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Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition)

Titel: Königreich der Angst: Aus dem Leben des letzten amerikanischen Rebellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hunter S. Thompson
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Situationen ausnahmslos versagt hat. Mir leuchtete der Handel absolut ein, und deswegen griff ich auch zum Telefon. Scheiße, was soll’s?, dachte ich. Die Leute stellen mir solche Fragen, weil sie wissen, dass ich ein berühmter Sportjournalist bin.
    »Der Handel ist so sinnlos«, sagte ich, »als würde man eine benutzte Matratze gegen einen 300-Dollar-Schein tauschen.«
    Und das war’s dann offenbar. Der Schreiberling wurde plötzlich von seinem Arbeitsplatz weggerufen und legte auf. Na und?, dachte ich. Ich wollte sowieso nicht mit ihm sprechen. Auf mich wartete eine Menge Arbeit, und Anita bekam langsam Hunger. Es wurde Zeit, den Wagen mal wieder auf die Straße zu bringen.
     
     
    Es gibt acht oder neun wahrhaft exotische Städte im weiten amerikanischen Westen, die zu besuchen sich lohnt, doch Thomasville, Colorado, gehört nicht zu ihnen. Richard Nixon verurteilte die Stadt zum Untergang, als er 1970 widerstrebend das GESETZ zur REINHALTUNG der LUFT unterschrieb – was bald
darauf zur Zwangsstilllegung beider Tankstellen der Stadt führte, weil deren fünfzig Jahre alten unterirdischen Tanks durchgerostet waren und deswegen fauliges Benzin in die Wildwasserstrudel des Frying Pan River sickerte, der früher mal als Mekka der Forellenangler galt.
    Wir brauchten ungefähr fünf Stunden für die dreißig steilen Meilen hinauf nach Thomasville. Ich fuhr meinen treuen Red Shark, einen überholten und modern ausgestatteten 454 Chevy Caprice von 1973 mit elektrischen Scheibenhebern und heizbaren Sitzen und einer Höchstgeschwindigkeit von fast 220 – allerdings nicht auf einer kurvenreichen zweispurigen Asphaltstraße, die über dreißig Meilen hinweg fast zweitausend Meter ansteigt. Das ist eine heftige Klettertour; aus der Sommerhitze, umgeben von Pfirsichbäumen, bis hinauf an die frostige und trostlose Baumgrenze und dann zu den schneebedeckten Gipfeln der Continental Divide, wo wilde Tiere umherstreifen und Menschen nur unter Qualen überleben. Das ist die Straße, die zum gefürchteten Hagerman Pass hinaufführt.
    Aber so weit sind wir noch nicht. Wir wollen doch nicht vorgreifen. Das machen nur echte Blödmänner …
     
     
    Wir waren schon fast in Thomasville, als ich eine Traube blinkender Polizeilichter sah und einen Cop bemerkte, der mitten auf der Straße stand und eine rote Flagge schwenkte. »Jesus Maria«, stöhnte ich. »Was ist denn das hier für ’ne Scheiße?« Anita mühte sich verzweifelt ab, eine Zweiliterflasche Chivas Regal außer Sichtweite zu bugsieren – gar nicht so leicht in einem riesigen roten Kabrio mit heruntergelassenem Verdeck, zumal wenn man sich dazu als hübsches halb nacktes Mädel über die Rücklehne nach hinten beugen muss. Da glotzen die Leute.
    Jedenfalls erfuhren wir sehr bald, dass »die neuen, soeben frisch aus Washington übermittelten Anweisungen« vorsahen, Psychopathen, Ausländern und sonstigem gefährlichem Gesocks
den Zutritt zu allen Nationalforsten des Landes zu verweigern, damit sie kein Feuer legen, die Gegend mit Anthrax verseuchen oder sonstiges Unheil anrichten konnten, wie es die Angewohnheit dunkelhäutiger Terroristen ist … Sie sind das Böse , sie sind grausam und primitiv, und sie müssen unbedingt weggesperrt werden, bevor sie noch das ganze gottverdammte Land in Schutt und Asche legen.
    Ich persönlich habe nie sonderlich Angst vor Ausländern verspürt, dagegen erkenne ich einen nationalen Nervenzusammenbruch sofort, wenn ich ihn vor Augen habe. Der ist peinlich , so geht es schon mal los, und beschissen ist er obendrein .
     
     
    Die meisten Menschen sind freitags gut gelaunt, im Gegensatz zu mir – zumindest gestern war ich es nicht, als ich den Berg hinauffuhr, um mir ein Bild vom Leistungsvermögen einer trostlosen Berggemeinde namens Thomasville in Bezug auf Brandbekämpfung & Wasserbereitstellung zu machen. Der Ort ist auf jeder Landkarte zu finden und liegt mitten in einer Zunderbüchse von Nationalforst, durch den bereits riesige Feuerstürme toben, von Bergkuppe zu Bergkuppe springen wie Blitzschläge eines Sommergewitters und alles vernichten, was ihnen in die Quere kommt.
     
     
    Einer Feuersbrunst unmittelbar ausgesetzt zu sein, ist ein grässliches Erlebnis, das man nie wieder vergisst – die Panik, die Hitze, das ohrenbetäubende Tosen der Flammen über einem. Mir wird jedes Mal ganz mulmig, wenn ich daran denke … Wenn Erfrieren die angenehmste Art zu sterben ist, dann ist es zweifellos am übelsten, bei einem

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