heiraten, Mamma!“ Sie
sah sie an; Rita erwiderte den Blick mit unbewegter Miene. Mirella
wusste nicht, was sie weiter sagen sollte.
„Ich
bin sicher, das ist es nicht. Du hast mir etwas anderes zu sagen.“
Vorsichtig zog Rita sie an sich, darauf bedacht, das Kleid nicht
allzu sehr zu drücken. Sie strich ihr eine Locke aus dem
Gesicht. „Die Zeiten sind schwierig. Wenn du meinen Rat willst
...“
Der
schwere Geruch des Parfüms nahm Mirella den Atem, aber als sie
sich gegen die Umarmung wehrte, drückte Rita sie fester. Ein
anderer Geruch mischte sich in den des Parfüms: Vecchia
Romagna ? Mirella blinzelte und sog die Luft tiefer ein. Rita
hatte getrunken. Am frühen Morgen. Die Mutter!
Vor
Erschütterung entspannte Mirella sich. „Es ist nichts
sonst. Dario will endlich aus dem Arrest. Ohne uns noch länger
zu gefährden.“
„Das
ist verständlich. Und recht hat er.“ Ritas Stimme klang
lauernd; sie war noch nicht fertig mit ihr. „Du warst am Hof de
Guises. Gina hat es mir erzählt.“
„Gina?“
„Sie
weiß es von Fabrizio.“
So
also verbreiteten sich Nachrichten. Sie wusste es doch; warum hatte
sie nicht daran gedacht? „Es gibt vielleicht eine Möglichkeit.“
„Dieser
Krieg wird nicht mehr lange dauern!“
Plötzlich
überkam Mirella ein Lachen. „Mamma, seit wann interessiert
Sie sich für Politik?“
„Seit
Gina nur noch zähe alte Gänse serviert.“
Mirella
entdeckte ein vorwitziges Funkeln in Ritas Augen; plötzlich sah
sie aus wie ein junges Mädchen. Genau das richtige Alter für
eine Freundin.
„Wir
haben schon lange Zeit nicht mehr richtig miteinander geredet.“
Rita schien ihre Gedanken gelesen zu haben. „Manchmal denke
ich, du vertraust deinem Vater mehr als mir. Vielleicht wird es Zeit,
das zu ändern.“ Sie drückte sie wieder an sich. „Kann
ich dir helfen?“
Das
Gesicht an Ritas Schulter gelehnt, schüttelte sie stumm den
Kopf. Aber sie
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