Königliche Republik (German Edition)
Schulter. Es
fehlte nicht viel, dass er sie schüttelte.
„Mirella!
Gibt es etwas, was Ihr mir sagen solltet?“
Sie
wagte es, ihn anzusehen. „Was meint Ihr damit?“ Sie
errötete vor Scham über ihre Scheinheiligkeit.
Wieder
glitt ein Lächeln über sein Gesicht. „Nicht Eure
Gefühle für Alexandre. – Aber vielleicht gibt es
etwas, das ich besser wissen sollte: Warum seid Ihr so besorgt?“
Mirella
knetete ihre Finger. „Wie sollte ich etwas wissen können?“
Sie seufzte. „Ich habe Dario im Torrione gesehen und frage mich
...“ Eine Gänsehaut zog ihren Rücken hoch; sie
schüttelte sich.
„Er
wird es überstehen.“ Albert klang plötzlich
ungeduldig. „Schließlich – er hat nichts Unrechtes
getan.“ Er musterte sie argwöhnisch. „Oder doch?“
Mirella
schnaufte. Albert packte sie mit beiden Händen und zog sie hoch.
Er schüttelte sie nun tatsächlich. „Mirella!
Alexandre ist mein Freund! Was auch immer es ist ... Ich werde keinen
unguten Gebrauch machen von dem, was Ihr mir erzählt.“
„Aber
was wirft man ihm denn vor?“ Ihre Stimme zitterte. „Er
ist doch loyal.“ Sie schluckte schwer. „Er meint es
genauso ernst wie Ihr mit seinem Eintreten für unsere Republik.“
„Und
doch beschuldigt man ihn des Verrats. Es scheint, es gibt jemanden,
der etwas zu sagen wusste ...“ Er sah sie auffordernd an.
„Das
kann nicht sein!“
Albert
zog eine Augenbraue hoch. „Also doch! Ihr wisst etwas.“
Sie
schob Alberts Hände von ihren Schultern. „Es kann keinen
... Niemand kann etwas gegen ihn aussagen.“ Der Wirt; Alexandre
hatte ihn doch bezahlt. War es nicht genug gewesen? Oder ... Ihr
wurde die Kehle eng. Hatte er doppelten Verrat begangen? Er hatte sie
an die Franzosen ausgeliefert, um sich ihr Vertrauen zu erschleichen.
In Wahrheit war er nach wie vor ein Mann der Barone – oder der
Spanier.
„Perfide“,
murmelte sie. „Vielleicht hat der Wirt mich danach gesehen ...“
Irgendwo, ohne dass sie ihn bemerkt hatte ... und wusste daher, dass
Alexandre sie hatte laufen lassen. Aber konnte er wissen, dass
Alexandre sie begünstigt hatte? Konnte er nicht einfach denken,
sie habe ihn überzeugt?
Alberts
Gesicht drückte seine Verwirrung aus. Er konnte ihren Worten
nicht folgen; natürlich nicht. Was hatte Dario über Annese
gesagt? ‚Ein Komplott! Wie erringt ein feindlicher Spion das
Vertrauen des Herzogs? Er beweist seine Loyalität, indem er
jemanden ausliefert.’ Genau das tat sie nun selber. Aber wie
anders konnte sie Alexandre jetzt helfen?
„Was
sagt Ihr da?“
„Wisst
Ihr von der Aktion im Gallo bianco vom Pizzofalcone? Alexandre
hatte das Kommando, nicht wahr?“
„Es
war recht vergeblich. Man hat zwei ahnungslose Bauern verhaftet.“
„Ich
war dort.“ Sie stockte, als sie seinen verblüfften
Gesichtsausdruck sah. „Ich meine, ich habe an dem Tag dort
jemanden besucht. Und dann war ich Wein holen im Wirtshaus.“
Jetzt kam es darauf an, nichts Falsches zu sagen. „In
Ermangelung anderer Spione hat der Wirt mich beschuldigt.“
„Und
Alexandre hat Euch nicht festgenommen?“
„Nein
... doch ...“ Ihre Hände wurden feucht und ihr Kopf immer
leerer. „Ich meine, natürlich hat er mich festgenommen.“
Sie schnaubte. „Er hat dem Wirt sogar ein Preisgeld bezahlt.“
„Doch
dann hat er Euch laufen lassen.“
„Vielleicht
hätte er das nicht tun dürfen?“ Natürlich hätte
er das nicht tun dürfen; ihre Stimme brach. „Steht er nun
deswegen unter Anklage?“ An ihrem Haaransatz bildete sich
Schweiß. So hatte Dario das nicht geplant gehabt.
„Warum?
Seid Ihr denn eine Spionin?“ Albert feixte so unverhohlen, dass
Mirella am liebsten vor Scham davongelaufen wäre. „Ihr
Scandore seid eine wahrhaft gefährliche Familie.“
Sie
schluckte, um ihrer Stimme Festigkeit zu geben. „So gefährlich
wie alle Neapolitaner.“
Albert
hörte auf zu lachen. „Wenn Ihr eine Spionin wäret,
wären die Spanier noch dümmer als ich bisher dachte. Und
das gilt auch für Dario. – Die Braut eines spanischen
Granden; wo sollte sie sich einschleichen können?“
„Sehr
Ihr?“ Sie brauchte nichts über den Gallo bianco preiszugeben. Aber würde er Alexandre nun helfen können?
„Macht
Euch keine Sorgen. Alexandre hat Schlimmeres ertragen.“
Sie
starrte ihn erschrocken an „Aber ...“ Es wäre ihre
Schuld; das konnte sie nicht zulassen. Sie musste Albert sagen ... Da
fing sie seinen misstrauischen Blick auf. Belauerte er sie? Nein, sie
sollte ihm
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